Jorge Lorenzo: Der MotoGP-Champion im Gespräch

Jorge Lorenzo: Der MotoGP-Champion im Gespräch
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2012 wurde Jorge Lorenzo zum zweiten Mal MotoGP-Weltmeister. Der 25-jährige Spanier lieferte konstant gute Ergebnisse. In der zweiten Saisonhälfte klebte allerdings ein starker Dani Pedrosa an seinen Fersen. Lorenzo verlor zwar ein paar Rennen, am Ende war er jedoch der Sieger. In diesem Winter arbeitet er wieder hart, um sich auf die nächste Saison vorzubereiten, in der er sich die Yamaha-Box erneut mit Valentino Rossi teilen wird. Wie wird die kommende Saison – wer wird die Nummer 1 im Team – und was hält die Zukunft für den mallorquinischen Krieger bereit?

Euronews hat sich mit Lorenzo getroffen und mit ihm über diese und andere Fragen gesprochen.

Cinzia Rizzi:
Jorge, wer wird 2013 Weltmeister?

Jorge Lorenzo:
Keine Ahnung! Ich würde gerne in die Zukunft schauen können, aber diese Fähigkeit habe ich nicht. Natürlich würde ich den Titel gerne holen. Und ich werde dafür kämpfen. Ich werde hart arbeiten, Rennen für Rennen. Aber im Moment kann man noch keine Prognose abgeben. Die großen Favoriten werden ich, Dani Pedrosa, Valentino Rossi und Marc Marquez sein.

Cinzia Rizzi:
Bei den ersten Tests in Sepang Anfang des Monats waren sie Zweiter. Sind sie damit zufrieden und wie fühlt sich die Yamaha M1 an?

Jorge Lorenzo:
Wirklich positiv. Es ist immer wichtig alles ganz genau zu testen. Denn dieses Motorrad muss das ganze Jahr gut funktionieren. Wir haben das Chassis verbessert, jetzt ist die Maschine in den Kurven schneller. Aber beim Motor fehlt noch etwas. Daran arbeiten wir gerade. Er braucht noch mehr Power mit einer höheren Beschleunigung auf den Geraden.

Cinzia Rizzi:
Die ersten Erfahrungen mit Rossi als Teamkollegen liefen ja nicht so gut. Über die Wand in der Box wurde viel gesprochen. Bleibt sie?

Jorge Lorenzo:
Es wird in dieser Saison keine Wand geben und ich denke, da wurde auch zuviel hineininterpretiert. Die Medien haben sich da viel zu sehr mit beschäftigt. Bloß weil Yamaha das erste Team ist, das eine Wand zwischen zwei Fahrern aufgestellt hat. Ich hab immer gesagt, du musst bloß ein paar Schritte nach vorne oder nach hinten machen und kannst locker auf die andere Seite gehen. Dieses Thema hat glaube ich die Medien mehr interessiert als alle anderen.

Cinzia Rizzi:
Wird es Geheimnisse zwischen ihnen geben und wer wird die Nummer 1?

Jorge Lorenzo:
Keine Geheimnisse diesmal! Und was die Nummer 1 angeht, na ja, es wird keine Nummer 1 geben. Sowas gibt es bei Yamaha nicht. Beide Fahrer bekommen immer das gleiche Material. Als ich in die Moto GP kam, war ich 20 Jahre alt. Valentino Rossi war auf dem Gipfel. Er hat eine Menge Rennen und Meisterschaften gewonnen. Und selbst damals habe ich mich nie wie die Nummer 2 gefühlt. Und jetzt, nach zwei schlechteren Jahren für ihn, fühle ich mich auch nicht als Nummer 1.

Cinzia Rizzi:
Wenn sie gegen Ende der Saison aus dem Titelrennen raus wären und Rossi hätte noch Chancen. Würden sie ihm helfen?

Jorge Lorenzo:
Ja, würde ich. Wir sind schließlich Teamkollegen. Wir fahren für die selbe Marke. Wenn Yamaha gewinnt ist das für uns beide besser.

Cinzia Rizzi:
Blicken wir auf die letzte Saison. Wann haben sie wirklich an den Titelgewinn geglaubt?

Jorge Lorenzo:
Gleich zu Anfang. Als ich die neue M1 1000cc zum ersten Mal getestet habe war mir klar, dass diese Maschine großes Potential hat und wir damit gewinnen können. Der Sieg im ersten Rennen in Katar hat mein Gefühl bestätigt. Die Meisterschaft würde lang werden, aber ich wusste, dass es leichter wird als 2011. Das war wirklich eine irreguläre Saison. Aber es war natürlich noch ein weiter Weg bis zum Titel.

Cinzia Rizzi:
Dani Pedrosa konnte sechs der letzten acht Rennen gewinnen. Haben sie Angst gehabt, er könnte ihnen den Titel noch wegschnappen?

Jorge Lorenzo:
Ja, die Angst davor den Titel zu verlieren hatte ich immer. Er und Honda waren super drauf. Und die hatten weniger zu verlieren als wir. Erst als ich ihn in Phillip Island stürzen sah, konnte ich durchatmen. Da wußte ich, dass ich gewonnen habe.

Cinzia Rizzi:
Sie sind der einzige spanische Fahrer mit zwei WM-Titeln in der höchsten Klasse. Und nach Ángel Nieto sind sie der erfolgreichste Spanier aller Zeiten. Was bedeutet ihnen das und was motiviert sie noch?

Jorge Lorenzo:
Ich habe mehr erreicht, als ich mir je erträumt habe. Als ich so 10 oder 12 Jahre alt war, wenn mir da jemand gesagt hätte, “unterschreib hier” und du schaffst es aufs Podium oder gewinnst ein Weltmeisterschaftsrennen, das hätte ich blind unterschieben. Ich denke jeden Tag darüber nach wie viel Glück ich habe. Darüber, dass ich einen wundervollen Job und so viel erreicht habe.

Cinzia Rizzi:
In ihrer Biography “Meine Geschichte bis jetzt” erwähnen sie ihre Leidenschaft fürs Lesen und dass eines ihrer Lieblingsbücher die Lance Armstrong-Biography ist, ein Beispiel für Sportlichkeit. Haben sie ihre Meinung nach seinem Geständnis bei Oprah Winfrey geändert?

Jorge Lorenzo:
Ich habe seine beiden Bücher gelesen und die haben mich inspiriert weiter zu trainieren. Ich habe beim Lesen Dinge entdeckt, die ich nachahmen konnte. Was Armstrong getan hat ist natürlich überhaupt nicht in Ordnung. Abgesehen von all diesen negativen Dingen in Verbindung mit Doping hat er aber auch einige positive Sachen gemacht, denke ich. Die Livestrong-Foundation ins Leben zu rufen zum Beispiel, die krebskranke Menschen unterstützt. Ich glaube, es ist nicht fair, jetzt nur noch über die negativen Dinge zu sprechen.

Cinzia Rizzi:
Im November wurde Moto 2-Fahrer Anthony West wegen Dopings suspendiert. In den spanischen Medien hieß es damals, einige Fahrer würden manchmal verbotene Mittel einnehmen, um sich von Verletzungen zu erholen…

Jorge Lorenzo:
Ja, das stimmt. Aber wir sprechen hier wirklich von Einzelfällen. Ich glaube nicht, dass Anthony seine Leistung steigern wollte. Er war einfach in schlechter körperlicher Verfassung. Also hat er einen Energy Drink zu sich genommen, der eine illegale Substanz enthielt. Wir nehmen generell nichts um unsere Leistung zu steigern. Denn das würde nicht dabei helfen, Zehntelsekunden gut zu machen. Du wärst dadurch nicht schneller.

Cinzia Rizzi:
Vor Kurzem haben sie gesagt, sie möchten so aufhören wie Stoner. Der ist schon mit 27 zurückgetreten. Ihr Vertrag bei Yamaha läuft Ende 2014 aus. Denken sie wirklich darüber nach dann schon zurückzutreten?

Jorge Lorenzo:
Ich denke nicht. Ich werde wohl noch ein bisschen länger in der MotoGP bleiben. Ich habe das Gefühl, dass ich mich immer noch verbessern kann. Ich will mich messen und eine Maschine fahren. Und wenn sie mich immer noch wollen und mir ein neues Angebot machen, werde ich noch ein paar Jahre in der MotoGP bleiben.

Cinzia Rizzi:
Ihr Idol Max Biaggi ist nach der MotoGP in die Superbike-Serie gewechselt. Wäre das auch was für sie?

Jorge Lorenzo:
Möglich, man soll im Leben nichts ausschließen. Superbike ist eine wirklich interessante Meisterschaft. Ganz anders als die MotoGP, weil du dort auf Serienmaschinen fährst. Natürlich ist die MotoGP die wichtigste Rennserie, in der sich die besten Fahrer der Welt messen. Aber die Superbike entwickelt sich mehr und mehr und ist wirklich interessant.

Cinzia Rizzi:
Und was kommt nach dem Motorradsport? Haben sie schon Projekte im Kopf?

Jorge Lorenzo:
Im Moment noch nicht. Aber irgendwann möchte ich mal eine Fahrschule eröffnen, um Kindern beizubringen, was ich in all den Jahren gelernt habe. Vor allem will ich ihnen zeigen, wie man sicher fährt. Das ist wirklich wichtig. Man kann zwar nicht alle Gefahren beim Motorradfahren ausschalten, denn es ist nun mal ein riskanter Sport. Aber es ist wichtig, die Risiken einer Verletzung zu minimieren. Und das würde ich ihnen gerne beibringen. Ich möchte, dass sie schnell und sicher sind.

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