So stellen sich die Rhein-Frachtschiffer auf häufigeres Niedrigwasser ein

So stellen sich die Rhein-Frachtschiffer auf häufigeres Niedrigwasser ein
Copyright euronews
Copyright euronews
Von Jeremy Wilks
Diesen Artikel teilen
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Hoch- und Niedrigwasser im Wechsel - Extreme werden mit dem Klimawandel häufiger auftreten. Auch die Binnenschifffahrt auf dem Rhein muss sich dafür Lösungen überlegen.

WERBUNG

In der dieser Climate Now-Folge zum Klimawandel sind wir am Rhein in Deutschland, wo niedrige Wasserstände wegen der Rekordtrockenheit die Schifffahrtsunternehmen unter Druck setzen. Der Wasserstand war und ist teilweise noch immer so niedrig, dass viele Lastkähne nur ein Viertel ihrer üblichen Ladung befördern können. Die Krise hat dazu geführt, dass sich die Binnenschifffahrt schnell anpassen musste. Sehen Sie den Bericht weiter unten.  

Zunächst die aktuellen Daten des Copernicus Climate Change Service zum Klimawandel. 

Ich glaube, es ist vielen bewusst, dass sich das durch den Klimawandel verstärken wird (...) Hochwasser, Niedrigwasser, Hochwasser, Niedrigwasser - und dass wir darauf reagieren müssen.
Kristin Kahl
Leiterin Nachhaltigkeit, Contargo

Die aktuelle Klimadaten

In Europa war dieser August der mit Abstand wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Temperaturen lagen um 1,7 Grad Celsius über dem Durchschnitt von 1991 bis 2020.  Das ist fast ein Grad mehr als der bisherige Rekord-August im Jahr 2018.

Euronews
Die Temperaturen lagen im August 2022 in Europa um 1,7 Grad Celsius über dem Durchschnitt von 1991 bis 2020.Euronews

Insgesamt hatten wir hier in Europa einen sehr heißen Sommer. Werfen wir für einen Vergleich einen Blick zurück in die Vergangenheit.Diese Grafik zeigt die Temperatur-Abweichungen für Juni, Juli und August seit 1979, und man kann den Erwärmungstrend erkennen, wobei der Sommer 2022 mit 1,3 Grad Celsius über dem Durchschnitt liegt. 

Euronews
Temperatur-Abweichungen in Europa für Juni, Juli und August seit 1979Euronews

Schauen wir uns nun die kombinierten Temperatur-Abweichungen für Juni, Juli und August auf der ganzen Welt an.Der Sommer war in vielen Gebieten der nördlichen Hemisphäre wärmer als der Durchschnitt. Blau hervorgehoben ist Pakistan, wo es kühler war. Schwere Regenfälle haben hier zu verheerenden Überschwemmungen geführt und rund 1.400 Menschenleben gefordert.

Euronews
Kombinierte Temperatur-Abweichungen für Juni, Juli und August weltweit.Euronews

Probleme für die Frachtschifffahrt auf dem Rhein

Die Lastkähne auf dem Rhein transportieren weiterhin leichtere Fracht, weil der Wasserstand nach der großen Trockenheit im Sommer immer noch niedrig ist. Die Versorgungsketten sind empfindlich gestört.

Heute werden keine Containerschiffe im Hafen von Koblenz erwartet.  Eine frustrierende Zeit für Geschäftsführer Arndt Puderbach. "Die Wasserstände machen uns schon Sorgen und das ist eine sehr unbefriedigende Situation für uns, weil die Nachfrage da ist, wir aber leider unseren Kunden nicht die Kapazitäten und den Service anbieten können, wie wir es wollen."

Was das Unternehmen Contargo anbieten kann, ist eine so genannte Landbrücke: der Transport von Gütern und Rohstoffen auf der Schiene oder der Straße für bestimmte Streckenabschnitte rheinaufwärts oder -abwärts.

Landbrücken, elektrifizierte Schiffe, Rhein-Vertiefungen

Das Unternehmen blickt aber auch in die Zukunft und nimmt neue, elektrifizierte Schiffe in Betrieb, die flachere Gewässer befahren können. 

Die Leiterin für Nachhaltigkeit Kristin Kahl erklärt: "Natürlich werden wir im Neubau die Schiffe entsprechend anpassen, dass sie auch mit einem niedrigeren Wasserstand mehr Tonnage fahren können. Das ist ein ganz, ganz wesentlicher Punkt, um eben die Schiffe auch gut ausgelastet zu haben, wenn wenig Wasser im Rhein ist."

Der Rhein ist in diesem Jahr schon früh unter den Durchschnitt gesunken, weil der warme und trockene Frühling das Schmelzwasser aus den Alpen schnell kommen und auch wieder gehen ließ.  Das bedeutet, dass das Wasser bei Kaub, einem der flachsten Abschnitte, den Herbst über niedrig bleiben könnte, so der Wissenschaftler Enno Nilson von der Bundesanstalt für Gewässerkunde. 

"Wir müssen uns auch in Erinnerung rufen, dass wir am Beginn der Niedrigwasser-Saison sind. Wir haben jetzt Anfang September und die Niedrigwasser-Saison dauert hier üblicherweise bis Oktober, teilweise in den November hinein." 

Hoch- und Niedrigwasser im Wechsel - Extreme werden häufiger auftreten

Die Regierung will die flachsten Stellen vertiefen, und die Schifffahrtsunternehmen haben mittlerweile ausgefeilte Flussprognosen, um die Logistik besser zu steuern.  Aber Enno Nilson ist besorgt darüber, wie extrem die Situation werden könnte.

"Unter den Rahmenbedingungen des zukünftigen Klimawandels erwarten wir, dass sich die Situation zuspitzen wird, wenn wir keinen Klimaschutz betreiben. Das heißt, wie weit geht das Wasser runter, wie wenig Abfluss haben wir dann noch, wie wenig können die Schiffe an Bord nehmen? Aber auch in Sachen Dauer. Das heißt, wir können mehrere Wochen, teilweise Monate in Niedrigwasser-Situationen stecken."

"Ich glaube, es ist vielen bewusst, dass sich das durch den Klimawandel verstärken wird", so die Leiterin für Nachhaltigkeit bei Contargo Kristin Kahl. "Hochwasser, Niedrigwasser, Hochwasser, Niedrigwasser - und dass wir darauf reagieren müssen."

"Die Situation, wie wir sie dieses Jahr hatten, ist nicht einzigartig, sie wird unter dem Klimawandel nicht einzigartig bleiben. Wir rechnen damit, dass Situationen wie diese in Zukunft häufiger auftreten", so der  Wissenschaftler Enno Nilson.

***

Diesen Artikel teilen