Onlineversand-Gigant Amazon in der Anwerbefalle

Das Amazon Werk in Mannheim
Das Amazon Werk in Mannheim Copyright REUTERS, Ralph Orlowski
Von Luis Nicolas Jachmann
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Amazon ist in Deutschland ein Riese: Eineinhalb Milliarden Pakete stellt der Onlineversandhändler jährlich zu. Doch besonders verlockend ist eine Stelle als Amazon-Zulieferer für viele nicht.

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Salem Ahmad weiß gerade nicht mehr so ganz, wie er Menschen dafür begeistern kann, für ihn zu arbeiten. In Bochum leitet er ein kleines Logistikunternehmen. Eigentlich sollte er gerade die Sektkorken knallen lassen können. Vor wenigen Wochen hat er den Zuschlag von Amazon erhalten. Für den Online-Versandriesen sollen seine Fahrer künftig Pakete ausliefern. Dieses Modell ist bei Amazon gang und gäbe. Subunternehmen erledigen auf Deutschlands Straßen für den US-Konzern die Arbeit. Doch freuen kann sich Ahmad momentan nicht. Der gebürtige Iraker ist auf der Suche nach 50 bis 60 neuen Fahrern, um die neuen Aufträge auszuführen - einzig die Bewerber fehlen. Er kann den Fahrern nur 1600 Euro monatlich zahlen. Das ist sogar weniger als Familienväter über Sozialleistungen vom Staat erhalten können. Zu wenig, findet Ahmad selbst: "Höhere Löhne würde sicherlich helfen, mehr Fahrer anzulocken."

Für Amazon ein Riesengeschäft, für Fahrer die große Belastungsprobe

Deutschland ist für Amazon ein lukratives Geschäft. Der Standort ist der zweitgrößte Markt des US-Konzerns: Etwa ein Drittel der jährlich eineinhalb Milliarden zugestellten Pakete geht an Privatkunden. Doch besonders verlockend ist eine Stelle als Amazon-Zulieferer für viele nicht. Oftmals sind die Fahrer bei Subunternehmen beschäftigt. Nicht selten kommt es vor, sagt ein Fahrer, dass die acht oder neun Arbeitsstunden deutlich überschritten werden.

Amazon ist für jeden Spaß zu haben

Dass die Fahrer häufig drei oder vier Stunden länger arbeiten, ist der Zahl der Bestellungen geschuldet. Zu viele Pakete für zu wenig Zulieferer. Denn Amazon sucht händeringend nach neuen Fahrern - bisher vergeblich. Die Subunternehmen, die die Amazon-Pakete ausliefern, finden kaum Arbeitnehmer, die sich 12 Stunden bei bescheidenem Lohn antun.

Amazon selbst weist jegliche Schuld an der hohen Belastung vieler Fahrer von sich:

"Wenn der Fahrer seine Arbeitszeit beendet hat, ist sein Job fertig. Der Dienstleister kümmert sich darum - und wir helfen dabei - dass die Pakete dann von einem anderen Fahrer ausgeliefert werden."
Bernd Gschaider
Amazon-Direktor des Standortes Deutschland.

Fast 10.000 Fahrer stellen in Deutschland Pakete aus. Die meisten von ihnen sehen sich der immer größer werdenden Nachfrage nach Effizienz und Geschwindigkeit ausgesetzt.

Cutter • Luis Nicolas Jachmann

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