State of the Union: Die Beliebigkeit von Wahlen im Nahen Osten

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Copyright Bernat Armangue/AP2011
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Von Stefan Grobe
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Israelis wurden in zwei Jahren vier Mal an die Wahlurnen gerufen, die Palästinenser hatten keine Wahl mehr seit 15 Jahren (!) - was ist los im Nahen Osten? Fragen an Algeriens Ex-Außenminister und UN-Sondergesandten Lakhdar Brahimi.

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In den Industriestaaten haben sich die Impfkampagnen in den letzten Wochen beschleunigt - endlich. Doch in ärmeren Staaten wie Indien und Brasilien tobt das Virus weiter.

Deswegen der Vorschlag der Weltgesundheitsorganisation, die Impfpatente vorübergehend außer Kraft zu setzen, um die Produktion zu beschleunigen. Westliche Regierungen allerdings, ganz auf der Linie der Pharmaindustrie, lehnten dies scharf ab.

Bis diese Woche. In den USA kündigte die Biden-Regierung an, Pläne für eine Aufhebung der Patentrechte zu unterstützen. Und Brüssel scheint mit von der Partie zu sein.

Das Land, das bislang die größte Immunisierung der Bevölkerung pro Kopf erreicht hat, ist Israel - und es hat dort die Rückkehr zur Normalität erlaubt. Politisch jedoch scheint Instabilität Israels neue Normalität zu sein.

Es scheint, dass Benjamin Netanjahus Tage im Amt des Ministerpräsidenten gezählt sind, nachdem er mit dem Versuch einer erneuten Regierungsbildung gescheitert war.

Israels Staatspräsident erteilte nun dem Oppositionspolitiker Yair Lapid gesprochen ein Mandat zur Regierungsbildung.

Israel hatte vier Wahlen in zwei Jahren - und ist immer noch ohne Mehrheitsregierung. Die Palästinenser dagegen hatten keine Wahl in 15 Jahren!

Der Präsident der Autonomiebehörde regiert seit einem Jahrzehnt per Dekret und steht einem immer korrupter und unpopulärer werdenden Regime vor. Vor einigen Tage verschob er die für den 22. Mai geplanten Parlamentswahlen.

Was ist los im Nahen Osten? Dazu das folgende Interview mit Lakhdar Brahimi, Ex-Außenminister Algeriens und mehrfach UN-Sondergesandter.

Euronews: Es hat also bei den Palästinensern seit 2006 keine Wahl zum Präsidenten oder zum Parlament gegeben. Warum sollten wir die Palästinenser noch ernst nehmen?

Brahimi: Ich denke die Palästinenser sollten ernst genommen werden, weil sie die Opfer von äußerst ernster und langjähriger Ungerechtigkeit sind. Das ist der erste und wichtigste Grund, warum man sie ernst nehmen sollte. Das palästinensische Volk verdient unser Interesse und unsere Sympathie.

Euronews: Viele internationale Führer haben sich über die Verschiebung der Mai-Wahlen enttäuscht geäußert. EU-Außenbeauftragter Borrell forderte umgehend einen neuen Termin. Wie fühlen die Palästinenser selbst, vor allem junge Menschen?

Brahimi: Sie sind darüber sehr unglücklich. Sie wollen die Wahl und sie wollen Veränderung. Der beste Beweis dafür ist, dass sich 93 Prozent von ihnen für die Wahl haben registrieren lassen. 93 Prozent aller Wahlberechtigten haben sich registriert! Die Weigerung der Israelis, Palästinenser in Ost-Jerusalem an der Wahl teilnehmen zu lassen, ist ein ernstes Hindernis und war der Hauptgrund für die Verschiebung der Wahl. Und bitte, reden Sie mit Herrn Abbas darüber, über das Risiko, die Wahl nicht abzuhalten. Aber reden Sie noch mehr mit den Israelis, die hier wie in so vielen Bereichen, den Palästinensern das Leben schwer machen.

Euronews: Ganz konkret, was können Partner wie die EU tun, um zu helfen?

Brahimi: Als erstes anerkennen, was in Palästina geschieht. Und was wir dort finden ist ein Apartheid-System, was selbst von der wichtigsten und respektiertesten Menschenrechtsorganisation in Israel und von Human Rights Watch anerkannt wird. Diese Tatsache muss Europa anerkennen! Und dann soll Europa sehen, was es tun kann. Europa hat in Südafrika - wenn auch spät - Wunder vollbracht im Kampf gegen die Apartheid.

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