Finnland testet bedingungsloses Grundeinkommen

Finnland testet bedingungsloses Grundeinkommen
Von Euronews
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Ein Einkommen für jeden, unabhängig davon, ob er arbeitet oder nicht: Diese Idee wird in Finnland ausprobiert.

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Das bedingungslose Grundeinkommen – ein sozialpolitisches Finanztransferkonzept – wird weltweit debattiert, so zum Beispiel in Kanada, Uganda und der Schweiz, in Finnland und dem Iran.

Staatliche Einkommenshilfen gibt es bisher meist nur bei Erfüllung zahlreicher Auflagen. Die Empfänger müssen meist arbeitslos aber auch arbeitswillig sein, sie dürfen über kein nennenswertes Vermögen verfügen, und wenn sie etwas dazu verdienen, wird der Verdienst meist von der Sozialhilfe abgezogen. Finnland ist nun das erste europäische Land, was die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens wirklich ausprobiert. Man will herausfinden was passiert, wenn die Menschen “einfach so” Geld vom Staat bekommen. Die Frage, die dahinter steht, ist, ob das bedingungslose Grundeinkommen dazu führen wird, dass die Menschen gar nicht mehr auf Jobsuche gehen werden.

Seit Beginn des Jahres bekommen 2000 Arbeitslose zwischen 25 und 58 Jahren in Finnland bedingungsloses Grundeinkommen. Sie erhalten weiter Wohngeld und Krankenversicherung, aber kein Arbeitslosengeld mehr. Der Hauptunterschied ist hierbei, dass man zum Grundeinkommen dazu verdienen darf – beim Arbeitslosengeld ist das anders, ein Zuverdienst wird von der staatlichen Leistung abgezogen. Die finnische Regierung lässt sich den Testlauf, der zwei Jahre dauern soll, 20 Millionen Euro kosten.

Die 34 Jahre alte Sini ist eine der Teilnehmerinnen. Ob sie arbeitet oder nicht, jeden Monat bekommt sie das Grundeinkommen, und sie sieht das Experiment positiv: “Es ist toll, einen Teilzeitjob annehmen zu können, es ist eine große Erleichterung. Was ich verdiene erhöht mein Einkommen, es wird nicht wie beim Arbeitslosengeld abgezogen.”

Falls das Experiment zeigt, dass Arbeitslose trotz Grundeinkommen weiter arbeiten, will Finnland das Grundeinkommen für die gesamte Bevölkerung einführen. Damit würden zum Beispiel Verwaltungskosten wegfallen. Johannes Kananen, von der Universität in Helsinki sieht administrative Vorteile: “Es gibt mehr als hundert verschiedene soziale Unterstützungen. Die würden durch ein Grundeinkommen ersetzt werden. Verwaltungstechnisch wäre das einfacher, und die Menschen könnten entscheiden, wie sie sich in der Gesellschaft engagieren wollen.”

Entscheiden, was wir im Leben tun und erreichen wollen – das ist eine schöne und keine neue Idee. Auch der Kandidat der französischen Sozialisten, Benoît Hamon, hat sie sich auf die Fahnen geschrieben. Geht es nach ihm, dann soll die Sozialhilfe, die in Frankreich Arbeitslosen und Geringverdienern gezahlt wird, im nächsten Jahr ansteigen. Außerdem soll es ein Grundeinkommen geben, zunächst für junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren, später für alle. Das wird natürlich teuer. Finanziert werden sollen die Pläne vor allem durch das Zusammenlegen der bereits vorhandenen verschiedenen sozialen Unterstützungen und durch eine Erhöhung der Erbschaftssteuern.

In der Schweiz wurde ein Grundeinkommen erst im vergangenen Jahr durch einen Volksentscheid abgelehnt.

In Finnland ist man jedoch der Meinung, dass die vorhandene Arbeit immer mehr durch Roboter erledigt werden wird. Die Arbeitslosenzahlen werden daher rasant ansteigen. Neue gesellschaftspolitische Wege sind daher nötig. Einer der Hauptkritikpunkte am Grundeinkommen war in der Vergangenheit, dass es die Menschen zur Faulheit verführt und Arbeit daher liegen bleiben wird. Das ist jedoch in einer Zukunft, die vermehrt auf Maschinen setzen wird, kein drängendes Problem mehr.

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