Russland erkennt ukrainische Parlamentswahlen an

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Von Euronews
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Russland hat den Ausgang der Parlamentswahlen in der Ukraine anerkannt. Die Führung könne sich nun ernsthaft um die Kernprobleme der Gesellschaft kümmern, hieß es aus Moskau. Etwas besser als erwartet schneidet der “Oppositionsblock” um Ex-Energieminister Jury Boyko ab. Das Bündnis gilt als Sammelbecken für Anhänger aus der “Partei der Regionen” des ehemaligen Präsidenten Janukowitsch.

Die Nationalisten sind dagegen schwächer als erwartet. Die Radikale Partei des Populisten Oleg Ljaschko schafft zwar den Sprung ins Parlament, verpasst aber ein zweistelliges Ergebnis. Unsicher bleibt vorerst, ob die nationalistische Partei Swoboda den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafft.

Das Ergebnis macht auch deutlich, dass die Ukrainer Vorwürfe aus Moskau zurückweisen, wonach in Kiew eine faschistische Junta an der Macht sei.

Das Verhältnis beider Länder bleibt angespannt. Im September hatten Kiew und Moskau ein Friedensabkommen geschlossen, das unter anderem einen Waffenstillstand im Osten des Landes vorsieht. Doch die Umsetzung kommt wegen anhaltender Kämpfe nur schleppend voran.

Die Separatisten wollen am kommenden Sonntag gegen den Protest Kiews eigene Wahlen in den von ihnen selbst ausgerufenen “Volksrepubliken” abhalten.

Auch der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine schwelt weiter. Die von der EU begleiteten Verhandlungen sollen Mitte der Woche fortgeführt werden.

Die Ergebnisse der ukrainischen Parlamentswahl werden auch von Moskau verfolgt. Wir sprechen jetzt mit Alexei Puschkow, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma.

euronews: Herr Puschkow, war diese Wahl in Ihren Augen demokratisch und fair? Wird Moskau die Wahl anerkennen?

Alexei Puschkow: “Moskau hat die Wahl anerkannt. Ob die Wahl demokratisch und fair war, da habe ich, ehrlich gesagt, so meine Zweifel. Im Osten des Landes gibt es noch Kämpfe, die Wähler dort konnten ihre Stimme nicht abgeben, also es war kein landesweiter Urnengang möglich. Sprechen wir über das Klima dieser Wahlen. Abgeordnete, die im Verdacht standen, die Interessen der alten Regierung schützen zu wollen, wurden tatsächlich in den Müll geworfen. Was für eine Hysterie um die kommunistische Partei gemacht wurde und wie man die Partei der Regionen daran gehindert hat, ihre eigenen Kandidaten bei dieser Wahl aufzustellen. Also, für mich persönlich waren das keine demokratischen Wahlen.”

euronenews: Zum ersten Mal sind im Parlament keine kommunistischen Parteien vertreten, auch die prorussische Partei der Regionen fehlt. Wie wird Moskau unter diesen Bedingungen seine Beziehungen zu Kiew aufbauen?

Alexei Puschkow: “Ich persönlich betrachte die Partei der Regionen und die kommunistische Partei nicht als pro-russisch. In meinen Augen waren das pro-ukrainische Parteien. Ihre Abwesenheit hat die Parteienlandschaft drastisch abgebaut. Vergessen Sie nicht, dass 47 Prozent der Wähler ihre Stimme nicht abgegeben haben. Das allein steht schon für sich. Die Menschen wussten nicht, für wen sie stimmen sollten. Sie konnten sich für keinen Kandidaten dieser nationalistischen Parteien entscheiden. Das darf man nicht vergessen. Was die aktuelle Zusammensetzung der Obersten Rada betrifft, reicht das Parteienspektrum von Ultra-Nationalisten bis zu einfachen Nationalisten. Wie wird Russland nun seine Beziehungen zur Ukraine aufbauen? Ich denke, dass man die Frage eher der Ukraine stellen sollte. Wie stellt sich die Ukraine den Aufbau von Beziehungen zu Russland vor? Meiner Meinung nach ist die Ukraine von funktionierenden wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland wesentlich abhängiger. Deshalb liegt es an der Ukraine, zu erklären, wie sie sich die Beziehungen zu Russland vorstellt. Damit wäre dann auch für uns klarer, wie wir diese Beziehung aufbauen können.”

euronews: Extrem nationalistische Parteien wie die Swoboda und der Rechte Sektor haben es, so wie es jetzt aussieht, nicht ins Parlament geschafft. War damit die angeprangerte Bedrohung eines radikalen Nationalismus in der Ukraine übertrieben?

Alexei Puschkow: “Meiner Meinung nach ist diese Bedrohung nicht übertrieben. Denn der radikale Nationalismus ist auch in den anderen Parteien verwurzelt, insbesondere in der Volksfront von Jatzenjuk. Die Radikale Partei von Ljaschko repräsentiert auch den radikalen Nationalismus. Wenn Sie dann noch alle Stimmen der radikalen Nationalisten, hinzufügen, also der Partei von Ljaschko, der Swoboda-Partei und dem Rechten Sektor – dann werden sie feststellen, dass die zusammen auf 15 Prozent kommen. Das ist schon eine bedeutsame Zahl.
Diese nationalistischen Auffassungen spiegeln sich in der praktizierten Politik der Ukraine. Es gibt Repressalien gegen diejenigen, die mit dem Kurs nicht einverstanden sind, der Einsatz von Terror gegen die Kommunisten. Ich denke nicht, dass diese Bedrohung überschätzt wird. Dieser nationalistische Faktor spielt leider eine erhebliche Rolle.”

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