EuGH entscheidet: Ein Kind kann zwei Mütter haben

EuGH entscheidet: Ein Kind kann zwei Mütter haben
Copyright Vadim Ghirda/Copyright 2018 The Associated Press. All rights reserved.
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Von Frank Weinert
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Der Europäische Gerichtshof hat die Rechte von Familien mit zwei gleichgeschlechtlichen Elternteilen gestärkt. Die Richter entschieden im Fall von zwei miteinander verheirateten Frauen, die beide als Mütter in die Geburtsurkunde eines Kindes eingetragen sind.

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Kann ein Kind zwei Mütter haben? Es darf - das entschieden die Richter des Europäischen Gerichtshofs. Vor dem EuGH in Luxemburg bekamen zwei Frauen Recht: Ihre gemeinsame Tochter bekommt einen Pass. Der Europäische Gerichtshof hat damit die Rechte von Familien mit zwei gleichgeschlechtlichen Elternteilen gestärkt. Der Fall kam vor das Gericht, nachdem die bulgarischen Behörden sich geweigert hatten, der kleinen Tochter eines gleichgeschlechtlichen Paares eine Geburtsurkunde auszustellen mit der Begründung, dass ein Kind nicht zwei Mütter haben kann.

Der oberste Gerichtshof der EU hat entschieden, dass gleichgeschlechtliche Eltern und ihre Kinder in allen Mitgliedstaaten als Familie anerkannt werden müssen. In einem Grundsatzurteil erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass, wenn ein Land eine elterliche Beziehung zu einem Kind anerkennt, jeder Mitgliedstaat dasselbe tun muss, um das Recht des Kindes auf Freizügigkeit zu gewährleisten.

Die Bulgarin Kalina Ivanova und die in Gibraltar geborene Britin Jane Jones sind beide als Mütter von Sara eingetragen, die 2019 in Spanien geboren wurde. Beide Elternteile sind jedoch nicht spanischer Abstammung, was bedeutet, dass eine Staatsbürgerschaft in diesem Land nicht zulässig ist, und nach dem britischen Staatsangehörigkeitsgesetz von 1981 kann Jones die britische Staatsbürgerschaft nicht auf ihre Tochter übertragen, da sie in Gibraltar geboren wurde. Daher beantragte Ivanova die bulgarische Staatsbürgerschaft für ihr Kind, was jedoch abgelehnt wurde, da gleichgeschlechtliche Ehen und Partnerschaften in Bulgarien rechtlich bislang nicht anerkannt werden.

Infolgedessen war Sara von Staatenlosigkeit bedroht, da sie keinen Zugang zur Staatsbürgerschaft hatte, das Wohnsitzland ihrer Familie, Spanien, nicht verlassen konnte und keine persönlichen Dokumente besaß, was ihren Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und sozialer Sicherheit einschränkte. Der EuGH entschied jetzt, dass dem Kind ein bulgarischer Pass ausgestellt werden sollte.

Arpi Avetisyan, Leiter der Rechtsabteilung der Nichtregierungsorganisation ILGA-Europa, sagte nach der Entscheidung: "Das Urteil hat die lang erwartete Klarstellung gebracht, dass die in einem EU-Mitgliedstaat begründete Elternschaft nicht von einem anderen unter dem Vorwand des Schutzes der 'nationalen Identität' verworfen werden kann. Dies ist ein echter Beweis dafür, dass die EU eine Union der Gleichheit ist, und wir freuen uns darauf, dass Regenbogenfamilien ihr Recht auf Freizügigkeit und andere Grundrechte genauso genießen können wie alle anderen. Es ist wichtig, dass das Urteil unverzüglich umgesetzt wird, nicht nur für die kleine Sara und ihre Familie, sondern auch für andere Familien, die in der gesamten EU mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben."

Die beiden Mütter begrüßten in einer Erklärung "einen großen Schritt nach vorn für alle LGBT+-Familien in Bulgarien und Europa". Diese "Entscheidung wird sich auf das Leben von 100.000 bis 150.000 Kindern in der gesamten EU auswirken", reagierte auf Facebook die bulgarische Vereinigung für die Verteidigung der LGBT+-Rechte Deystvie.

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