Kroatiens Präsident Milanović sorgt mit Nazi-Vergleich für Empörung

Der kroatische Präsident Zoran Milanović
Der kroatische Präsident Zoran Milanović Copyright Matias Basualdo/AP Photo
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Von Una Hajdari
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Die Aussage des kroatischen Präsidenten Zoran Milanović ist die jüngste in einer Reihe kontroverser Äußerungen im vergangenen Jahr.

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Der kroatische Präsident Zoran Milanović hat sich am Mittwoch mit einer Äußerung für Empärung gesorgt, als er den ukrainischen patriotischen Schlachtruf "Slava Ukraini" mit einem Nazi-Gruß verglich.

Bei einer Preisverleihung in der Hauptstadt Zagreb sagte Milanović vor Reportern, dass der ukrainische Slogan - der seit der russischen Intervention 2014 und erst recht seit der groß angelegten Invasion im vergangenen Jahr weit verbreitet ist - an die Ermordung von Juden und Polen während der Konflikte in Osteuropa zu Beginn des 20. Jahrhunderts erinnere.

"Das ist der Gesang der radikalsten Chauvinisten aus der Westukraine, die mit den Nazis kollaboriert haben, die Hunderttausende von Polen, Juden und allen anderen, die sie in die Finger bekamen, getötet haben", das seien "die Fakten", so Milanović auf der Veranstaltung.

"Slawa Ukraini", was übersetzt "Ruhm für die Ukraine" bedeutet und gewöhnlich von der Antwort "Ruhm für die Helden" begleitet wird, ist ein nationaler Gruß und der offizielle Schlachtruf der Streitkräfte der Ukraine.

Deren Präsident Wolodymyr Selenskyj beendet seine öffentlichen Reden regelmäßig mit diesem Satz, der im Land als Zeichen der nationalen Entschlossenheit allgegenwärtig geworden ist, ähnlich wie der britische Kriegsslogan "Keep Calm and Carry On". Er findet sich auf Plakatwänden, T-Shirts und sogar auf Bankkarten und ist vielleicht der bekannteste Spruch im öffentlichen Leben der Ukraine.

Milanović verglich ihn mit dem Spruch, den Sympathisanten des kroatischen Marionettenstaates aus dem Zweiten Weltkrieg, des so genannten Unabhängigen Staates Kroatien oder NDH, verwendeten. Er wurde von einigen der glühendsten Hitler-Anhänger Europas benutzt, die für brutale ethnische Säuberungsaktionen verantwortlich waren.

Piotr Hawałej/AP Photo
Ein Fan hält einen Schal mit der Aufschrift "Slava Ukraini" in die HöhePiotr Hawałej/AP Photo

"Es gibt keinen Unterschied zwischen dem Ruf 'Für das Vaterland, bereit!' und 'Ruhm der Ukraine'", betonte Milanović und bezog sich dabei auf einen Schlachtruf der Nazis aus der Zeit der NDH.

Die Parole wurde durch mehrere Entscheidungen des kroatischen Verfassungsgerichts für die öffentliche Verwendung verboten. In drei Fällen hat das Gericht die Verwendung des Slogans als Ausdruck einer rassistischen Ideologie gewertet.

Die Behauptungen von Milanović über "Slava Ukraini" spiegeln die Aussagen russischer Offizieller über den Gesang wider.

Dem Kreml zufolge wird er ausschließlich mit der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) in Verbindung gebracht, einer ukrainischen ultranationalistischen Organisation, deren radikale Fraktion unter der Führung von Stepan Bandera mit den Nazis kollaborierte.

AP/AP1941
Beratungen zwischen Adolf Hitler, Ante Pavelić (2.v.r.), Hermann Göring, Berghof, 6. Juni 1941AP/AP1941

Die als OUN-B bezeichnete Organisation verübte Massaker an Polen und beteiligte sich am Holocaust in der Ukraine.

Akademikern und Historikern zufolge ist "Slava Ukraini" älter als die OUN und wurde von dem ukrainischen Nationaldichter Taras Schewtschenko im 19. Jahrhundert erwähnt. Er wurde auch von verschiedenen ukrainischen Revolutionären und Aktivisten lange vor den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs verwendet.

Milanović behauptete fälschlicherweise, die beiden Ausdrücke seien gleich alt und verglich sie mit dem berüchtigten deutschen Nazi-Gruß. "Der kroatische Gruß ist so alt wie 'Slava Ukraini' und der 'Sieg Heil'-Gruß in Nazideutschland. Ich möchte [diese Gesänge] in Kroatien nicht mehr hören", sagte er.

Obwohl einige Kroaten behaupten, dass "Für das Vaterland, bereit!" auch vor dem Zweiten Weltkrieg verwendet wurde, weisen Historiker darauf hin, dass Kroatien bedeutende Gebiete kontrollierte, darunter nicht nur das heutige Kroatien, sondern auch Teile Bosnien und Herzegowinas sowie Serbiens.

Der Gruß erlebte während des Zerfalls Jugoslawiens in den 1990er Jahren ein Wiederaufleben und wurde vor allem von rechtsextremen Politikern und Paramilitärs während des Balkankonflikts verwendet.

Im Gegensatz zu "Slava Ukraini" wird "Für das Vaterland, bereit!" ausschließlich von ethnischen Kroaten verwendet, und zwar in der Regel in Zusammenhängen, in denen das Ziel darin besteht, sich im ethnischen Sinne über andere Gruppen zu setzen.

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Kroatiens Präsident Zoran MilanovićRonald Zak/AP Photo

Der kroatische Präsident kritisierte seine politischen Amtskollegen in Kroatien und darüber hinaus für die Verwendung der "Slava Ukraini"-Sprechchöre. "Die Tatsache, dass sich einige westliche Politiker, vor allem in Kanada, darauf eingelassen haben, bedeutet, dass sie entweder Analphabeten sind oder was auch immer, ich werde es nicht verwenden", so Milanović.

Die russische Regierung bezeichnet die ukrainische Regierung seit langem als "Nazis", um die ukrainische Staatlichkeit zu verunglimpfen, doch es ist unüblich, dass westliche Führer denselben Vorwurf erheben.

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Milanović ist ein langjähriges Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Kroatiens und wurde in der Vergangenheit für seine Unterstützung progressiver Anliegen und seine Kritik an Nationalisten gelobt. Von 2011 bis 2016 war er kroatischer Ministerpräsident und wurde weithin als Gegengewicht zur Mitte-Rechts-Partei Kroatische Demokratische Union angesehen.

Seine Wahl zum Präsidenten Ende 2019 führte zum Sturz der HDZ-Vorsitzenden Kolinda Grabar-Kitarović, die dafür kritisiert wurde, dass sie Kriegsverbrechen der kroatischen Armee herunterspielte und sich bei den Fürsprechern des kroatischen Nazi-Marionettenstaats einschmeichelte.

Milanović gewann die Wahl vor allem als Alternative zu Grabar-Kitarović, ist aber seither immer umstrittener geworden. Er liefert sich häufig öffentliche Wortgefechte mit Premierminister Andrej Plenković, der ihn kürzlich als "pathologischen Lügner" bezeichnete.

Er ist gegen die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Kroatien sowie gegen den Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens.

Im Jahr 2021 löste er einen diplomatischen Skandal aus, als er Österreichs Covid-19-Maßnahmen als gleichbedeutend mit einer "Rückkehr zum Faschismus" bezeichnete. Doch dies scheint seine Popularität nur noch zu steigern: In Umfragen Anfang Mai galt er als der beliebteste Politiker Kroatiens.

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