Junckers neue Vorschläge zur Verteilung von Flüchtlingen

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“Die Rede Jean-Claude Junckers zur Lage der Union war in Straßburg mit Neugier erwartet worden, nicht nur weil sie politische Akzente setzt, sondern

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“Die Rede Jean-Claude Junckers zur Lage der Union war in Straßburg mit Neugier erwartet worden, nicht nur weil sie politische Akzente setzt, sondern auch weil es seine erste Rede im Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission war”, sagt unsere Korrespondentin Margherita Sforza. “Die Rede zur Lage der Union wurde 2009 angeregt und geht auf die Tradition der Reden zur Lage der Nation in den USA zurück. Als politische Wegzeichen gewinnen die Reden zur Lage der Union immer mehr an Bedeutung. Im Mittelpunkt standen diesmal die Flüchtlingskrise und die wirtschaftliche Lage, beides große Herausforderungen für Europa. Und nun die Vorschläge Junckers und eine politische Einschätzung.”

Juncker rief die Mitgliedsstaaten eindringlich dazu auf, wesentlich mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Italien, Griechenland und Ungarn dürften in der aktuellen Situation nicht allein gelassen werden.
160.000 Flüchtlinge müssten umgesiedelt werden, sagte der Präsident der Europäischen Kommission in seiner Rede zur Lage der Union: “Ich hoffe, dass alle dabei sein werden und dass es keine Ausreden gibt”, fügte er hinzu. “Wir müssen handeln.”

Giovanni Grevi von der Denkfabrik “Stiftung für internationale Beziehungen und außenpolitischen Dialog” meint, man werde auf Junckers Vorschläge mit Zurückhaltung reagieren: “Umfragen und Wahlen zeigen den Vormarsch europaskeptischer und einwanderungsfeindlicher Parteien in einer Reihe von Staaten, von Dänemark bis nach Schweden. In Frankreich gibt es die Front National. Es gibt eine Debatte darüber in Italien und eine heftige Debatte in Großbritannien. Das alles macht die Angelegenheit schwierig.”

Juncker kündigte zudem für 2016 ein Paket mit Vorschlägen zur legalen Einwanderung an.

Wir luden die stellvertretende Vorsitzende der Liberalen im Europaparlament, Sophie in’t Veld, ein, um mit ihr über Junckers Rede zur Lage der Union zu sprechen.

“Was halten Sie von seinem Vorschlag, 160.000 Flüchtlinge auf die Mitgliedsstaaten zu verteilen? Ist der Plan ehrgeizig?”

Sophie in’t Veld:
“Ich halte ihn für ehrgeizig, ob er den Bedürfnissen entspricht, bleibt abzuwarten. Wir wissen nicht, wie viele Menschen nach Europa gelangen wollen, doch es ist mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung. Nun bedarf es der Unterstützung durch die nationalen Regierungen, von der bisher nichts zu spüren war. Ich war schockiert darüber, dass die Regierungschefs ein Dringlichkeits-Gipfeltreffen abgelehnt haben.”

euronews:
“Kann die Sicherheit der Bürger Europas angesichts des Flüchtlingszustroms gewahrt werden?”

Sophie in’t Veld:
“Natürlich. Möglicherweise gibt es unter den Migranten auch Kriminelle und potentielle Terroristen, doch solche gibt es auch unter den Europäern. Man sollte nicht übersehen, dass an dem gleichen Wochenende, an dem Deutsche unter anderem am Münchener Hauptbahnhof die Flüchtlinge willkommen hießen, Neonazis Anschläge auf Erstaufnahmestellen für Asylsuchende verübten. Es drohen immer auch Gefahren in einer Gesellschaft.”

euronews:
“Auch von einem legalen System zur Einwanderung war die Rede. Was ist von der Kommission zu erwarten?”

Sophie in’t Veld:
“Es gibt viele Asylsuchende aus Staaten des Westbalkans oder beispielsweise aus einigen Staaten Afrikas, die nicht vor einem Krieg geflüchtet sind, sondern hier arbeiten wollen, was ein legitimer Wunsch ist. Ihnen stehen jedoch keine legalen Möglichkeiten zur Verfügung. Wir sollten diese schaffen, ohne dass es zu Engpässen in dem Asylsystem führt. Jene, die Zuflucht suchen, sollten sie finden, während jene, die hier arbeiten und einen gesellschaftlichen Beitrag leisten wollen, die Möglichkeit haben sollten, das zu tun.”

euronews:
“Was fehlte in der Rede zur Lage der Union?”

Sophie in’t Veld:
“In der Rede Junckers habe ich nichts vermisst, ich habe allerdings die Anwesenheit der Vertreter der Mitgliedsstaaten und die des EU-Ratspräsidenten Donald Tusk vermisst. Die Mitgliedsstaaten hatten bereits 1999 einem Asylsystem zugestimmt, sind aber ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen. Den nationalen Spitzenpolitikern fehlt es an Mut und an Führungsqualitäten. Dass heute keine klare Asyl- und Flüchtlingspolitik in Kraft ist, ist das Ergebnis eines Jahrzehnts europa- und einwanderungsfeindlicher Gefühle. Der Tod des kleinen Jungen an der türkischen Küste war kein Unfall. Nein, kein Unfall. Das ist das Ergebnis einer politischen Entscheidung.”

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