Eine Welt ohne Bienen?

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Von Euronews
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Seit einigen Jahren beobachten Imker ein großes Bienensterben, besonders in den USA, Europa, dem Nahen Osten, sowie Japan. Dabei kommt es zu Verlusten von bis zu 85 Prozent der Kolonien.

Der Bienenvölker-Kollaps schadet nicht nur den Geschäften der Imker, auch für die Landwirtschaft ist er bedeutsam. 80 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen sind von der Bienen-Bestäubung abhängig.

Der französische Imker Rene Bayon ist sehr besorgt:
“In den Regionen Isere, Lyonnais und im Elsaß gibt es große Verluste, in manchen Fällen sterben sogar mehr als die Hälfte der Bienen.
Hier bei uns gibt es pro Jahr bis zu einem Viertel Verlust, rund 15 Prozent davon sterben im Winter, was relativ normal ist.”

Um dem Bienensterben auf die Spur zu kommen, hat die Europäische Union das Forschungsprojekt Bee-Doc ins Leben gerufen. Elf Universitäten aus insgesamt neun Ländern arbeiten zusammen.

Koordinator des Projekts ist der Zoologie-Professor Robin Moritz:
“Das Forschungsprojekt BEE-DOC umfasst drei Schwerpunkte. Erstens geht es darum die Krankheiten zu diagnostizieren und um die Entwicklung neuer Methoden bei der Bienen-Diagnose. Zweitens wird an Vorbeuge-Strategien gegen Krankheiten gearbeitet. Und drittens versuchen wir neue Behandlungsmethoden zu entwickeln, um weniger auf die langwierigen chemischen Therapien angewiesen zu sein, die wir heute haben.”

Bienenforscher der Universität Hohenheim untersuchen die Ursachen und Auswirkungen des Rückgangs der Bestände von Honigbienen in Europa.

Die Wissenschaftler erforschen die Zusammenhänge zwischen Umwelt, Krankheit und dem Bienenvolk. Dabei werden auch die Auswirkungen von Pestiziden untersucht.

Unter der Leitung von Dr. Peter Rosenkranz, werden die Bienenvölker verschiedenen Testverfahren unterzogen. “Wir wollen herausfinden welche Auswirkungen die Kombination von bestimmten Parasiten und Pestiziden hat. Außerdem beobachten wir, wie die Bienenkolonien reagieren. Wir untersuchen im Hinblick auf eine künftige Selektion, welche Honigbienen besser mit Parasiten und Umweltstress klar kommen,” so Dr. Rosenkranz.

Eine einzelne Ursache für das Bienensterben scheint es nicht zu geben. Vielmehr kommen wohl Milben, verschiedene Viren, Pestizide, Umwelteinflüsse, Nahrungsmangel und der Rückgang der biologischen Vielfalt zusammen.

Die Forscher sind sich einig, dass eine Kombination verschiedener Faktoren für den Bienenvölker-Kollaps verantwortlich ist. Dr. Rosenkranz erklärt:
“Für einen Bienenvölker-Kollaps kann es viele Gründe geben. Das größte Problem ist derzeit die Varroa-Milbe, vor allem im Herbst und Winter. Doch verschiedene Faktoren können auch zusammenspielen, wie das Verhungern der Bienen, Misswirtschaft, zusätzliche Pestizide und schlechte Ernährung. All das kann dazu beitragen, dass ein Bienenvolk stirbt.”

Forscher an der Martin-Luther-Universität-Halle-Wittenberg arbeiten an der Entschlüsselung des Bienen-Genoms. Die Wissenschaftler untersuchen das Bienenerbgut, um herauszufinden, welche Gene bei den verschiedenen Stressursachen eine Rolle spielen, wie Krankheiten, Parasiten, Pflanzenschutzmittel und so weiter…

Dr. Berhard Kraus geht den Geheimnissen der Bienen auf den Grund:
“Das Genom der Honigbienen wurde vor ein paar Jahren sequenziert. Wir kennen also das ganze Genom und wissen wie das Buch geschrieben ist. Aber wir haben noch nicht alles gelesen und wissen nicht welche Gene für welche Eigenschaften verantwortlich sind. Auf die Biologen kommt also in den nächsten Jahren viel Arbeit zu.”

Das vollständige Genom der Westlichen Honigbiene besteht nach Angaben der Forscher aus 10.157 Genen.

Es ist damit etwa zehn mal kleiner als das Genom des Menschen. Bei der Entzifferung des Bienen-Erbguts wurden Anlagen für Geruchs- und Geschmackssrezeptoren gefunden.

Doch mit Genetik allein, lässt sich das Problem des Bienensterbens nicht lösen. Vielmehr müssen Bienenforscher aus allen Fachrichtungen zusammen arbeiten.

“Wir stehen in Kontakt und tauschen Wissen aus mit Experten in ganz Europa, die in verschiedenen Bereichen der Honigbienen-Biologie forschen und arbeiten. Es gibt die Pflanzenschutzmittel-Experten, Biochemiker, Wissenschaftler, die angewandte Forschung betreiben, indem sie die Züchtung der Honigbienen untersuchen. Und dann nicht zuletzt Experten, die wie wir an der Bienen-Genetik arbeiten,” so Dr. Kraus.

In Avignon, im Süden Frankreichs, untersucht das Forscherteam von Yves Le Conte eine einheimische Bienenart, die sehr widerstandfähig ist. Sie gibt Le Conte Rätsel auf, denn sie scheint immun zu sein gegen Krankheiten und Parasitenbefall:
“In Avignon und im Westen Frankreichs gibt es ein Bienenvolk, dem Parasiten und Krankheiten nichts anhaben können. Dabei wurden diese Bienen weder gegen Krankheiten noch gegen Parasiten behandelt. Wir wollen herausfinden warum sie überleben, während andere sterben. Bei diesem für uns sehr interessanten Fall, können wir Mechanimus und Gene analysieren.”

Fest steht, dass die eigentlich sehr anpassungsfähige Honigbiene nicht mehr zurechtkommt. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass das Gleichgewicht der Natur extrem gestört ist.

Die Forscher, die an diesem drei-Jährigen europäischen Projekt arbeiten, hoffen, dass sie mit ihren neuen Erkenntnissen, den Imkern dabei helfen können, ihre Schützlinge vom Aussterben zu bewahren.

Prof. Moritz ist zuversichtlich:
“Wir schaffen das Problem nicht aus der Welt, aber wir geben den Imkern die Möglichkeit das Problem zu vermeiden. Das ist ein realistisches Ziel für diese drei Jahre. Langfristig muss das Problem natürlich komplett behoben werden, doch das erfordert die Züchtung widerstandsfähiger Honigbienen. Während wir am Bee-Doc Projekt arbeiten, haben wir diesen Plan im Kopf.”

Albert Einstein soll gesagt haben: “Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.“

http://www.bee-doc.eu

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