Knöllchen-Wucher in Finnland? - "Mit 594 Euro hatte ich Glück"

Polizeikontrolle in Helsinki
Polizeikontrolle in Helsinki Copyright FRTV via EBU
Von Euronews mit FRTV
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Finnland hat ein gestaffeltes System für Bußgelder im Verkehrswesen. Davon "profitieren" Verkehrssünder mit niedrigen Einkommen. Der niedrigste Tagessatz liegt bei sechs Euro, kann aber auch im vierstelligen Bereich angesiedelt sein.

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Knöllchen haben in Finnland einen besonderen Stellenwert. Das Bußgeld für ein und dasselbe Verkehrsdelikt kann höchst unterschiedlich ausfallen. Beispiel Geschwindigkeitsüberschreitungen.

Ein Polizist sagte kurz und knapp bei einer Verkehrskontrolle in Helsinki: "Die Höhe richtet sich nach den monatlichen Einkünften."

Ein Kollege ergänzte: "In einem guten Beruf hat man ein höheres Einkommen, dann erhöht sich auch die Strafe. Der niedrigste Tagessatz beträgt sechs Euro, das ist also das Minimum. Es kann aber auch zehntausende Euro kosten."

Das Verfahren hat Tradition und wird in ähnlicher Form auch in anderen Ländern wie der Schweiz angewendet. Bis heute legendär ist in Finnland der Fall eines Managers aus dem Jahr 2002. Er war mit 75 statt der erlaubten 50 km/h unterwegs und musste dafür 116 000 Euro blechen.

Knöllchen über 594 Euro: "Damit hatte ich Glück"

Wesentlich glimpflicher kam der finnische Fotograf Roni Rekomaa davon, obwohl er weitaus schneller fuhr. Tempo 99 statt 50 km/h kosteten ihn 594 Euro: "Damit hatte ich Glück, weil ich durch die Covid-Krise keine Aufträge hatte. Ich hatte nichts zu tun und kein Geld. In diesem Jahr wäre das anders ausgegangen."

Aktuell müsste der Fotograf für dieselbe Überschreitung 2349 statt 594 Euro berappen, also ungefähr die vierfache Summe. In der Haupstadt Helsinki sind die Menschen geteilter Meinung über das gestaffelte System.

Eine Passantin meinte augenzwinkernd: "Wenn man gerne ein bißchen auf der Straße angibt, ist es nur gerecht, ein hohes Bußgeld zu bekommen."

Ein älterre Mann sagte dagegen: "Das kann radikale Folgen haben. Und ich weiß nicht, ob eine Strafe von sagen wir 5000 Euro einem Delikt wie zu schnelles Fahren gerecht wird."

Ob das Staffelsystem eine abschreckende Wirkung auf Raserinnen und Raser hat, ist nicht gesichert. Finnland verzeichnet vergleichweise weniger Verkehrstote als Frankreich und die meisten anderen europäischen Länder, aber mehr als in Deutschland oder Irland.

Bußgelder aus Finnland können ab einer Höhe von 70 Euro aufgrund des EU-Vollstreckungsabkommens in Deutschland eingefordert werden.

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