Die EU und Corona: Wie aus dem "kleinen" China-Virus eine Pandemie wurde

Die EU und Corona: Wie aus dem "kleinen" China-Virus eine Pandemie wurde
Copyright Jean-Francois Badias/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved
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Von Frank Weinert
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Am Anfang war Corona weit weg. Binnen weniger Tage wurde das Virus zur weltumspannenden Pandemie. Mittendrin - die EU.

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"Der Ausbruch dieses neuartigen Coronavirus ist ein Gesundheits-Notfall von internationaler Bedeutung." So sprach Prof. Didier Houssin von der Weltgesundheitsorganisation WHO im Frühjahr. Am Anfang war die Europäische Union - wie die meisten von uns - überrumpelt und schätzte das Risiko für Europa als gering ein - ein Problem in China, für China. So warnte Janez Lenarčič, Kommissar für Krisenmanagement, damals: "Sagen Sie alle nicht dringend notwendigen Reisen nach China ab oder verschieben Sie sie."

Doch innerhalb weniger Wochen war es kein rein chinesisches "Problem" mehr. Corona forderte in Norditalien sehr schnell viele Opfer. Tausende wurden täglich in Krankenhäuser eingeliefert, Hunderte starben - das Gesundheitssystem brach unter der Belastung zusammen. Die Italiener fragten: Wo war die europäische Solidarität? Ursula Von Der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin, sah sich zu einer Entschuldigung genötigt: "Zu viele waren nicht rechtzeitig da, als Italien ganz am Anfang eine helfende Hand brauchte. Und ja, dafür ist es richtig, dass sich Europa als Ganzes aufrichtig entschuldigt."

Zu Beginn des Frühjahrs wütete das Virus dann in ganz Europa - ein Land nach dem anderen schloss seine Grenzen und ging in bis dahin nie dagewesene Lockdowns über.

Matina Stevis-Gridneff, Brüssel-Korrespondentin der The New York Times, notiert: "In dieser Zeit der Krise gingen die EU-Mitgliedsstaaten dazu über, wieder zurück in ihre nationalen Hauptstädte zu gehen und ihre Entscheidungsbefugnisse und ihre Souveränität einzufordern."

Im Juli kam der bedeutendste Moment des Jahres für die Europäische Union: Nach tagelangen Gesprächen gelang es den Staats- und Regierungschefs, sich auf einen 'Deal' zu einigen. Bahnbrechend war hier vor allem, dass es zum ersten Mal in der Geschichte der Union eine gemeinsame Verschuldung geben würde: ein 750-Milliarden-Euro-Rettungsfonds.

Bis dato war die gemeinsame Entscheidungsfindung eher schwierig, betont Rebecca Christie vom "Bruegel Think Tank": "Die EU-Staaten wollten vorher keine gemeinsamen Entscheidungen darüber treffen, was man wofür man ausgibt, und sie wollten keine Gruppenentscheidungen darüber treffen, wie man Kredite aufnimmt. Was die Pandemie getan hat, ist, dass sie eine gemeinsam Reaktion erforderte, und sie hat eine bekommen."

Die zweite erwartete Welle traf Europa erneut hart, in Mittel- und Osteuropa noch härter als die erste. Alle 17 Sekunden starb ein Europäer. Margaritis Schinas von der EU-Kommission meinte kopfschüttelnd: "Wenn es da draußen Leute gibt, die die Bedrohung immer noch untergraben oder negieren, schicken Sie sie zu mir."

Dann keimte Hoffnung auf - Impfstoffe, um uns alle zu schützen. Die Kommission kaufte Hunderte von Millionen Dosen, um sicherzustellen, dass jeder Zugang dazu haben kann. Dazu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: "Wenige Tage nach unserem Vertrag mit BionTech und Pfizer freue ich mich, weitere Vereinbarungen bekannt geben zu können."

2020 war ein Jahr wie kein anderes: Es hat die europäische Solidarität auf die Probe gestellt wie nie zuvor. Einerseits gibt es jetzt erste Impfstoffe, doch das Ende der Corona-Pandemie scheint noch weit entfernt.

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