Tunesiens Präsident Kais Saied hat für Dezember 2022 eine Neuwahl des Parlaments angesetzt. Bis dahin bleibe die Arbeit des Parlaments ausgesetzt. Ein Referendum über eine Reform der Verfassung sei für den Juli 2022 geplant.
Fünf Monate nach der Entmachtung von Regierung und Parlament hat Tunesiens Präsident Kais Saied für Dezember 2022 eine Neuwahl des Parlaments angesetzt. Bis dahin bleibe die Arbeit des Parlaments ausgesetzt, so Saied in einer Fernsehansprache. Ein Referendum über eine Reform der Verfassung sei für den 25. Juli 2022 geplant.
Kais Saied, Tunesiens Präsident:
“Erst mal bleibt das Parlament bis zum Tag der Neuwahlen suspendiert oder eingefroren.”
Saied hatte am 25. Juli nach einem monatelangen Machtkampf Regierungschef Hichem Mechichi ab-und die Arbeit des Parlaments ausgesetzt. Die bis dahin regierende Ennahdha-Partei warf ihm daraufhin einen "Putsch" vor. Im Oktober setzte er eine neue Regierung unter Najla Bouden ein - faktisch leitet allerdings der Präsident die Regierungsgeschäfte.
Seit mehreren Wochen kommt es regelmäßig zu Demonstrationen seiner Anhänger und Gegner.
Der konservative Korruptionsgegner Saied gilt als scharfer Kritiker der tunesischen Verfassung von 2014. Er kündigte nun an, dass vom 1. Januar bis zum 20. März öffentliche Konsultationen stattfinden sollen, um Vorschläge für Verfassungs- und andere Reformen zu sammeln. Ein Ausschuss soll die Vorschläge dann bis Juni prüfen.
Kais Saied, Tunesiens Präsident:
“Wir werden am 1. Januar eine Volkssprechstunde veranstalten. Die Vorbereitungen für die elektronischen Plattformen und die zu stellenden Fragen, die klar und kurz sein werden, haben bereits begonnen.”
Vor gut zehn Jahren hatte in Tunesien nach dem Freitod des Gemüsehändlers Mohamed Bouazizi der sogenannte “Arabische Frühling” seinen Ausgang genommen – Unruhen und Reformforderungen griffen auf Staaten in Nordafrika und im Nahen Osten über.
Tunesien gilt bei Beobachtern als einziges Land, das seither den schrittweisen Übergang zur Demokratie geschafft hat. Es hat aber weiter mit Korruption, einer Wirtschaftskrise, hoher Arbeitslosigkeit und Auswanderung zu kämpfen.
su mit dpa, AFP