15. Kunstbiennale in Lyon: Glamrock und steinfressende Bakterien

15. Kunstbiennale in Lyon: Glamrock und steinfressende Bakterien
Von Andrea Bolitho
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In Lyon hat die Kunstbiennale begonnen. Und die ist ganz schön schräg.

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Startschuss für die Biennale in Lyon, eine der wichtigsten europäischen Ausstellungen für zeitgenössische Kunst. Sie findet bereits zum 15. Mal statt - allerdings auf neuem Terrain: Einem 29.000 Quadratmeter großen Fabrikgelände auf dem bis zum Jahr 2015 Haushaltsgeräte der Marke "Fagor Brandt" gefertigt wurden.

Ein Kuratorenteam des weltweit bekannten Palais de Tokyo in Paris suchte die Künstler aus. Teil dieses Kollektivs war Vittoria Matarrese:

"Unser Gedanke war es, ein Erlebnis zu schaffen. Also haben wir begonnen, eine Landschaft zu entwerfen - nur welche Art von Landschaft? Es ging nicht um reine Natur, sondern auch um die Darstellung einer wirtschaftlichen, sozialen, historischen, politischen, bakteriologischen Landschaft - von der sogennanten infradünnen bis hin zur kosmogonischen Ebene."

Modernistisches Design, Glamrock und Humor vereinen sich im sogenannten "Design Room" - einer multimedialen Installation über mehrere Etagen. Dahinter steckt das Wiener Künstler-Duo Jakob Lena Knebl and Ashley Hans Scheirl. "Meine Formel lautet 'Transmedium, Transgenre, Transgender', denn ich bin selbst transgender und in meinen Werken versuche ich, immer Genres und Medien zu mischen", sagt Scheirl.

Sie beleuchten auch die dunkle Seite der Gentrifizierung und unseres Wertesystems:

"Ich denke, wir brauchen in Zukunft eine völlig neue Gesellschaftsordnung, sonst sind wir auf einem... sonst stehen wir an einem Abgrund."
Künstler-Duo Jakob Lena Knebl and Ashley Hans Scheirl

Kunst und Wissenschaft vereinen sich bei "Prometheus Delivered" - einer Marmorskulptur, die Prometheus gefesselt zeigt. Durch steinfressende Bakterien zersetzt sich die Statue langsam. Künstler Thomas Feuerstein erklärt, wie sich der Rest des griechischen Mythos in seiner Installation widerspiegelt:

"Die Strafe war, das jeden Tag ein Adler kam und Prometheus Leber aß, die immer wieder nachwuchs. Die Leber war das Symbol für die Zukunft. Ich wollte, dass Wissenschaftler einer Medizinischen Universität in Österreich eine neue Leber für meinen Prometheus erschaffen - mit Erfolg. Sie haben eine aus menschlichen Leberzellen herangewachsene 3D-Plastik angefertigt."

Die Biennale ist auch an anderen Orten Lyons zu sehen - unter anderem im Stadtzentrum und im Museum für zeitgenössische Kunst.

Dort wird unter anderem eine Fotoserie des französischen Künstlers Karim Kal gezeigt, die in einer Jugendstrafeinrichtung in Meyzieu am Stadtrand von Lyon aufgenommen wurde. Die Bilder sind schlicht, geben aber kleinste Details des Gefängnislebens preis.

"Die grundlegende Idee war es, die Perspektive der Häftlinge bzw. des Nutzers der Räumlichkeiten einzunehmen", so Kal. "Die Bilder wurden nachts mit einem relativ starken Blitz und einer kurzen Belichtungszeit aufgenommen. Dadurch ist der Hintergrund komplett schwarz."

Auf einem der Fotos ist eine zersprungene Fensterscheibe zu sehen. "Das steht beispielhaft für die weit verbreitete Praxis in Gefängnissen, Fenster aus Wut zuzuschlagen", sagt Kal.

Die Ausstellung geht bis 5. Januar 2020 und umfasst Werke von mehr als 50 Künstlern aus aller Welt.

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