Wählen in Lyon an diesem Sonntag: 100 m von der Bombe entfernt

Wählen in Lyon an diesem Sonntag: 100 m von der Bombe entfernt
Von Kirsten Ripper
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In Lyon wählen die Menschen - ziemlich unbeeindruckt vom Anschlag vom Freitag.

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Der Anschlag vom Freitagabend in der Fußgängerzone gleich neben dem zentralen Place Bellecour in Lyon lässt die Bewohner der Stadt weitgehend unbeeindruckt. In einem Hut- und Schalgeschäft schräg gegenüber sagte die Inhaberin am Samstag: "Das war doch nur ein kleiner Depp, der will, dass mehr Leute für Marine Le Pen stimmen. Das ist meine Meinung."

13 Menschen waren bei der Explosion in der belebten Einkaufsstraße leicht verletzt worden - darunter ein 10 Jahre altes Mädchen, das durch ein der Schrauben - die der Sprengsatz enthielt - am Unterschenkel verletzt wurde. Am Samstagabend waren noch vier Verletzte im Krankenhaus.

Gefunden ist der Verdächtige, der mit einem Mountainbike geflohen ist, noch nicht. Im Radiosender "France Info" beklagt ein Experte die schlechte Qualität der Videoaufnahmen der Überwachungskameras. Mit diesen Bildern könne man ja niemanden finden, es mache aber keinen Sinn, in weitere Kameras zu investieren. Man müsse auf eine andere Strategie setzen.

An diesem Sonntag im Wahlbüro weniger als 200 Meter vom Ort der Explosion entfernt, ist der Anschlag kaum noch ein Thema. Es gibt auch keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen. Der Sicherheitsmann an der Tür kontrolliert zwar die Taschen der Wahlberechtigten, aber es sind keine Polizisten oder Militärs zu sehen. Schon seit Samstagmorgen ist der Anschlagsort nicht mehr abgesperrt. Die meisten Geschäfte rundherum waren wieder geöffnet.

Das 2. Arrondissement ist eher konservativ. Hier leben traditionell viele katholische Familien mit vielen Kindern. Doch in den vergangenen Jahren ist das Viertel bunter geworden. Das Klischee vom konservativen Quartier entspricht nicht mehr ganz der Realität. Die teuersten Stadtteile von Lyon sind inzwischen anderswo: auf La Croix Rousse oder im schicken ehemaligen Hafenviertel Confluence.

Im Wahlbüro im 2. Arrondissement in Lyon

Der Verantwortliche für das Wahlbüro 207 und 208 sagt zum Sicherheitsmann: "Sie sollten sich einen Stuhl nehmen, damit sie nicht den ganzen Tag hier stehen müssen." Die Antwort lautet: "Vielleicht später, wenn weniger Leute kommen."

In Frankreich legt man nur den Zettel der ausgewählten Partei in den Umschlag - und wirft diesen dann in die Wahlurne. Feierlich sagt der Freiwillige, der die Öffnung der Wahlurne betätigt: "A voté", wenn der blaue Umschlag nach unten gefallen ist.

Einige französische Journalisten berichten noch über den Anschlag vom Freitag, drehen Bilder vom geschlossenen Backshop "La Brioche Dorée". Der Laden links ist ebenfalls geschlossen, der Shop rechts ist wieder geöffnet.

In der Fußgängerzone vor dem Anschlagsort

Während viele, die in Lyon leben, von Familie und Freunden außerhalb der Stadt am Freitagabend gefragt wurden, wie es ihnen geht. War in den Diskotheken und Nachtclubs der Stadt genausoviel los wie sonst am Wochenende.

Und auch an diesem Europawahlsonntag war die Stimmung in Lyon nicht anders als sonst.

Vor dem Wahlbüro im 2. Arrondissement in Lyon
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