Ukraine: Forderung nach mehr Sanktionen und Kampf gegen Menschenhandel

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba Copyright Olivier Matthys/AP
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Von Méabh Mc MahonEuronews
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Diese Woche war erneut von Treffen geprägt, die sich dem Krieg und dem Leid der Menschen in der Ukraine widmeten. Die EU-Mitgliedstaaten sollen stärker gegen Menschenhändler vorgehen.

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Diese Woche war erneut von Treffen und Versammlungen geprägt, die sich dem Krieg und dem Leid der Menschen in der Ukraine widmeten. Human Rights Watch berichtete über Kriegsverbrechen, ausgehend von den russischen Streitkräften.

Diese Gräueltaten bestimmten auch die Plenartagung des EU-Parlaments in Straßburg. Dessen Präsidentin Roberta Metsola berichtete von ihrem jüngsten Besuch in der Hauptstadt der Ukraine. "In Kiew wurde es deutlich. Es handelt sich um Kriegsverbrechen, die von Kriegsverbrechern verübt wurden. Diese geplanten Taten können nicht unbeantwortet bleiben, wir werden alle Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen."

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die ebenfalls nach Kiew reiste, kündigte ein fünftes Sanktionspaket gegen Moskau an, verbunden mit einem Vorschlag für einen EU-weiten Importstopp für russische Kohle: "Dieses fünfte Paket besteht aus sechs Säulen. Zunächst werden wir ein Einfuhrverbot für Kohle aus Russland im Wert von vier Milliarden Euro pro Jahr verhängen."

Wie viele Butschas muss es geben?
Dmytro Kuleba
ukrainischer Außenminister

Doch für den ukrainischen Außenminister tun EU und Nato immer noch nicht genug. Dmytro Kuleba war in dieser Woche in Brüssel und wurde gegenüber den Nato-Außenministern sehr deutlich, als er anprangerte, dass die Hilfe schneller kommen müsse.

"Wie viele Butschas muss es geben, damit Sie Sanktionen verhängen? Wie viele Kinder, Frauen, Männer müssen sterben und unschuldige Leben verloren gehen, damit Sie verstehen, dass Sie nicht müde werden dürfen, Sanktionen zu erlassen, genauso, wie sie nicht müde werden dürfen, zu kämpfen."

Apropos Müdigkeit: Die ukrainische Zivilgesellschaft in Brüssel ist erschöpft. Während noch vor wenigen Wochen Tausende auf die Straße gingen, um zu protestieren, sind jetzt nur noch eine Handvoll zu sehen - eine Erkenntnis, dass dieser Krieg noch lange dauern wird.

Viele fordern ein Embargo auf russisches Öl und Gas – die Befürchtung ist, dass Moskau nicht nur die Ukraine angreifen könnte. "Sie sprechen bereits über Estland, Lettland, Litauen, Polen, Moldau, Georgien", sagt die ukrainische Demonstrantin Anna Melenschuk. "So ist das mit diesen Aggressoren, wenn man sie nicht aufhält, machen sie weiter. Die EU hat die Macht, sie zu stoppen. Deshalb sind wir hier - wir brauchen entscheidende Schritte."

"Männer ausrotten, die Frauen und Kinder kaufen"

Eine weitere hässliche Folge des Krieges in der Ukraine ist die Tatsache, dass Tausende von Frauen alleine auf der Flucht sind und der Gefahr ausgesetzt sind, sexuell ausgebeutet zu werden. Die Europaabgeordneten stimmten diese Woche über eine Resolution ab, in der die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert werden, Menschenschmuggler und Menschenhändler zu bestrafen und zu stoppen.

Die grüne Europaabgeordnete Alice Bah Kuhnke äußerte sich in scharfen Worten: "Die EU muss Männer ausrotten, die Sex kaufen, Männer, die Frauen und Kinder kaufen. Wie lächerlich ist das, wie krank ist das? Wer kidnappt Kinder? Wer hat Sex mit Kindern? Wer kauft Frauen, die auf der Flucht sind, die alles verloren haben? Es sind diese Männer, die einen speziellen Platz in der Hölle haben."

Perfekte potenzielle Opfer für Menschenhändler

Euronews sprach mit dem Direktor der belgischen Nichtregierungsorganisation Payoke, Klaus Vanhoutte. Die NGO kämpft gegen den Handel und die Ausbeutung von Menschen.

Euronews: Viele Frauen und Mädchen fliehen Richtung Westen. Wie besorgt sind Sie?

Klaus Vanhoutte: "Wir sind natürlich sehr besorgt. Es ist ziemlich offensichtlich, dass sie aus einem Kriegsgebiet kommen, meist wenig Geld haben und nicht wissen, wohin sie gehen bzw. wo sie landen werden. Das sind in der Tat die perfekten potenziellen Opfer für Menschenhändler, sei es für sexuelle oder wirtschaftliche Ausbeutung. Wir sind sehr, sehr besorgt, denn bisher haben wir davon in Deutschland, in den Niederlanden und insbesondere auch in Polen und Rumänien gehört. Das ist sehr beunruhigend, dass tatsächlich ganze Pakete angeboten wird. Wenn man davon erfährt, dann weiß man, dass so etwas häufig passiert."

Euronews: Was ist mit Belgien, Ihre Organisation hat ihren Sitz in Flandern. Haben Sie hier Kenntnisse über irgendwelche Vorfälle?

Vanhoutte: "Im Moment gibt es nur sehr wenige konkrete Fakten. Damit meine ich, dass nur sehr wenige tatsächliche Fälle von Menschenhandel gemeldet werden. Vor etwa zwei oder drei Wochen hatten wir zwei Fälle in Belgien. Bei dem einen handelte es sich um einen Versuch der sexuellen Ausbeutung, bei dem anderen um wirtschaftliche Ausbeutung. Dazu hatten wir einen weiteren Fall von zwei Frauen und einem Kind, die in einer Art Fleischfabrik unter äußerst entsetzlichen Umständen entdeckt wurden."

Euronews: Das EU-Parlament hat die Woche über dieses Thema diskutiert. Ich würde gerne wissen, was Ihre Botschaft an das Parlament und natürlich an die EU-Mitgliedstaaten ist?

Vanhoutte: "Mein Vorschlag wäre, mit allen Mitteln zu versuchen, so viele Informationen wie möglich zu den Flüchtigen zu bekommen. Es bringt wenig, wenn man jetzt anfängt, Prospekte, Flyer oder Plakate zu erstellen. Wo immer Polizisten sind, oder viele Menschen zusammenkommen. Das ist gut, man sollte das machen, vor allem auf Russisch und Ukrainisch, denn nur sehr wenige von ihnen sprechen eine andere Sprache als diese. Andererseits müssen wir realistisch sein. Es wird passieren, weil die Zahl der Flüchtenden zu groß ist. Und es gibt in Europa keine Polizeikräfte auf nationaler Ebene, die in der Lage wären, all diese Menschen zu überwachen und dafür zu sorgen, dass sie in sicheren Verhältnissen unterkommen."

EU wendet Rechtsstaatsmechanismus an

Außerdem findet an diesem Wochenende die erste Runde der französischen Wahlen statt. Doch in der vergangenen Woche standen zunächst die Ergebnisse der ungarischen Wahlen an.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban erklärte nach dem Gewinn der Parlamentswahl: "Ein so großer Sieg, dass man ihn vom Mond aus sehen kann, und von Brüssel aus."

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Der Sieg von Fidesz wurde in der Tat von Brüssel gesehen, doch anstatt eine Glückwunschkarte zu schicken, gab es von der EU-Kommission eine Verwarnung: Nämlich die Ankündigung, dass sie eine Untersuchung gegen Ungarn einleiten werde, die zur Folge haben könnte, dass die EU-Finanzierung wegen angeblichen Betrugs und Korruption ausgesetzt wird.

Das zeigt, dass trotz des Krieges und trotz Viktor Orbans Beliebtheit in seiner Heimat demokratische Rückschritte in einem EU-Land nicht akzeptiert werden.

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