Die Europäische Union und die Ukraine haben eine To-do-Liste erstellt, die den Kyjiws EU-Beitritt schneller voranbringen soll. Der 10-Punkte-Plan zur Beschleunigung des Beitrittsverfahrens macht Ungarns Veto wirkungslos.
Die Europäische Union und Kyjiw haben einen Aktionsplan ausgearbeitet, um die Ukraine trotz der Blockadehaltung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán auf ihrem Weg zur EU-Mitgliedschaft voranzubringen. Beide Seiten bezeichnen den Plan als essenziell, um der Ukraine künftige Sicherheitsgarantien zu geben.
"Wir sehen die Mitgliedschaft der Ukraine in der EU als den politischen Arm der europäischen Sicherheitsgarantie für die Ukraine", sagte EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos am Donnerstag bei einem informellen Ministertreffen im ukrainischen Lwiw. Der Beitritt sei "von zentraler Bedeutung für die Nachhaltigkeit einer Friedensregelung".
Der 10-Punkte-Plan, der in einer gemeinsamen Erklärung von Kos und dem stellvertretenden ukrainischen Ministerpräsidenten Taras Kachka vorgestellt wurde, sieht vor, dass die EU-Kommission das politische Veto Ungarns gegen die offizielle Eröffnung der Beitrittsverhandlungen umgeht. Eigentlich braucht es für die Eröffnung die einstimmige Zustimmung aller 27 EU-Staats- und Regierungschefs.
Die Ukraine wird informell mit den Reformen fortfahren, die sie mit Unterstützung der Kommission umsetzen soll, so dass die technischen Verhandlungen trotz des hartnäckigen Widerstands aus Budapest fortgesetzt werden können.
"Das bedeutet, dass die Ukraine trotz der formalen Blockade in der Lage ist, weiterzumachen", sagte Marie Bjerre, Dänemarks Ministerin für EU-Angelegenheiten, vor Reportern. "Es kann keine Blockade für die Ewigkeit geben, sie muss aufgehoben werden."
Ein EU-Beamter sagte, es sei wichtig, "keine Zeit zu verlieren" und "die Ukraine näher an die Ziellinie zu bringen", damit das Land weiter vorankommt, wenn der politische Konsens über seinen Beitritt da ist.
Der Krieg Russlands in der Ukraine hat einer seit langem ruhenden EU-Erweiterungspolitik neue Dringlichkeit und politisches Gewicht verliehen. Moldau und die Ukraine wurden nach der russischen Invasion rasch zu offiziellen Beitrittskandidaten erklärt.
Viktor Orbán hat sich bisher gegen Forderungen gewehrt, sein Veto aufzuheben, da er den Beitritt der Ukraine ablehnt, solange der Krieg andauert.
Der Plan folgt auf informelle Gespräche zwischen den EU-Innenministern aller Mitgliedstaaten außer Ungarn, die am Donnerstag in Lwiw stattfanden und bei denen sie ihren ukrainischen Amtskollegen darlegten, welche Fortschritte sie im kommenden Jahr erwarten.
Plan zur Bekämpfung der Korruption
In den 10 Punkten werden die Schritte umrissen, die Kyjiw im kommenden Jahr unternehmen muss, um die Rechtsstaatlichkeit zu verbessern, die Korruption weiter zu bekämpfen und das Justizwesen zu stärken, als Teil der Reformen, die für eine EU-Mitgliedschaft erforderlich sind.
Der Schwerpunkt des Plans liegt auf der Korruptionsbekämpfung, die als Priorität angesehen wird. Die ukrainische Regierung hatte im Sommer ein neues Gesetz vorgelegt und dann zurückgezogen, das die Unabhängigkeit der beiden Antikorruptionsbehörden NABU und SAPO untergräbt. Die EU-Kommission hatte das Vorgehen der ukrainischen Regierung scharf kritisiert.
Unter Punkt 1 des Plans verspricht die Ukraine, der "Stärkung der Unabhängigkeit" beider Einrichtungen und dem "Schutz ihrer Zuständigkeit vor Umgehung und unzulässiger Einflussnahme" Priorität einzuräumen sowie "die Zuständigkeit von NABU und SAPO auf der Grundlage der verfügbaren unabhängigen Bewertung auf alle Hochrisikopositionen auszuweiten".
Kyjiw verpflichtet sich außerdem, bis zum zweiten Quartal des nächsten Jahres eine Anti-Korruptionsstrategie und ein staatliches Anti-Korruptionsprogramm zu verabschieden.
Die Kommission hat die Ukraine vor kurzem vor einem Nachlassen der Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung und vor so genannten "negativen Trends" gewarnt.
Außerdem läuft derzeit eineUntersuchung der Operation Midas - über mutmaßliche Schmiergeldzahlungen auf höchster Ebene im Zusammenhang mit der ukrainischen Atomenergiebehörde Energoatom. In diesem Zusammenhang trat Andriy Jermak, der ehemaligen Stabschef von Präsident Wolodymyr Selenskyj, zurück.
Der Plan kommt für Kyjiw zu einem kritischen Zeitpunkt, da das Land unter dem zunehmenden Druck der USA steht, rasch ein Friedensabkommen mit Russland zu unterzeichnen.
Medienberichten zufolge sieht ein überarbeiteter 20-Punkte-Friedensplan für die Ukraine, den Selenskyj dem Weißen Haus in der Nacht vorgelegt hat, eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine bis 2027 vor.