Online-Betrugsmaschen unter dem Deckmantel von Covid-19

Online-Betrugsmaschen unter dem Deckmantel von Covid-19
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Von Monica PinnaSabine Sans
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Es geschieht millionenfach hauptsächlich per E-Mail oder auf digitalen Plattformen: Kriminelle nutzen die Coronakrise für Betrügereien.

Millionen Menschen müssen seit Wochen zu Hause bleiben. Für viele ist das Internet ein wichtiger Kontakt zur Außenwelt. Mit viel Fantasie schnell und effizient haben Kriminelle ihre Arbeitsweise an diesen neuen Alltag angepasst. Es passieren Betrügereien in Millionenhöhe.

Wem wurde in diesen Zeiten der Coronakrise noch nicht ein Schnäppchenkauf für Schutzartikel angeboten? Spam-Mails sind eines der Hauptinstrumente für Betrügereien. Etwas zu bestellen, kann zu einer saftigen Rechnung führen.

Unendliche Betrugsideen

"Wir alle haben Whatsapp-Nachrichten oder E-Mails erhalten, in denen man zu Spenden aufgefordert wird - an Einrichtungen, von denen niemand je gehört hat, oder in denen man aufgefordert wird, sich auf der Website bekannter Supermarktketten zu registrieren, um einen Rabattgutschein von mehreren Hundert Euro zu erhalten", meint Alessandro Sessa, Magazin-Direktor Altroconsumo.

Verbraucherverbände in ganz Europa gehen gegen illegale Praktiken im Rahmen der Coronakrise vor. In Belgien schuf die gemeinnützige Organisation "Test-Achats" eine Plattform, auf der Missbräuche erfasst und gemeldet werden können. Man identifizierte über 400 Betrügereien in einem Monat.

"Test-Achats"-Sprecherin Julie Frère antwortet auf die Frage, ob es vermehrt Betrügereien gibt: "Was vermehrt auftaucht, sind erhöhte oder exorbitante Preise, insbesondere für Schutzausrüstung, für Masken und Desinfektionsgel."

Euronews-Reporterin Monica Pinna fragt: "Und was ist Ihrer Meinung nach der angemessene Preis für eine Maske?"

"Wir fordern, dass der Preis für Masken in Belgien gedeckelt wird, was derzeit absolut nicht der Fall ist", sagt Julie Frère. "Wir fordern unsere Regierung auf, sich die Vorgehensweise in Frankreich als Vorbild zu nehmen. Dort wurde die Obergrenze für OP-Masken auf 95 Cent und in Italien auf 50 Cent festgelegt. Hier haben wir manchmal gesehen, dass OP-Masken für 6 Euro pro Stück verkauft wurden, was völlig inakzeptabel ist".

Weltweit über 40.000 betrügerische Domänen

Weltweit wurden über 40.000 betrügerische neue Domänen mit den Schlüsselwörtern "Covid" oder "Corona" entdeckt. Der belgische Verbraucherverband hat eine lange Liste von illegalen oder verdächtigen Websites veröffentlicht. "Test Achats" warnt vor Wunderheilmitteln und indirekten oder direkten Behauptungen, dass Produkte eine COVID-19-Infektion verhindern können. Das wird beispielsweise mit teuren ätherischen Ölen wie Cannabisöl und antiviralen Medikamenten versucht.

Europas Antwort auf Online-Betrug

Ist die europäische Antwort auf all das, was geschieht, angemessen gewesen, will die euronews-Reporterin wissen: "Es ist natürlich schwierig, all das zu überprüfen und Verbote umzusetzen", meint Julie Frère. "Nur ein Beispiel: Wir haben einen Test durchgeführt, indem wir auf fünf problematische Inhalte hingewiesen haben. Es dauerte drei Wochen, bis drei davon entfernt wurden. Und während wir hier sprechen, sind zwei von ihnen immer noch auf Facebook online."

Die EU hat Online-Plattformen wie Amazon, e-Bay und Facebook aufgefordert, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um illegale Marketingkampagnen von ihren Webseiten zu entfernen. Euronews sprach über das Thema mit EU-Kommissar Didier Reynders.

Euronews: "Herr Kommissar, wie schützt die EU Bürger, Verbraucher sowie öffentliche Organisationen, die in der Coronakrise immer mehr in das Visier von Kriminellen geraten?

Didier Reynders, EU-Kommissar für Justiz: "Wir haben erreicht, dass die Plattformen viele Anzeigen zurückgezogen haben. Beispielsweise entfernte Ali Express 250.000 nicht konforme Anzeigen, eBay, eine weitere große Plattform, hat mehr als 15 Millionen Anzeigen blockiert oder entfernt.

Das ist ein wirklich ermutigendes Ergebnis. Und mit Eurojust gehen wir gegen Betrügereien im öffentlichen Sektor vor - beispielsweise im Falle eines tschechischen Krankenhauses, das durch einen Cyber-Angriff lahmgelegt wurde. In Deutschland ging es um 10 Millionen Masken, die für 15 Millionen Euro verkauft werden sollten. Das konnten wir vereiteln."

Auch staatliche Stellen werden Opfer von Betrug

Staatliche Stellen werden genauso wie normale Bürger Opfer von Cyber-Angriffen und Betrügereien, teilweise entsteht ein hoher Schaden. Oft geht es dabei um gefälschte und minderwertige Waren. Eines der Opfer ist Spanien: Staatliche Behörden gerieten wegen des Kaufs defekter Testkits unter Beschuss.

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez gab im März bekannt: "Schnelltests wurden bereits gekauft und werden jetzt angewendet. Dabei geht es um zuverlässige, zugelassene Tests, die Zulassung ist sehr wichtig."

Die Ankündigung des Regierungschefs erfolgte nach wochenlangem gravierenden Mangel an Gesundheitsausrüstung in Spanien. In der Folge erwiesen sich 58.000 Kits als mangelhaft.

"Dieses Produkt erfüllte alle Auflagen", so der spanische Gesundheitsminister Salvador Illa Roca. "Es hatte das notwendige Zertifikat für die Zulassung in der Europäischen Union, es entsprach den Qualitätsstandards. Aber wir haben das Produkt natürlich kontrolliert und es wurde festgestellt, dass es nicht den erforderlichen Grad an Zuverlässigkeit aufwies. Deshalb wurde es zurückgezogen."

Die Regierung weigerte sich zunächst, den Namen des spanischen Vertreibers zu nennen, der die Schnelltests gekauft hatte. Es stellte sich heraus, dass der Hersteller, ein chinesisches Biotechnologie-Unternehmen, keine Lizenz der chinesischen Agentur für medizinische Produkte besaß. Wie konnte einem Ministerium ein solch gravierender Fehler unterlaufen?

Eva Belmonte, Ko-Direktorin der Civio-Foundation, kritisiert: "Das Notfallverfahren wurde missbraucht. Ein Notfallverfahren erlaubt, einen Vertrag abzuschließen, bevor man eine Ankündigung macht, oder direkt zu kaufen. Aber dann muss man alle Informationen zu diesem Vertrag veröffentlichen. In diesem Fall hat die Regierung zuerst überhaupt nichts über die Verträge veröffentlicht, die mit dem Coronavirus zu tun hatten. Aber das ist eine rechtliche Verpflichtung, daran kommt man nicht vorbei. Und als sie anfingen, ihrer Pflicht nachzukommen, gab es zu diesem Zeitpunkt relativ wenig Informationen über diesen und andere Verträge. Viele Informationen wurden zurückgehalten."

Betrugsfälle in Großbritannien

In Großbritannien wurden dem National Cybersecurity Centre über 160.000 E-Mails gemeldet. Mehr als 1400 betrügerische Links wurden entfernt.

In der Stadt Bracknell wurde eine örtliche Zweigstelle des nationalen Wohlfahrtsverbands "Age Concern" von Betrügern ins Visier genommen, die das E-Mail-System der Zweigstelle hackten. Sie gaben sich als der Vorsitzende aus und verlangten die sofortige Überweisung von 40.000 britischen Pfund.

"Es war sehr raffiniert, eine E-Mail von jemandem zu bekommen, mit dem man die ganze Zeit zusammenarbeitet, eine Email, die sicher nicht echt war", erzählt Paul Bidwell, Vorsitzender der Age Concern-Zweigstelle. "Das war sehr raffiniert. Und es war eine gute Arbeit, dass wir nicht in die Falle gegangen sind. Hätten wir dieses Geld überwiesen, hätte es zweifellos das Ende für 'Age Concern Bracknell Forest' bedeutet."

Ein klassischer Betrugsfall, der während der aktuellen Coronakrise in Großbritannien aufgedeckt wurde. Clinton Blackburn, Detective Chief Superintendent, Leiter der Abteilung für Wirtschaftskriminalität, City of London Police, sagt:

"Rund drei Prozent unserer Fälle stehen im Zusammenhang mit Covid-19. Schaut man sich die konkreten Zahlen an, sprechen wir von etwa 1500 Delikten, was einem Schaden von etwas mehr als drei Millionen Pfund entspricht."

Euronews-Reporterin Monica Pinna: "Trotz der internationalen Bemühungen, die Kriminellen zu stoppen, gibt es viele Online-Betrügereien. Jeder sollte wachsam sein. Interpol rät: Seien Sie skeptisch, seien Sie vorsichtig!"

Journalist • Monica Pinna

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