Kein Fleisch für Schulkinder? Ideologische Debatte in Frankreich

Veggie-Menü
Veggie-Menü Copyright Melissa d'Arabian/Melissa d'Arabian
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Von Julika Herzog mit AFP und dpa
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In Frankreich ist ein Streit über fleischfreies Essen in Schulkantinen entfacht. Pläne der Stadt Lyon haben die ideologische Debatte ausgelöst.

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In Frankreich ist ein Streit über fleischloses Essen in Schulkantinen entfacht. Pläne der Stadt Lyon haben die ideologische Debatte ausgelöst.

Kein Fleisch in Schulkantinen in Lyon

Ab Montag soll es in den Schulkantinen dort nur noch ein Menü für alle geben, und zwar ohne Fleisch. Wegen der Corona-Pandemie gilt mit dem Ende der Winterferien ein neues Hygienekonzept. In den Kantinen soll dann alles schneller ablaufen.

Die städtische Beigeordnete für Bildung, Stéphanie Léger, erklärte, das Menü sei nicht vegetarisch - es enthalte etwa Fisch und Eier - und sei das einzige, das kein Kind ausschließe. Léger betonte zudem, die Maßnahme sei vorübergehend. Es habe sie bereits von Mai bis Juli 2020 in der Stadt gegeben.

Innenminister Darmanin: "Skandalöse Ideologie"

Heftige Kritik an dem Vorhaben kam daraufhin von Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin. Auf Twitter sprach er von einer skandalösen Ideologie: Die moralistische und elitäre Politik der Grünen schließe das einfache Volk aus und sei eine inakzeptable Beleidigung für Frankreichs Landwirte und Fleischer.

Grüner Bürgermeister verteidigt Maßnahme

Lyons grüner Bürgermeister, Grégory Doucet, reagierte prompt und versicherte, die Maßnahme, nur ein Menü anzubieten, sei nur aus Hygienegründen getroffen worden. Außerdem kritisiert er den scharfen Ton des Innenministers: « Als mein Vorgänger und ihr Parteifreund Gérard Collomb nach dem ersten Lockdown genau dieselbe Maßnahme in Lyon ergriffen hat, haben wir von Ihnen nicht solche Kommentare gehört.“

Tatsächlich hatte der konservative Bürgermeister dieselbe Maßnahme ergriffen, um Warteschlangen und somit das Ansteckungsrisiko in Lyons Schulkantinen zu reduzieren. Seit den Kommunalwahlen im Juni 2020 reagiert in Frankreichs zweitgrößter Stadt eine Koalition aus Grünen und mehrerer linker Parteien.

Landwirtschaftsminister betont: Kinder brauchen Fleisch

Unterdessen forderte auch Landwirtschaftsminister Julien Denormandie am Sonntag auf Twitter: "Lasst uns aufhören, unseren Kindern Ideologie auf den Teller zu legen!" Man solle ihnen geben, was sie zum Wachsen brauchen. Dazu gehöre auch Fleisch.

Nach Willen von Landwirtschaftsminister Denormandie soll sich nun der Präfekt der Region mit dem Fall befassen.

Empörte Bauern wollen demonstrieren

Und auch die Bauern der Region haben sich mittlerweile in die Debatte eingemischt. Sie wollen wegen dem fleischfreien Essen in Schulkantinen vom grünen Bürgermeister empfangen werden und planen für Montag eine Demonstration in Lyon.

Veggie-Essen in Schulkantinen scheint gerne ideologische Debatten zu entfachen. Als die Grünen in Deutschland im Wahlkampf 2013 einen Veggie-Day in Kantinen forderten titelte die Bild-Zeitung „Grüne wollen uns das Fleisch verbieten!“. Andere Medien und liberalkonservative Politiker stimmten begeistert in die Attacke auf die die angebliche Verbotspartei ein- bis diese ihren Vorschlag wieder zurücknahm.

In Frankreich ist seit November 2019 ein Veggie-Menü pro Woche für Schulkantinen Pflicht- verordnet per Gesetz von Innenminister Darmanins Regierung.

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