Boko Haram: Der vergessene Krieg

Boko Haram: Der vergessene Krieg
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Von Euronews mit dpa, Reuters
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Während die ganze Welt mit Entsetzen auf die Attentate in Frankreich blickt, spielt sich im Norden Nigerias ein Krieg ab, der auf keinen

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Während die ganze Welt mit Entsetzen auf die Attentate in Frankreich blickt, spielt sich im Norden Nigerias ein Krieg ab, der auf keinen vergleichbaren Widerhall in den internationalen Medien stößt: Der blutige Kampf der radikalislamischen Terrororganisation Boko Haram, die im Nordosten Nigerias und angrenzenden Gebieten einen Gottesstaat errichten will. Anders als Al-Kaida und die Organisation Islamischer Staat konzentriert sich ihr Aktionsradius auf diese Region, bislang.

Was geschah in Baga?

Bei groß angelegten Angriffen rund um die nordnigerianische Stadt Baga wurden in der vergangen Woche nach Angaben örtlicher Beamter mehr als ein Dutzend Dörfer in der Gegend dem Boden gleichgemacht und Hunderte Menschen getötet. Über die genauen Opferzahlen herrscht Unklarheit. Die Zentralregierung sprach von etwa 150 Toten. Zudem wurden bei zwei offenbar von Mädchen ausgeführten Selbstmordanschlägen mindestens 30 Menschen getötet.
Tausende Menschen sind seither laut UN-Angaben vor den Kämpfen innerhalb Nigerias ins Nachbarland Tschad geflohen. Amnesty International sprach vom bislang wohl schlimmsten Terrorakt in dem westafrikanischen Land.

Die Kontrolle des Nordens ist für Boko Haram von wichtiger strategischer Bedeutung. In Baga befand sich bis zur jüngsten Angriffswelle der Boko-Haram-Milizen das Hauptquartier der multinationalen Eingreiftruppe MNJTF, Multinational Joint Task Force, mit Einheiten aus Nigeria, Niger und Tschad. Der Stützpunkt wurde von den Einheiten fluchtartig aufgegeben. Außerdem soll ein Teil der Waffenlieferungen aus Libyen über das Grenzgebiet und um den Tschadsee in die Hände von Boko Haram gelangen.

Wer ist Boko Haram?

Die sunnitische Terrorgruppe Boko Haram mit Kontakten zu nordafrikanischen Al-Kaida-Ablegern führt im muslimisch geprägten Norden Nigerias seit 2009 einen Krieg für einen islamischen Staat. Boko Haram heißt so viel wie: “Westliche Bildung ist Sünde”. Bei Angriffen und Anschlägen auf Schulen, Kirchen, Märkte, Polizeistationen und Lokale wurden Zehntausende Menschen getötet.
Im April 2014 überfiel die Terrormiliz eine Mädchenschule in Nordnigeria und entführte rund 270 Schülerinnen. Damals gab es einen weltweiten Aufschrei des Entsetzens, der in die Kampagne "Bring back our girls now" mündete. Die Mädchen sind bis heute verschwunden. Von der Kampagne, an der sich Prominente wie Amerikas First Lady Michelle Obama oder die Schauspielerin Angelina Jolie beteiligten, ist kaum noch etwas zu hören.

Experten befürchten, dass Boko Haram rund um die Parlaments- und Präsidentenwahl in Nigeria am 14. Februar das Land mit vermehrten Anschlägen destabilisieren will.

Ist Boko Haram eine Bedrohung für Europa?

Auf indirekte Weise, ja, wegen der Vernetzung mit AQIM, dem Al-Kaida-Ableger im islamischen Maghreb. Auf jeden Fall ist die Unterstützung des Westens gefragt. Ohne internationale Hilfe droht der Konfliktherd noch weiter auszuufern. Doch Nigeria wartet immer noch auf die Militärhilfe, die die USA, Großbritannien und Frankreich der nigerianischen Regierung auf internationalen Treffen im Frühjahr in Paris und London zugesagt hatten.

Ein Ende des Terrors im Norden Nigerias ist nicht abzusehen, im Gegenteil, mit Beginn des Wahlkampfs haben sich die Aktivitäten Boko Harams auf drastische Weise verstärkt.
Die nigerianische Regierung wirkt hilflos im Kampf gegen die Gruppe, und der Konflikt ist dabei, die Nachbarländer Niger, Tschad und Kamerun zu infizieren.

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