Risiko einer eskalierenden Ost-West-Konfrontation

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Lamberto Zannier, Generalsekretär der OSZE, analysiert im Euronews-Interview mit Sophie Claudet die sich verändernde Sicherheitslage in Europa.

Lamberto Zannier, Generalsekretär der OSZE, analysiert im Euronews-Interview mit Sophie Claudet die sich verändernde Sicherheitslage in Europa. Warum wird die Waffenruhe im Osten der Ukraine nicht eingehalten? Wie erklären sich die Ängste der Balten und Polen? Welche Instrumente stehen der OSZE zur Verfügung, um zur Entspannung beizutragen?

Sophie Claudet:

“Besteht wirklich ein Risiko, dass wir es hier mit einer Neuauflage des Kalten Krieges zu tun haben? Oder sind das nur Muskelspiele auf beiden Seiten, bei Russland und der NATO?”

Lamberto Zannier, Generalsekretär der OSZE:

“Ich würde nicht sagen, dass wir uns erneut im Kalten Krieg befinden. Allerdings sind wir mit einer sehr komplexen Sicherheitslage konfrontiert. Einerseits haben wir einen Konflikt im Herzen Europas, und das ist natürlich sehr beunruhigend. Und dieser Konflikt beinhaltet das Risiko, eine eskalierende Konfrontation zwischen Ost und West zu schaffen. Andererseits beobachten wir mit Blick auf die internationale Agenda gleichzeitig auch eine enge Zusammenarbeit, zumindest in Teilbereichen: sehen Sie sich nur den Kampf gegen den Terrorismus an. Und hier in Wien hatten wir unlängst eine (gemeinsame) Entscheidung über Internetsicherheit.”

Sophie Claudet:

“Aber Polen ist – wie sie wissen – beunruhigt. Auch die baltischen Staaten…”

Lamberto Zannier, Generalsekretär der OSZE:

“Wir sehen, dass Russland gewissermaßen auf die Ausweitung Euro-Atlantischer Institutionen reagiert, in dem es um Russland eine Einflusszone schafft: Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, Die Eurasische Wirtschaftsunion und so weiter.

Die Logik dahinter ist eine Logik der Stärke. Ausserdem werden die militärischen Mittel gestärkt. Dadurch erhöht sich das Risiko eines Zwischenfalls, der zu einer Krise führen könnte. Wir haben das in Syrien gesehen, mit dem russischen Militärflugzeug, das die Türkei abgeschossen hat. Diese Zwischenfälle haben immer ein Potential zu eskalieren.

Mich beunruhigt noch etwas anderes: während des Kalten Krieges haben wir, die OSZE, eine ganze Reihe von Werkzeugen entwickelt: direkte Kontakte zwischen Militärs, Abrüstung, vertrauensbildende Maßnahmen, auf die sich beide Seiten eingen konnten… Diese Werkzeuge scheinen nicht mehr einsetzbar zu sein. Und da der Dialog immer schwieriger wird, ist es auch sehr schwierig, neue Konfliktvermeidungsmaßnahmen zu entwickeln. Deshalb haben wir heute ein weniger effektives Sicherheitsnetz als zur Zeit des Kalten Krieges.”

Sophie Claudet:

“Ihre Organisation, die OSZE, soll die Waffenruhe im Osten der Ukraine überwachen. In unserem Bericht haben wir gesehen, dass sie nicht eingehalten wird. Warum?”

Lamberto Zannier, Generalsekretär der OSZE:

“Eine Sache, die wir versuchen, ist, die Situation vor Ort zu de-eskalieren, denn wir sehen ständige Verletzungen der Waffenruhe. Ich würde sogar sagen, dass sie systematisch geworden sind. Teilweise auch deshalb, weil die Frontlinien näher aneinander gerückt sind. Manchmal beträgt der Abstand nur noch hundert Meter. Das schafft ein Umfeld für den Austausch von Feindseligkeiten.

Wir versuchen, einen Rückzug (der Konfliktparteien) von der gesamten Frontlinie (zu erreichen), das ist eine Priorität für uns… denn das würde auch auf politischer Ebene bessere Bedingungen für Fortschritt schaffen.”

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