Wie leben die Menschen mit Russlands Angriffen im Osten der Ukraine? Euronews-Reporterin Valérie Gauriat hat in Selydowe verzweifelte Bewohnerinnen und Bewohner getroffen - 20 Kilometer von der Front entfernt.
In Selydowe in der Region Donezk im Osten der Ukraine stehen die Menschen Schlange, um Hilfsgüter zu bekommen: Holzplatten, Decken. Die Kleinstadt ist etwa 20 Kilometer von der Front entfernt. Zuletzt wurde Selydowe von vier russischen Raketen getroffen.
Ulia Antoniwna hat in ihrem Leben schon viel mitgemacht. Von den Russen sagt sie: "Sie bombardieren uns jeden Tag, millionenfach! Gott wird sie eines Tages dafür bestrafen!"
"Wir können nachts nicht schlafen"
Auch Kateryna findet, dass es zuletzt schlimmer geworden ist mit dem Beschuss. Sie zeigt Euronews ein Video ihres zerstörten Hauses und erklärt: "Zwei Raketen sind in unserer Straße eingeschlagen. Sie ist völlig zerstört. Unser Haus ist teilweise eingestürzt. Die Bombenangriffe werden stärker. Wir haben in der vergangenen Nacht nicht geschlafen. Es gab immer wieder Einschläge, bis 4.00 Uhr morgens. Früher haben wir die Explosionen gezählt. Jetzt sind es mehr als 30 pro Nacht. Niemand hält es mehr aus".
Selydowe liegt nicht weit entfernt von Awdijiwka
Der jüngste Angriff auf Selydowe - nicht weit von Awdijiwka - hat das Krankenhause schwer beschädigt, in einem Wohnhaus kamen drei Personen ums Leben - darunter ein Kind. Mindestens 12 Personen wurden verletzt.
Auch am Tag danach suchen Rettungskräfte in den Trümmern nach Überlebenden.
Inna Serikova sagt, dass ihre Tochter den Angriff nur knapp überlebt hat. Sie zeigt Euronews ihre Wohnung. "Wir haben die Fenster abgedichtet. Meine Tochter hat hier geschlafen. Die Scheiben sind zersplittert. Und die Tür fiel auf sie, in ihr Bett".
"Wir gehen weg, aber wir wissen nicht wohin"
Jetzt möchte Inna weg von der Front, doch wie sie das organisieren wird, ist noch unklar. "Wir werden erst mal eine Wohnung mieten. Ich hoffe, dass wir dort unsere Ruhe haben. Und dass wir wieder hierher kommen können."
"Jeden Tag hoffen wir, dass es bald aufhört"
Optimistisch ist Inna kaum noch: "Jeden Tag hoffen wir, dass es bald aufhört. Aber ich weiß nicht... Sonst wird alles zerstört".
Euronews-Reporterin Valérie Gauriat erläutert: "Die Rettungskräfte wollen keinen Kommentar abgeben, aber ohne Kamera erzählen sie mir, dass solche Szenen sehr häufig vorkommen. Sie sind mehrmals im Monat im Einsatz und es ist nicht die schlimmste Situation, mit der sie zu tun haben. Die Bewohner, ob sie nun gehen oder bleiben wollen, sagen jedenfalls, dass sie kein baldiges Ende dieses Krieges erwarten, der ihnen in den letzten zwei Jahren keine Ruhe gelassen hat."