Jobpoker für Millionen - China will Stahlmarkt "normalisieren"

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Von Euronews
Jobpoker für Millionen - China will Stahlmarkt "normalisieren"

Chinas Stahlindustrie, die im vergangenen Jahrzehnt rasant Kapazitäten aufgebaut und damit die alten Industrieländer das Fürchten gelehrt hatte, scheint auf dem Rückzug.

Qiu Yuecheng spricht für Chinas Kommittee für Logistik und Einkauf:

“Die Indizes für die Produktion und neue Aufträge für Exporte sind im September alle im Vergleich zu den Vormonaten zurückgegangen. Gleichzeitig stieg der Lagerbestand der fertigen Produkte. Dies deutet darauf hin, dass sich Angebot und Nachfrage nach Stahlprodukten einbremsen, um sich – mit einigem Lageraufbau bei den Unternehmen – zu stabilisieren.”

Im Gegentrend zum Rest der Industrie fiel der Einkaufsmanagerindex in Chinas Eisen- und Stahlindustrie im September von 57,2 Punkten im August auf 53,7 Punkte im September.


Eine Friedenspfeife für Chinas künftigen Staatsbesucher Donald Trump, der seit langem mit Strafzöllen für die Einfuhr chinesischer Überproduktion droht?


Ein paar Zahlen:

Die weltweite Stahlindustrie steht für rund 760 Milliarden Euro pro Jahr.

Mit einer aggressiven Expansionsstrategie brachte es China bis 2015 auf die Hälfte der weltweiten Stahlproduktion von etwa 1,6 Milliarden Tonnen – die Überkapazitäten dort wurden auf 430 Millionen Tonnen geschätzt, in Europa auf bis zu 50 Millionen Tonnen. Im Gegenzug fielen die Stahlpreise innerhalb von 12 Monaten auf fast die Hälfte, von 500 auf 280 US-Dollar je Tonne.


Die Stahlkrise der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nahm einen neuen Anlauf.

Fusionen wie bei Thyssen/Tata kosten jeweils tausende Arbeitsplätze. Der verschärfte sogenannte Emissionsrechtehandel in der EU für mehr Umweltschutz bedroht (laut “Prognos”) allein in Deutschland 37.000 Stahljobs.


Aber auch hier schlägt China alle Superlative: Der staatliche Konzern Wuhan will von 80.000 auf 30.000 Stahlwerker abspecken, insgesamt sollen in China 1,8 Millionen Arbeitsplätze in der Kohle- und Stahlindustrie wegfallen.

Wird daraus das vorhergesagte neue Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage? Möglich: Immerhin soll die weltweite Stahl-Nachfrage bis 2025 jedes Jahr um 3,5 Prozent wachsen (“PricewaterhouseCoopers”, PwC), dann würden 2,4 Milliarden Tonnen/Jahr gebraucht.


Vielleicht ein Lehrstück im Vorfeld des Parteikongresses der Kommunisten Mitte Oktober – mit Präsident Xi Jinpings Ansage, “den Kapitalismus zu studieren”.

Sigrid Ulrich mit Reuters