Massenexodus, Machtspiele, Massenproteste: Das Jahr 2017

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Von Euronews
Massenexodus, Machtspiele, Massenproteste: Das Jahr 2017

Massenexodus der Rohingya

Nach Militärmassakern Ende August wegen tödlicher Angriffe von Rohingya-Rebellen fliehen mehr als 600.000 Menschen aus Myanmar ins Nachbarland Bangladesch. Sie harren in überfüllten Flüchtlingslagern aus.

Unsere Reportage aus dem Flüchtlingslager Kutupalong

Bis zum 19. September schweigt Myanmars faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Dann verurteilt die Friedensnobelpreisträgerin in einer Ansprache die Menschenrechtsverletzungen und verspricht, eine friedliche Lösung zu suchen – relativiert aber auch das Ausmaß der Gewalt.

UNO-Generalsekretär António Guterres nimmt die Rede am selben Tag vor der Vollversammlung zur Kenntnis, fordert ein Ende der Gewalt und Zugang für Hilfsorganisationen in die Unruheregion Rakhine in Myanmar.



Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel besuchen im November das Flüchtlingslager in Bangladesch und sagen finanzielle Hilfe zu. Wenige Tage später vereinbaren Myanmar und Bangladesch die Rückführung der Flüchtlinge – ohne nähere Details.

Kurz darauf besucht Papst Franziskus Myanmar, trifft Aung San Suu Kyi, hält eine öffentliche Messe und ruft zu Frieden und Versöhnung auf. Das Wort Rohingya vermeidet er und spricht es erst auf der Weiterreise in Bangladesch aus.

Mehr zur Rechtfertigung des Papstes gegenüber der Kritik


Trump poltert durch die Weltgeschichte


Donald Trump macht die Schotten dicht: Kaum im Amt, beschränkt der US-Präsident Ende Januar die Einreise aus Ländern mit muslimischer Mehrheit. Sein Wahlversprechen war, Terroristen nicht in die USA hineinzulassen. Eine Protestwelle überzieht das ganze Land – an den Flughäfen, auf der Straße … und vor Gericht. Ein Bundesrichter in Seattle setzt das Dekret Anfang Februar aus, andere folgen ihm, weil sie es als diskriminierend ansehen. Nach langem juristischen Hin und Her gibt der Oberste Gerichtshof Trump vorläufig Recht. Ein drittes Dekret bezieht neben den muslimischen Staaten auch Nordkorea und Venezuela ein.

Auch mit seinen Plänen für eine Mauer gegen Mexiko prescht Trump voran. Im Kongress streitet man über das Budget – doch die ersten Prototypen werden bestellt. Trump bekräftigt gegenüber Journalisten: Ohne die Mauer werde es viele Unglückliche geben, ihn eingeschlossen. Die Mauer werde gebaut.

Verprellt hat der amerikanische Präsident auch die sogenannten Dreamer – hunderttausende Kinder illegaler Einwanderer, die unter Obamas DACA-Programm vor Ausweisung geschützt waren. Die Regierung Trump hat das Programm mit einer Übergangsfrist ausgesetzt.



Kim Jong Un fordert die ganze Welt heraus

Ein anderer Provokateur: Kim Jong Un. Im Februar schießt Nordkorea – mal wieder – eine Rakete ab. Sie kann angeblich Atomsprengköpfe befördern. Um die Resolutionen der UN, die dies verbieten, schert der nordkoreanische Machthaber sich nicht. Donald Trump kündigt eine harte Antwort an. Ende April startet der US-Flugzeugträger “USS Carl Vinson” nach Südkorea – nachdem er offenbar wegen eines Missverständnisses erst in die falsche Richtung fuhr. Zum amerikanischen Nationalfeiertag am 4. Juli zündet Pjöngjang eine Interkontinental-Rakete, eine Rakete mit besonders hoher Reichweite. Der UN-Sicherheitsrat beschließt daraufhin Anfang August neue wirtschaftliche Sanktionen gegen Nordkorea, auch der Ton in Washington wird schärfer …

… während man in Pjöngjang demonstrativ die Bevölkerung aufmarschieren lässt, mit Raketen gegen US-Territorium droht – und weitere Raketen abschießt, wie Ende August die, die über Japan fliegt, bevor sie ins Meer stürzt. Wenige Tage später meldet Nordkorea einen erfolgreichen unterirdischen Test einer Wasserstoffbombe.



Vor dem Weltsicherheitsrat droht Trump am 19. September, Nordkorea komplett zu zerstören – Kim sei auf Selbstmord-Mission…


Trump lässt den Jerusalem-Streit hochkochen


Doch zunächst einmal schafft der US-Präsident neue Fakten in Nahost und erkennt im Dezember Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels an. Damit bricht er mit der Politik seiner Vorgänger. Während Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu von einem historischen Tag spricht, verurteilt Palästinenserpräsident Machmud Abbas die Entscheidung – die USA gäben ihre historische Rolle als Friedensvermittler auf. Hamasführer Ismail Haniyeh ruft zu einer neuen Intifada auf.

8. Dezember: Tag des Zorns der Palästinenser – in Jerusalem, im Westjordanland, im Gazastreifen. Es gibt Tote und Verletzte.



Bei der Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrates bekräftigen die Botschafter Deutschlands, Großbritanniens, Schwedens und Italiens, dass Trumps Entscheidung nicht mit den Resolutionen des Weltsicherheitsrates übereinstimme. Ihre amerikanische Kollegin erwidert, man bleibe dem Friedensprozess verpflichtet.



Rückschläge für den “Islamischen Staat”

Im Juli feiern die irakischen Truppen ihren Sieg in Mosul. Nach drei Jahren ist die zweitgrößte Stadt des Irak aus den Händen des selbsternannten Kalifats befreit. Ein Trümmerhaufen nach neun Monaten Gefechten. Zigtausende Zivilisten waren laut UNO als menschliche Schutzschilde von den IS-Kämpfern missbraucht worden.



Rakka in Syrien wird im Oktober von den mehrheitlich kurdischen, von den USA unterstützten Kämpfern der “Syrian Democratic Forces” aus den Händen des IS befreit.
Zurück bleibt auch hier ein Schutthaufen.



Maduros Griff nach der Macht


Internationale und nationale Proteste, nachdem Ende März der Oberste Gerichtshof Venezuelas dem Parlament, der Nationalversammlung, die Macht entzieht und auf sich selbst überträgt. Julio Borges, Präsident der Nationalversammlung zerreißt vor laufender Kamera die Anordnung der Richter. Die Parlamentierer und Regimekritiker sprechen von einem Staatsstreich Nicolás Maduros.



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Maduro ordnet Anfang Mai die Wahl einer Verfassungsgebenden Versammlung an. Bei den gewaltsamen Protesten, den heftigsten gegen Maduro und sein Regime, kommen in den folgenden Wochen und Monaten etliche Venezolaner ums Leben.



Trotz der Proteste wird Ende Juli die Verfassungsgebende Versammlung gewählt – offiziell mit einer Wahlbeteiligung von rund vierzig Prozent. Die Opposition erkennt das Ergebnis nicht an.

Die erste Entscheidung der neuen Versammlung Anfang August: Generalstaatsanwältin Luisa Ortega abzusetzen. Sie wollte die Auflösung des Parlaments nicht anerkennen. Aus dem Exil heraus wirft sie Maduro Korruption und Menschenrechtsverletzungen vor und will stichhaltige Beweise vorlegen.



Das Europaparlament ehrt die venezolanische Opposition – Parlamentarier, Regimegegner, Inhaftierte – Mitte Dezember mit dem Sacharow-Preis für geistige Freiheit.