Spitzensportler in Coronazeiten: Karrierestopp und Neuausrichtung

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Von Rodrigo BarbosaSabine Sans
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Neben dem Wegfall von Wettkämpfen und finanziellen Sorgen bietet die aktuelle Situation auch Chancen, einen frischen Blick auf das Leben zu bekommen.

Was haben angesichts der Coronavirus-Pandemie ein portugiesischer Kanute, eine französische Triathletin und ein italienischer Skibergsteiger und Bergläufer neben ihrer Liebe zum Sport gemeinsam? Für Spitzensportler rund um den Globus bedeutete diese Krise einen plötzlichen Karrierestopp und eine schwierige Neuausrichtung des Trainings. Und für viele bedeutete sie auch finanzielle Sorgen.

Auch die Sportindustrie, die weltweit mehr als 430 Milliarden Euro Umsatz macht, wurde schwer von der Coronavirus-Pandemie getroffen. Ein harter Schlag für viele Spitzensportler, denn Wettkämpfe fielen aus und aufgrund der Einschränkungs-Maßnahmen mussten sie ihr Training unterbrechen oder anpassen.

Die Coronakrise zwang viele von ihnen, ihre Karriere zu überdenken und ihre berufliche Zukunft und ihre Ziele neu zu definieren.

Der Sportpsychologe Makis Chamalidis, Mitautor des Buches "Champion dans la tête" (so viel wie "Gewonnen wird im Kopf) erklärt, dass das "ein Moment der Unsicherheit war, man verschwindet aus der Öffentlichkeit. Es gab Sportler, denen es gelang, sich anzupassen, und andere, die die Orientierung verloren und etwas mehr Mühe hatten, konzentriert zu bleiben."

Die Olympischen Spiele - ein verschobener Traum

Mit fast 100 internationalen Medaillen, darunter mehrere Europa- und Weltmeistertitel, hatte der portugiesische Kanute Fernando Pimenta die Olympischen Spiele 2020 in Tokio im Visier.

Fernando Pimenta:"Für mich war zweifellos die Unsicherheit mit den Olympischen Spielen am schlimmsten. Als man nicht wusste, ob die Olympischen Spiele stattfinden würden, ob sie verschoben, auf welchen Zeitpunkt sie verschoben werden. Das war eine Situation, in dem wir das Gefühl hatten, dass uns der Teppich unter den Füßen weggezogen wurde."

Wie alle Olympioniken weiß der Kanute jetzt, dass er noch ein weiteres Jahr warten muss, um sein Bestes zu geben und zu versuchen, seinen Traum zu verwirklichen. Er sagt, er werde dieses "zusätzliche Jahr nutzen, um zu versuchen, sich, wenn möglich, noch ein bisschen mehr zu verbessern."

Eine verhaltene Rückkehr

Jeanne Collonge besitzt eine ruhige Widerstandskraft, die das Feuer der Champions verbirgt. Als Siegerin mehrerer IronMan-Wettbewerbe war diese Ausdauertriathletin zwischen 2012 und 2015 auch Rekordhalterin einer der härtesten Langstrecken-Triathlons der Welt, des "Embrunman".

2017 unterbrach sie ihre Karriere, um ein Kind zu bekommen. Langsam und stetig suchte sie ihren Weg zurück, 2020 sollte ein Jahr der Bestätigung werden.

Für sie war diese Krise wie "eine Verletzung", etwas, was "man zuerst leugnet", dann aber "akzeptiert und dann alles tut, um sich anzupassen." Sie sagt, sie fühle sich in Bestform und gesteht, dass "es ein bisschen frustrierend ist, sich gut zu fühlen und das nicht in einem Rennen zeigen zu können."

Realitäts-Anpassung in einer der am härtesten betroffenen Gebiete

Davide Magnini lebt in Vermiglio, mit den Dolomiten im Hintergrund. Er verkörpert den Geist eines "Outdoor"-Sportlers. Mit 22 Jahren gewann er bereits mehrere Welt- und Europameisterschaften im Skibergsteigen und ist ein aufsteigender Stern in der Welt des Bergläufers. 2019 gewann er den mythischen Marathon du Mont Blanc und wurde im vergangenen Jahr Zweiter in der Golden Trail World Series hinter dem "König" Kilian Jornet.

Davide Magnini: "Aus mentaler Sicht war es am Anfang schwer, jeden Tag in einer Garage auf einem Laufband zu trainieren. Für einen Outdoor-Sportler wie mich, der das ganze Jahr über täglich im Freien trainiert, egal unter welchen Wetter-Bedingungen, war das hart."

Auch wenn er in einem kleinen Dorf in den Bergen lebt, erklärt der Läufer, dass er sich strikt an die von den Behörden auferlegten Restriktionen hielt - angesichts der hohen Infektionsrate in Norditalien und, um seinen Fans ein Vorbild zu sein.

Weniger medienwirksame Sportarten bedeuten zusätzliche finanzielle Sorgen

Kanufahren, Triathlon, Skibergsteigen und Trail Running sind allesamt Sportarten von hohem Niveau, die aber nicht die mediale und weltweite Aufmerksamkeit wie Fußball oder Tennis genießen.

In diesen Sportarten sind die Athleten in hohem Maße von Preis- und Sponsorengeldern abhängig. Keine Rennen bedeuten keine Preisgelder, und nach Angaben des Verbandes der Europäischen Sportartikelindustrie (FESI) haben 45 Prozent der Unternehmen in diesen Sektoren 50 bis 90 Prozent Einnahmeverluste gemeldet.

Jeanne Collonge: "Es gab einen Moment, in dem mir klar wurde, dass viele Unternehmen diesen Schlag nicht verkraften und gezwungen sein würden, aufzugeben. Ich dachte, das könnte bei den Marken, die mich unterstützen, auch der Fall sein."

Die Triathletin arbeitet als Übersetzerin und möchte Mentaltrainerin für Sportler werden, denn auch wenn sie zur Elite ihres Sports gehört, hält sie es für wichtig, "weitere Pfeile im Köcher zu haben".

Als junger Armee-Sportler konnte Davide Magnini in dieser Krise mit einer zusätzlichen Unterstützung rechnen, aber das Unternehmen der Familie musste während des Shutdowns wei Monate schließen.

Zum Glück für alle drei waren ihre jeweiligen Sponsoren sehr daran interessiert, sie während der Pandemie weiterhin zu unterstützen. Eine Umfrage der European Sponsorship Association zeigt, dass 72 Prozent der Marken planen, ihr Sponsoring trotz der Krise fortzusetzen.

Stärker durch die Krise

Die Zukunft von Sportwettkämpfen ist für viele noch immer ungewiss, aber mit zunehmenden Lockerungen in ganz Europa, passen sich hochrangige Athleten zunehmend an und freuen sich auf eine Welt nach dem Virus.

Der Kanute hat mehrmals betont, er glaube, dass er aus dieser Periode "stärker" hervorgehen wird, und er glaubt, dass er im Jahr 2020 die Chance haben wird, an Wettkämpfen teilzunehmen, auch wenn es nicht die Olympischen Spiele sind. Die Triathletin will, "wenn es keine Rennen gibt", an ihren Schwächen arbeiten und "versuchen, Fortschritte zu machen, um für 2021 bereit zu sein."

Der Bergläufer meint, diese Pandemie werde zwar die Welt verändern, aber "sie wird nicht den Willen und die Leidenschaft der Sportler beeinflussen, das zu tun, was sie am meisten lieben."

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