Er hatte keine Sekretärin: Lungenarzt entschuldigt Rechenfehler

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Von lif mit taz, dpa
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Dieter Köhler, der Lungenfacharzt, der mit einer Stellungnahme im vergangenen Januar eine große Diskussion über Feinstaub- und Stickoxid-Grenzwerte auslöste, hat sich verrechnet und Fehler eingeräumt.

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Dieter Köhler, der Lungenfacharzt, der mit einer Stellungnahme im vergangenen Januar eine große Diskussion über Feinstaub- und Stickoxid-Grenzwerte auslöste, hat sich verrechnet. Der Tageszeitung taz zufolge beruhte eine von ihm verfasste Schrift auf falschen Annahmen und Rechenfehlern.

Am 23. Januar veröffentlichte Köhler mit einigen Co-Autoren eine Stellungnahme auf der Seite lungenaerzte-im-netz.de, in der er anzweifelte, dass die aktuellen Grenzwerte für Stickoxide (NOx) und Feinstaub wissenschaftlich haltbar seien.

Rund 100 der knapp 4000 Lungenärzte in der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie unterschrieben das Schriftstück.

Er sehe keine wissenschaftliche Begründung für die Grenzwerte, sagte Köhler darin und Empfahl, eine Rechtsvorschrift für aktuelle Grenzwerte auszusetzen. Um seine Aussagen zu unterstreichen, verglich Köhler die Schadstoffbelastung in Innenstädten mit der durch Zigarettenrauch. Jemand, der 80 Jahre lang an einer viel befahrenen Straße wohne, atme so viele Stickoxide ein, wie ein starker Raucher in nur zwei Monaten, so Köhler.

Köhler räumt Fehler ein

Dass dieses Gleichnis nicht stimmen kann – das oft in den deutschen Medien zitiert und von vielen Wissenschaftlern heftig kritisiert wurde –, stellte die taz in dieser Woche fest. Sowohl ungenaue Grundannahmen als auch Rechenfehler sorgten der taz zufolge dafür, dass Köhler sich um den Faktor 200 bis 1000 geirrt hat.

Genauer gesagt: Sieht man davon ab, dass viele Experten den Vergleich von verschmutzter Luft mit Zigarettenrauch für unangebracht halten, hätte ein starker Raucher nicht nach zwei Monaten, sondern nach sechs bis 32 Jahren so viele Schadstoffe eingeatmet, wie ein 80-Jähriger, der an einer viel befahrenen Straße wohnt. Dem taz-Artikel zufolge ist das nicht der einzige Fehler, den Köhler gemacht hat.

Als die Zeitung den emeritierten Professor für Lungenheilkunde auf die Fehler ansprach, zeigte der sich überrascht. Seine Erklärung: „Ich mache ja praktisch alles allein und habe nicht einmal mehr eine Sekretärin als Rentner.“

Die Grenzwerte bleiben unverändert

Nachdem bekannt geworden war, dass sich mehr als 100 Lungenfachärzte hinter die Erklärung Köhlers gestellt hatten, entbrannte eine Grundsatzdiskussion darüber, ob die Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub haltbar sind. Unter anderem bilden sie die Basis für die umstrittenen Dieselfahrverbote in deutschen Städten.

Vertreter der Großen Koaliton gaben dpa-Informationen zufolge jetzt bekannt, dass keine Änderungen an den bestehenden Grenzwerten für den Stickoxid-Ausstoß vorgenommen werden.

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