Die Europawahl aus philosophischer Sicht

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Der Niederländer Luuk van Middelaar im Gespräch mit Euronews-Reporter Stefan Grobe.

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Euronews-Reporter Stefan Grobe hat mit Luuk van Middelaar gesprochen. Der niederländische Politikphilosoph und Historiker leitet an der Universität Leiden einen Lehrstuhl für EU-Recht.

euronews: „Den Christdemokraten und den Sozialdemokraten werden deutliche Verluste vorhergesagt. Bleibt die politische Mitte an der Macht?"

Van Middelaar: „Wenn Sie mit der Mitte zwei Parteien, die große Koalition, meinen: Nein, die können sich nicht halten. Doch ich finde, das ist eine gute Nachricht, dass es mehr als zwei Parteien brauchen wird - vielleicht drei oder vier - um im neuen Europaparlament eine Mehrheit zu finden. Das bedeutet, dass es geringeren Raum für Hinterzimmerabsprachen zwischen diesen beiden Parteien gibt - sondern offenere Themendiskussionen und vielleicht auch mehr unterschiedliche Stimmen. Wenn man aber zur Mitte einen Teil der Konservativen, der Grünen und der Liberalen hinzuzählt, dann glaube ich, dass die Mitte an der Macht bleibt.“

„Braucht auch Möglichkeit, nicht zuzustimmen und innerhalb des Systems akzeptiert zu werden“

Wie mit US-Präsident Donald Trump umgehen? Und wie mit EU-Gegnern? Van Middelaar, ehemals Berater und Redenschreiber des früheren EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy, sieht weitere Konfliktfelder

Van Middelaar: „Wir könnten vor einer Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten und China stehen. Es gibt einen Kampf um die Demokratie, um die Werte des Liberalismus, die Freiheit der Opposition und der Presse. In Ländern wie Ungarn ist man da noch nicht am Ende angelangt. Dort wird es die Quittung wohl in den nächsten fünf Jahren geben.“

Der Umgang mit Kritik und Gegenwind sei nicht immer eine Stärke der politischen Kräfte gewesen, meint der niederländische Philosoph.

Van Middelaar: „Man hat das Recht, mit der Politik innerhalb des Systems nicht übereinzustimmen. Es gibt seit Langem die Tendenz, kritische Stimmen zu unterdrücken oder die Maßgabe auszugeben, dass man dann etwas nicht verstanden habe oder kein guter Europäer sei. In demokratischen Diskussionen braucht es auch die Möglichkeit, nicht zuzustimmen und dennoch innerhalb des Systems akzeptiert zu werden. Deshalb bin ich auch so gespannt auf die Zusammensetzung des kommenden Europäischen Parlaments und wie sich die skeptischen, nationalistischen Stimmen verhalten werden.“

Kritik an der Politik der bisherigen EU-Kommission gibt es aus dieser Richtung jedenfalls reichlich: Sei es aus Frankreich, Italien, Ungarn oder anderen Ländern.

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