Franzosen sehen schwarz

Am 27. Juli warten Menschen in Saint Jean de Luz auf ihren Coronatest.
Am 27. Juli warten Menschen in Saint Jean de Luz auf ihren Coronatest. Copyright Bob Edme/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved
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Von euronews
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Der Blick in die Zukunft fällt westlich des Rheins düsterer aus als in Deutschland. Die Franzosen sehen auch die Rolle von Staatspräsident Emmanuel Macron kritisch. Das hat eine von euronews in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage ergeben.

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Nach Ausbruch der Coronavirus-Pandemie war schnell klar: Diese Krise wird auch wirtschaftliche Konsequenzen haben. Die Stimmung innerhalb der Bevölkerung dürfte dabei eine besondere Rolle spielen. Klammert man sich an das Ersparte oder wird konsumiert als gebe es kein Morgen? Eine Studie hat nun ergeben, dass ein Großteil unserer französischen Nachbarn pessimistisch in die Zukunft blickt.

Mehr als zwei Drittel der befragten Franzosen (72 Prozent) sind der Meinung, dass die wirtschaftlich schwersten Zeiten erst noch kommen. Das gelte auch für die Krise im Gesundheitsbereich. 56 Prozent denken, dass sich diese noch verschlimmern wird.

Allgemeiner Pessimismus?

Sechs Monate nach dem ersten Covid-19-Toten in Frankreich und 45 Tage nach Ende des Lockdowns bewerten 27 Prozent der befragten Franzosen ihre Sicht auf die Zukunft des Landes als "pessimistisch", 23 Prozent als "sehr pessimistisch".

Die Umfrage hat sich auch mit dem bisherigen Krisenmanagement der Regierung beschäftigt. Vier von zehn Franzosen sehen das Verhalten von Präsident Emmanuel Macron kritisch. 22 Prozent der Befragten missbilligen sein Krisenmanagement, 19 Prozent missbilligen es sogar entschieden.

"Der Präsident sagt nicht die Wahrheit"

Die exklusiv für euronews realisierte Umfrage wirft ein Schlaglicht auf die Beziehung zwischen Wählern und Staatspräsident. 62 Prozent der Befragten meinen, dass Macron "nicht die Wahrheit sagt". 54 Prozent sind davon überzeugt, dass er die Probleme, mit denen Frankreich konfrontiert ist, nicht versteht. "Er sorgt sich nicht um Leute wie mich." Dieser Aussage stimmten 67 Prozent der Befragten zu.

Auch das Kabinett des neuen Ministerpräsidenten Jean Castex findet vor den befragten Franzosen keine Gnade. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) sind der Meinung, dass sein Handeln dem jüngsten Anstieg der Infektionszahlen nicht gerecht wird.

Der düstere Blick nach vorn

Die Macher der Studie sind davon überzeugt, dass der unklare weitere Verlauf der Krise für diesen Pessimismus verantwortlich ist. Was die nähere Zukunft betrifft, halten sieben von zehn Franzosen einen weiteren Lockdown entweder für "wahrscheinlich" (39 Prozent) oder für "sehr wahrscheinlich" (31 Prozent).

Sollte die Zahl Covid-19-Infektionen weiter ansteigen, sprechen sich 30 Prozent für einen neuen landesweiten Lockdown aus. 24 Prozent wären in diesem Fall sogar "sehr dafür".

Ist die Gefahr vergessen?

Der Blick auf die die Wahrnehmung der Mitbürger offenbart einen erstaunlichen Umstand: 83 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass "die Menschen die Gefahren des Coronavirus zu schnell vergessen haben". Gleichzeitig gab ein Fünftel an, die "Regeln der sozialen Distanzierung weniger beachtet" zu haben. Sieben von zehn Franzosen gaben an, die Regeln strikt einzuhalten.

Lernen, mit der Bedrohung zu leben

Mit dieser Aussage stimmen drei von vier Franzosen überein: "Wir müssen uns daran gewöhnen, mit der Gefahr des Virus zu leben, weil diese nicht so schnell verschwinden wird und wir unser gewohntes Leben nicht länger aussetzen können." 30 Prozent stimmten dem zu, 47 Prozent sogar ausdrücklich.

Die Agentur Redfield & Wilton Strategies hat die repräsentative Umfrage exklusiv für euronews durchgeführt. Zwischen dem 17. und 18. Juli 2020 wurden dafür 1.500 wahlberechtigte französische Staatsbürger befragt.

Umfrage auch in anderen Ländern

Die von euronews in Auftrag gegebene Umfrage wurde auch für Spanien, Italien und Deutschland durchgeführt. Was das Leben nach dem Lockdown angeht, sind die Deutschen demnach sehr viel optimistischer als ihre Nachbarn.

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