Unsere heutige Frage kommt von Thibault aus dem französischen Lyon:
“Sollte ein Mitgliedsstaat aus der Europäischen Union austreten können und falls ja, was wären die Konsequenzen für das Land einerseits und die EU andererseits?”
Antonio Villafranca vom Institut für Internationale Politische Studien (ISPI) in Mailand gibt eine Antwort:
“Diese Frage beschäftigt uns seit langer Zeit – schon während des unter dem Vorsitz von Giscard d’Estaing geführten Europäischen Konvents. Die Frage spielte also beim Entwurf einer möglichen Europäischen Verfassung eine Rolle.
Der dann gefundene Kompromis sieht keinen Ausschluß eines Mitgliedstaats vor, gibt den Ländern aber die Möglichkeit eigenständig aus der Union auszuscheiden. Letztlich wurde die Europäische Verfassung nicht ratifiziert, aber später in den Vertrag von Lissabon aufgenommen. Folgendes Szenario wäre denkbar: Der scheidende Kandidat müsste den Europäischen Rat anrufen, der dann das Verfahren eröffnen könnte.
Letztlich muss entschieden werden, in welchem Verhältnis der scheidende Staat und die EU zukünftig zueinander stehen sollen. Es bedürfte dann eines internationalen Abkommens, ähnlich jenem, das die EU und die Schweiz geschlossen haben. Der Europäische Rat würde durch eine qualifizierte Mehrheit entscheiden. Aber auch das Europäische Parlament müsste zustimmen. Auf diesem Weg könnte ein Mitgliedstaat aus dem Staatenbündnis der EU ausscheiden.
Kann ein Mitgliedstaat die Eurozone verlassen? Die Verträge sagen nichts über diesen Punkt. Rechtlich gesehen ist das also nicht möglich. Doch: Auch wenn es rechtlich nicht vorgesehen ist, könnte die Abkehr eines Landes vom Euro poplitisch sehr wohl notwendig werden.”
Wir danken dem Institut für Internationale Politische Studien in Mailand und der ISCPA Lyon.
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