UNO warnt vor grassierender Armut in Europa

UNO warnt vor grassierender Armut in Europa
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Von Gregoire Lory

Die Covid-Krise löst in Europa zwei Armutswellen aus. Inzwischen lebt jeder Fünfte in der EU an der Armutsgrenze.

Die Covid-Krise hat viele Menschen in Europa in Armut gestürzt - innerhalb weniger Monate nur erlebten einige den Ruin. Einer von ihnen ist der alleinstehende Raymond Jacquet aus Verviers in Belgien. Der ehemailge Buchhändler bezieht eine kleine Rente, die er bislang durch Buchverkäufe auf Flohmärkten aufbesserte. Diese Zusatzeinnahmen sind nun verschwunden. Dazu kommt seine Einsamkeit.

Wirtschaftliche Armut sei vor allem eine soziale, so sagt er. Und diese soziale Armut wiege sehr schwer. Jeder brauche den Kontakt mit anderen Menschen. Doch dieser finde nicht länger statt, man sterbe allein in seinem Zimmer. Er lebe allein in einer kleinen Wohnung für 400 Euro. Er werde eines Tages an Einsamkeit sterben.

Heute kann er sich kein neues Buch mehr leisten. Seine monatlichen Ausgaben sind bis auf den letzten Cent verplant.

Neulich habe er sich eine Pizza gekauft - für 6 Euro 50. Für sein Budget eine enorme Ausgabe. Ab und zu wolle er sich das leisten, aber er kaufe lieber Eier, Tomaten und Kartoffeln für ein Frikassee. Viel anderes könne er nicht machen.

Im vergangenen Herbst erkrankte er an Covid. Die meiste Zeit verbrachte Raymond seitdem zu Hause. Hier kann er sich Essen machen, sich waschen und versorgen - genug, um seine Würde zu behalten, zu wenig, um Lebenskraft zu gewinnen.

Es sei elend - elend und traurig. Gelegentlich zerbreche er daran und frage sich, ob es wohl jemals besser werde.

Von der Finanzkrise 2008 bis zur Coronavirus-Krise ist es Europa nicht gelungen, die Armut einzudämmen. Jeder fünfte Bürger lebt heute an der Armutsgrenze. Nun droht eine soziale Krise nie gekannten Ausmaßes, so der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, Olivier De Schutter.

Die Krise komme in zwei Wellen. Es gebe bereits zahlreiche Menschen, die einen Einnahmeverlust hätten hinnehmen müssen. Viele von ihnen hätten bereits zu Geringverdienern gehört. Nun komme eine Welle von Entlassungen auf uns zu, wenn zahlreiche Firmen zumachen müssten, da die staatliche Unterstützung schrittweise auslaufe. Unglücklicherweise stehe eine große Zahl von Unternehmen vor der Pleite - zu befürchten sei daher eine deutliche Zunahme der Armut bis zum Ende des Jahres.

Nach Meinung des UN-Berichterstatters solle die EU soziale Ausgaben nicht länger als langfristige Schulden betrachten, sondern als langfristige Investitionen.

Journalist • Stefan Grobe

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