Nach Putsch in Gabun: Ali Bongo unter Hausarrest

Putsch in Libreville/Gabun
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Von dpa
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EU sehr besorgt über Lage in Gabun

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Ein weiterer Putsch in Afrika. Nach Mali, Burkina Faso und dem Niger hat nun auch weiter südlich in Gabun die Armee die Macht übernommen. Doch diesmal feiert die Bevölkerung den Staatsstreich als Befreiung von einem Autokraten.

Wieder hat das Militär in einem afrikanischen Staat die Macht übernommen. Diesmal haben die Soldaten jedoch keinen demokratischen Staatschef abgesetzt, sondern einen langjährigen Autokraten, dem seit vielen Jahren die Unterstützung der Bevölkerung fehlt. Präsident Ali Bongo Ondimba gilt als korrupter Machthaber, dessen Familie seit Jahrzehnten den Ölreichtum des Landes in ihre eigenen Taschen fließen lässt - während 80 Prozent der Bevölkerung an Armut leidet.

Vergangenen Samstag hatten in dem zentralafrikanischen Land an der Atlantikküste Wahlen stattgefunden. Ob diese unabhängig, frei und fair abliefen, war zweifelhaft. Während der Auszählung hatte die Regierung den Internetzugang gesperrt, eine Ausgangssperre verhängt und mehreren französischen Rundfunksendern die Ausstrahlung verboten. Die Wahl war zudem durch das Fehlen internationaler Beobachter geprägt. 

In der Nacht zum Mittwoch hatte die Wahlbehörde Bongo dann mit 64,27 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt. Sein größter Herausforderer, Albert Ondo Ossa, erhielt demnach 30,77 Prozent.

Nur Stunden später riss das Militär die Macht an sich. Die Wahlergebnisse seien gefälscht, sagte eine Gruppe von Offizieren am Mittwochmorgen im Staatsfernsehen der ehemaligen französischen Kolonie. Staatliche Institutionen seien ab sofort aufgelöst, die Wahlergebnisse annulliert und die Grenzen geschlossen, hieß es weiter von der Gruppe, die sich Ausschuss für Übergang und Wiederherstellung von Institutionen (CTRI) nennt. Man habe beschlossen, dem "derzeitigen Regime ein Ende zu setzen", sagte einer der Offiziere.

Bongo wurde von den Putschisten unter Hausarrest gestellt. Dem 64-jährigen werde Hochverrat vorgeworfen, teilte der CTRI mit.

Weitere Regierungsmitglieder sowie Bongos Sohn, Nouredine Bongo, seien festgenommen.

Eine der reichsten Familien der Welt

Der mehr als 50 Jahren autokratisch regierenden Bongo-Familie wird seit langem Korruption vorgeworfen. Sie gilt Berichten zufolge als eine der reichsten Familien der Welt, besitzt eine private Flugzeugflotte, etliche Luxusautos und soll gemäß der Nichtregierungsorganisation Transparency International Dutzende Residenzen in Frankreich im Wert von vielen Millionen Euro besitzen.

Nun hätte die dritte Amtszeit Bongos begonnen. Er hatte das Präsidentenamt 2009 von seinem Vater Omar Bongo übernommen, der von 1967 bis zu seinem Tod regiert hatte. Eine erste Wiederwahl 2016 hatte Bongo nur mit einem Vorsprung von gut 5000 Stimmen gewonnen.

Ihm wurde auch damals Manipulation vorgeworfen. In der Folge kam es zu schweren Ausschreitungen.

"Wenn Wahlen an Glaubwürdigkeit verlieren und Menschen machtlos gemacht werden, sind Militärputsche an der Tagesordnung und wir alle leiden unter zunehmender Gewalt und Unsicherheit", warnte der südafrikanische Politiker Mmusi Maimane auf der Plattform X, früher Twitter.

Erst vor knapp einem Monat hatte die Präsidentengarde im Niger den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum abgesetzt. Zuvor hatte in der Sahelzone auch in Mali und Burkina Faso das Militär die Macht übernommen.

Ein Freund Frankreichs

Der Staatsstreich in Gabun sei zweifelsohne von den Putschen in den Sahelländern inspiriert, sagte Seidik Abba, Leiter des Internationalen Zentrums für Reflextion und Studien zur Sahelzone, dem französischen Radiosender FranceInfo. Abba bezeichnete den Putsch als "neuen Rückschlag für Frankreich und seinen Einfluss in Afrika", nicht nur politisch, sondern aufgrund der Ölexporte des Opec-Mitgliedsstaats Gabun auch wirtschaftlich. 

Bongo gilt als enger Verbündeter Frankreichs. 

Nach Einschätzung von Abba ist der Putsch von der Bevölkerung jedoch erwünscht. Es werde nicht viele Gabuner geben, die das unpopuläre Regime verteidigen würden.

Nach der Verkündung des Putsches strömten in der Hauptstadt Libreville und der westlichen Stadt Port Gentile Augenzeugenberichten zufolge Tausende Einwohner auf die Straßen, um das Ende Bongos zu feiern. Mit Soldaten beladene Armeefahrzeuge wurden bejubelt. Einwohner schwenkten gabunische Flaggen als Zeichen, der "Befreiung" ihres Landes.

Die Bevölkerung Gabuns, ein 2,3 Millionen-Einwohner-Land, lebt trotz Öl-Reichtums in tiefer Armut. Um den Reichtum Bongos gab es immer wieder Skandale. Nach Angaben von Transparency International gehört Gabun zu den korruptesten Ländern der Welt. 2008 verklagte die Gruppe Bongo aufgrund von Veruntreuung staatlicher Öleinnahmen durch Privatkonten in Frankreich. Die Ermittlungen endeten jedoch ohne Ergebnis.

"Die Unfähigkeit der internationalen Gemeinschaft und regionaler Gremien, die Demokratien in von Putsch betroffenen Ländern wie Mali, Burkina Faso und Niger wiederherzustellen, hat Militäroffiziere dazu ermutigt, die Macht zu übernehmen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen", sagte Maja Bovcon, Analystin der Sicherheitsberatungsfirma Verisk Maplecroft.

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Im Falle Gabuns könne das Militär zusätzlich auf die Unterstützung der Opposition zählen. Allerdings sei es unwahrscheinlich, dass das Militär die Macht an Oppositionsführer Ondo Ossa übertrage, so Bovcon. Wie bei anderen Putschen sei für längere Zeit mit einer militärischen Übergangsregierung zu rechnen.

Mittlerweile warben Deutschland und Frankreich am Mittwoch bei EU-Partnern für Sanktionen gegen die Putschisten im Niger. Nach Angaben von Diplomaten in Brüssel sollen die Strafmaßnahmen insbesondere führende Vertreter der dort regierenden Militärjunta treffen. Zudem könnten auch Organisationen ins Visier genommen werden, die die Putschisten unterstützen. Es müsse deutlich gemacht werden, dass die EU die gewaltsame Absetzung eines demokratisch gewählten Präsidenten nicht tatenlos hinnehme, sagte ein EU-Beamter der Deutschen Presse-Agentur.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte sich am Rande eines EU-Verteidigungsministertreffens im spanischen Toledo besorgt über die Berichte aus Gabun. Ein weiterer Militärputsch werde die Instabilität in der Region noch einmal erhöhen, sagte er.

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