Vergangenheitsbewältigung in Belgien: Warum Statuen von Leopold II. im Fokus stehen

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Von Jack Parrock
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Angesichts der aktuellen Proteste in den USA rückt Belgiens koloniale Vergangenheit stärker ins öffentliche Bewusstsein. Immer lauter werden die Rufe nach einem Bildersturz von Leopold II.

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In Belgien werden Rufe immer lauter, sämtliche Statuen des früheren Königs Leopold II. zu entfernen.

Der Monarch wird für den Tod von Millionen Afrikanern während der Kolonialzeit verantwortlich gemacht. Eine entsprechende Petition wurde von mehr als 60.000 Menschen unterzeichnet.

Die Initiative bekommt auch angesichts der aktuellen Proteste in den USA weiteren Zulauf.

Während der Herrschaft Leopold II. wurden im Kongo etwa zehn Millionen Menschen getötet.

Eine Online-Petition, die Leopold-Denkmäler zu entfernen, erhält immer mehr Unterschriften.

Sie soll noch bis zum 30. Juni, dem Unabhängigkeitstag des Kongo, offen sein.

Die Belgier kennten Leopold als den König, der das Land baute. Doch dieses Land sei zu großem Teil mit Erträgen aus einem Diebstahl am Kongo finanziert worden, sagt die Aktivistin Mireille-Tsheusi Robert.

Anti-Rassismus-Organisationen verlangen zudem Reparationszahlungen Belgiens an die Demokratische Republik Kongo.

Der Kongo war zwischen 1908 und 1960 belgische Kolonie und vorher praktisch Privatbesitz Leopolds.

Das belgische Militärregime war wegen seiner drakonischen Strafen bei Straftaten berüchtigt.

In Gent wurde ein Leopold-Denkmal verunstaltet. Unbekannte schrieben die letzten Worte von George Floyd: "I can't breathe".

In Belgien sind zahlreiche Straßen und Plätze nach dem Ex-Monarchen benannt.

Nach Meinung der flämischen Nationalisten muss sich das Land mit den Gräueltaten unter Leopold II. auseinandersetzen.

Dies sei Teil der belgischen Geschichte. Aber es könne nicht darum gehen, Denkmäler umzustürzen, Straßennamen zu ändern oder Geschichte und Kulturerbe auszuradieren.

Vor zwei Jahre stimmte Belgien der Benennung eines Platzes in Brüssel nach dem kongolesischen Unabhängigkeitskämpfer Patrice Lumumba zu.

Und Belgiens Kolonialmuseum - einst eine Art menschlicher Zoo - erfuhr eine konzeptionelle und inhaltliche Generalüberholung.

Die Debatte in Belgien ist wegen der Proteste in den USA schärfer ins öffentliche Bewußtsein gerückt.

Dabei geht es nicht nur um historische Verbrechen, sondern auch um institutionellen Rassismus der Gegenwart.

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Für die kommenden Wochen sind landesweit Demonstrationen geplant.

Journalist • Stefan Grobe

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