State of the Union: Das Geschachere um die EU-Coronahilfen

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Von Stefan Grobe
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Die Verschärfung der Pandemie könnte ein politisches Opfer haben: die Klimapolitik. Umwelt-Aktivisten fürchten, dass mit dem Fokus auf die Coronavirus-Krise die guten Absichten verloren gehen. Zudem bedroht der Streit um den Rechtsstaats-Mechanismus die Auszahlung der EU-Coronahilfen.

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Die Verschärfung der Pandemie könnte ein politisches Opfer haben: die Klimapolitik.

Gerade ging die Grüne Woche zu Ende, und Aktivisten überall in Europa fürchten, dass mit dem klaren Fokus auf die Coronavirus-Krise die guten Umweltabsichten verloren gehen.

Doch die Verantwortlichen in der EU versichern, dass die Klimaziele weiterhin Bestand haben.

Viele jüngere Umwelt-Aktivisten sind davon nicht überzeugt.

Sie glauben nicht an das Argument, dass die EU-Klimapolitik revolutionär sei.

Was für einige revolutionär sein könnte, ist der schiere Umfang der Anti-Coronavirus-Munition.

750 Milliarden Euro – auf diese Summe hatte sich im Juli der EU-Gipfel geeinigt. Allein für den wirtschaftlichen Wiederaufbau.

Dieses Geld soll ab Januar verteilt werden, dringed erwartet von Länder im wirtschaftlichen Notstand.

Doch das Paket, einschließlich des langfristigen EU-Haushalts, muss vom Europäischen Parlament und den nationalen Kammern ratifiziert werden.

Und hier ist das Problem. Einige Länder und viele Abgeordnete wollen die Auszahlung der EU-Gelder von der Respektierung der Rechtsstaatlichkeit abhängig machen.

Auf dem Juli-Gipfel einigte man sich auf einen absichtlich vage gehaltenen Kompromiss, um alle 27 Mitgliedsstaaten an Bord zu kriegen.

Diese Woche setzten Rat und Europäisches Parlament ihre Verhandlungen über die Details und Verfahren dieses Mechanismus fort.

Doch Länder wie Polen und Ungarn leisten Widerstand - was das gesamte Wiederaufbau-Paket bedroht.

Dazu das folgende Interview mit Eulalia Rubio vom Jacques-Delors-Institut in Paris.

Euronews: Mitten in der Pandemie und dem wirtschaftlichen Abschwung kommt Europa beim Hilfspaket nicht voran, weil es beim Rechtsstaats-Mechanismus nicht voran kommt. Wie kommt man da wieder heraus?

Rubio: Ich denke, beide Seiten werden Konzessionen machen müssen, das Parlament und der Rat.

Beide müssen prinzipielle Standpunkte vermeiden und versuchen, einen Kompromiss zu finden.

Vor allem das Parlament wird beim Thema Entscheidungs- und Abstimmungsprozess Konzessionen machen müssen, denn es ist schwer für den Rat hier zurückzustecken angesichts der Standpunkte einiger Mitgliedsstaaten.

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Und der Rat wird Konzessionen beim Volumen einiger Haushaltsposten machen müssen, die der Juli-Gipfel gekürzt hatte.

Euronews: Wie wir wissen drohen Polen und Ungarn damit, die Verabschiedung des Haushalts und des Coronavirus-Pakets zu blockieren. Können sie das eigentlich und wäre es politisch smart, das zu tun?

Rubio: Ich denke, wir sollten diese Drohungen nicht zu ernst nehmen. Natürlich drohen sie, und natürlich sollten wir vorsichtig sein, ihnen nicht etwas aufzuzwingen, was sie politisch nicht schlucken können.

Gleichzeitig müssen sie mit ihrer Drohung aufpassen, denn sie sind Nettoempfänger, und zwar beim Haushalt wie auch beim Wiederaufbau-Paket.

Es ist also nicht in ihrem Interesse, alles zu blockieren.

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Wenn sie die Aktivierung des Wiederaufbauplans blockieren, werden sie Geld verlieren.

Und am Ende könnte der Rechtsstaats-Mechanismus trotzdem verabschiedet werden, dann stehen sie ohne Geld dar und mit einem Rechtsstaats-Mechanismus.

Euronews: Das Rechtsstaatsproblem ist nicht gerade neu. Doch die EU hat sich als unfähig erwiesen, Länder wie Polen und Ungarn eindeutig in die Schranken zu weisen.

Fehlen da nur die Instrumente?

Rubio: Also viele Experten haben gesagt, beim Rechtsstaatsproblem geht es nicht nur um fehlende Instrumente.

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Wir haben Instrumente. Manchmal fehlt aber der politische Wille, auf schamlose Verstöße gegen den Rechtsstaat angemessen zu reagieren.

Der angestrebte Mechanismus wird wahrscheinlich ein zusätzliches Instrument sein, aber auch nicht ein Allheilmittel, das diese Probleme in einigen Ländern ein für allemal beendet.

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