TBfB: Europa und der Völkermord an den Armeniern

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Was ändert die Anerkennung des Völkermords an den Armeniern durch US-Präsident Biden in Europa? The Brief from Brussels hat nachgefragt.

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Die Entscheidung der US-Regierung, den Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs offiziell anzuerkennen, hat in Europa eine lange Debatte wiederbelebt.

16 EU-Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament haben den Völkermord anerkannt, außerhalb Europas sind es lediglich 13 weitere Staaten, abgesehen von den USA, die das getan haben.

Die Armenische Gemeinde in Belgien hat diese stets Anerkennungen begrüßt, aber zugleich darauf hingewiesen, dass sie die Erziehung über den Völkermord und der Kampf gegen die Genozid-Leugner für wichtiger hält. Nicolas Tavitian, Präsident der Armenischen Vereinigung in Belgien erklärte dazu gegenüber Euronews:

"Es muss nicht jedes historische Ereignis von jedem Parlament anerkannt werden, um als Tatsache verstanden zu werden. Der Völkermord an den Armeniern ist schlicht eine Tatsache, und kein Gegenstand einer Kampagne zu seiner Anerkennung als solche, insbesondere jetzt, wo die USA ihn anerkannt hat. Nun geht es vielmehr darum, die Konsequenzen seiner Leugnung zu verstehen, und gegen die Leugnung anzugehen, sowie gegen die aggressive Politik der Türkei gegenüber Armenien."

Zwischen 1915 und 1916 wurden schätzungsweise anderthalb Millionen Armenier Opfer der Verwaltung und der Organe des türkischen ottomanischen Reiches. Trotz nahezu einhelliger Übereinstimmung unter Historikern, dass es sich um einen systematischen Völkermord handelte, hat der türkische Staat diese Bezeichnung stets abgelehnt, und die Zahl der Todesopfer angezweifelt. Es sei auf beiden Seiten zu Massakern gekommen, so die offizielle türksiche Version.

Auch in der türksichen Gemeinde in Brüssel ist man vielfach dieser Ansicht, und hält die Anerkennung des Völkermords für eine politische Waffe des Westens um die Türkei zu schwächen.

Der Brüsseler Mesut Turkoz meint:

"Eine politische Entscheidung. Die Türkei wird immer mächtiger, auch militärisch, da ist Neid im Spiel."

Experten sehen das anders. Seda Gürkan, Dozentin für türkische Politik an der Freien Universität Brüssel meint, dass die Türkei gerade jetzt nicht in der Lage sei, stark aufzutreten.

"Die Türkei ist international und im regionalen Zusammenhang zunehmend isoliert, die Beziehungen zu Russland, zu Israel, aber auch zur Europäischen Union sind angespannt, und die Wirtschaft ist zerbrechlich. In einer Zeit also, in der die Türkei Partner braucht, undzwar ziemlich dringend braucht, sollte man keine starken Reaktionen aus Ankara erwarten."

Stattdessen sei es wahrscheinlicher, dass die Armenienfrage intern zur Anfachung von Nationalismus benutzt wird. Das allerdings würde die Außenbeziehungen der Türkei, insbesondere zu Armenien, schwerlich verbessern

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