Türkei fordert von Deutschland Auslieferung von Gülen-Anhängern

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will die Armee und den Geheimdienst unter seine Kontrolle bringen.

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will die Armee und den Geheimdienst unter seine Kontrolle bringen. Das sei Teil des Umbaus des Militärs, sagte ein Parlamentarier der Agentur Reuters. Bisher unterstehen Armee und der Geheimdienst MIT dem Regierungschef. Fast 1700 Offiziere und Generäle hat Erdogan per Dekret bereits unehrenhaft entlassen. Armeechef Hulusi Akar dagegen bleibt weiter im Amt. Akar war von den Putschisten vor zwei Wochen gefangen genommen, später aber befreit worden.

Derweil fordert die islamisch-konservative AKP-Regierung in Ankara von Deutschland, Anhänger des islamischen Predigers und Erdogan-Gegners Fethullah Gülen auszuliefern. Erdogan macht Gülen für den gescheiterten Putsch verantwortlich. Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu sagte, Richter und Staatsanwälte der Gülen-Bewegung seien nach Deutschland gefolgen, es sei nun Aufgabe Deutschlands, sie auszuliefern. Die Staatsanwaltschaft in Ankara beantragte inzwischen die Beschlagnahmung aller Vermögenswerte von mehr als 3000 Richtern und Staatsanwälten, deren Festnahme angeordnet wurde und die Verbindung zu Gülen haben sollen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich zurückhaltend zu den Auslieferungsanträgen aus dem Nato-Partnerland. Zu entsprechenden Forderungen sagte sie am Donnerstag vor Journalisten in Berlin, Deutschland sei dabei “an die rechtsstaatlichen Verfahren gebunden”.

Ercan Karakoyun, der Vorsitzende der Gülen-nahen Stiftung Dialog und Bildung in Berlin, bezeichnete die Auslieferungsforderungen der Türkei als “absurd”. Der Großteil der Gülen-Anhänger in Deutschland sei hier geboren und aufgewachsen, sagte er auf dpa-Anfrage. “Das sind junge Deutsch-Türken, die hier als Ingenieure, Ärzte, Kleinunternehmer oder Lehrer integriert sind.” Die meisten hätten einen deutschen Pass und wollten in Deutschland bleiben.

Mit dem jüngsten Erdogan-Dekret wurde die Schließung von drei Nachrichtenagenturen, 16 Fernsehstationen, 23 Radiosendern, 45 Zeitungen, 15 Magazinen sowie 29 Verlagshäusern und Pressevertrieben angeordnet.

Lage in der Türkei: “Das hat nichts damit zu tun, den Putsch aufzuarbeiten”, so jo_leinen</a>: <a href="https://t.co/jVT2psnrEN">https://t.co/jVT2psnrEN</a> <a href="https://t.co/pEVo6ieHZS">pic.twitter.com/pEVo6ieHZS</a></p>&mdash; Deutschlandfunk (DLF) 28. Juli 2016

Auch wenn #Erdogan alle Hizmet Schulen und Einrichtungen in der #Türkei zerstört hat: Die Herzen kann man nicht zerstören. #Gülen

— Ercan Karakoyun (@ercankarakoyun) 27. Juli 2016

Fethullah Gülen – Erdogan-Gegner und Anti-Kemalist

Fethullah Gülen (75) gilt als einflussreichster islamischer Prediger der Türkei. Seine Anhänger haben ein Netzwerk gegründet, das in vielen Ländern aktiv ist – auch in Deutschland. Gülen lebt seit 1999 zurückgezogen im US-Bundesstaat Pennsylvania. Ziel der Bewegung ist es, Muslime über Bildungseinrichtungen, Medien und Vereinsarbeit für eine fromme Lebensweise zu gewinnen. Angestrebt werden Bildung und beruflicher Erfolg. Auch deshalb sind viele «Fethullahci» in der Türkei in Schlüsselpositionen aufgestiegen.

Für die Regierungspartei AKP war das lange kein Problem. Die Gülen-Anhänger bilden im Staatsapparat ein Gegengewicht zu den Kemalisten – der westlich orientierten alten Elite, die die Trennung von Staat und Religion im Sinne des Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk hochhält.

Gülen und der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatten bis vor einigen Jahren ähnliche Ziele: die politische Macht des Militärs zurückdrängen und den frommen Anatoliern zum Aufstieg verhelfen. Zum Bruch kam es erst Ende 2013, als Erdogan die Gülen-Bewegung bezichtigte, einen Korruptionsskandal angefacht zu haben, durch den führende Politiker aus Erdogans Umfeld in Bedrängnis gerieten.

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