Kann der Euro mit dem US-Dollar als Leitwährung konkurrieren?

Mit Unterstützung von The European Commission
Kann der Euro mit dem US-Dollar als Leitwährung konkurrieren?
Von Oleksandra Vakulina
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Ein starker Euro stärkt das Wachstum in Europa.

Der Euro wird von 340 Millionen Bürgern in 19 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verwendet und ist die zweithäufigste gehandelte Währung der Welt. Aber wie kann der Euro den US-Dollar als Leitwährung herausfordern, wenn viele europäische Unternehmen wenig Grund sehen, auf den Euro umzustellen?

Euronews-Reporterin Sasha Vakulina: "In seiner jährlichen Rede zur Lage der Europäischen Union hat der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker eine möglichst rasche Einführung des Euro in alle EU-Staaten gefordert, um den US-Dollar als Leitwährung herauszufordern. Der Euro ist zwar eines der wichtigsten Symbole der Europäischen Union, aber viele EU-Unternehmen nutzen den Dollar. Thema dieser Folge von Real Economy ist, wie der Euro mit dem US-Dollar konkurriert."

Crashkurs Euro

Mehr als die Hälfte aller Importe in die EU wurden 2016 in US-Dollar abgerechnet. Gleichzeitig wurde nur ein Drittel der in die EU eingeführten Waren in Euro umgerechnet.

Drei Sektoren werden vom US-Dollar dominiert: Energie, Rohstoffe und Verkehr. Im Energiebereich werden über 80 Prozent der europäischen Energieimporte in US-Dollar veranschlagt und bezahlt, obwohl sie hauptsächlich aus Russland, dem Nahen Osten und Afrika stammen. Das sind 240 Milliarden Euro der gesamten Energiekosten der vergangenen fünf Jahre.

Ähnlich verhält es sich bei den Rohstoff- und Lebensmittelmärkten. Im Transportbereich erfolgt die Rechnungslegung im Flugzeugbau fast ausschließlich in US-Dollar. Bei den Exporten kehrt sich das Bild um: Fast die Hälfte der Waren, die die EU-28 verlassen, werden in Euro fakturiert, ein Drittel in US-Dollar.

Handelsdrehkeuz Antwerpener Hafen

Nach einer 2016 veröffentlichten Studie der Europäischen Kommission fakturieren große Unternehmen weniger in Euro. Sollten dann nicht kleine und mittlere EU-Unternehmen eher bereit sein, die einheitliche Währung zu nutzen? Charlotte Kan recherchierte am Hafen von Antwerpen: Von dort werden viele europäische Waren weltweit exportiert."

Schokolade ist einer der belgischen Exportschlager: Jährlich produziert die "Belgian Chocolate Group" über 8000 Tonnen in ihren Fabriken, unter anderem hier in Olen im Norden des Landes. Die Schokoladen werden in fast 100 Ländern verkauft:

"Wäre der Euro international besser etabliert, würde das definitiv mehr Wachstum für unser Unternehmen und andere europäische Unternehmen bedeuten. Wir wären wettbewerbsfähiger im Vergleich zu US-Unternehmen und es würde den Verkaufsprozess erheblich erleichtern", sagt der Direktor des Asienmarktes David Vermeire.

Ein Fünftel der Produktion wird nach Asien exportiert: "Beim Handel mit Asien verwenden wir immer Euro, das ist unsere Firmenpolitik, denn es erleichtert die Verwaltung", so Vermeire.

Etwa die Hälfte der Exporte der Europäischen Union werden in Euro abgerechnet, ein Drittel in US-Dollar. In den USA hingegen werden die meisten Exporte in der lokalen Währung berechnet.

Francesco Papadia, Senior Resident Fellow vom Bruegel-Institue erklärt: "Was haben die USA vom Nutzen des Dollars als globale Leitwährung? Der Handel ist in dieser Hinsicht ein sehr wichtiger Bereich und in der eigenen Währung abzurechnen, hilft natürlich Importeuren und Exporteuren und vor allem kleinen und mittleren Unternehmen. Erstens fällt das Wechselkursrisiko weg und zweitens ist es finanziell von Vorteil, denn Handelskredite und alle Arten von Finanzierungen in der eigenen Landeswährung sind praktischer."

Mit einer Fläche von über 13.000 Hektar ist der Antwerpener Hafen durch seine ideale Lage an der Schelde und den Zugang zur Nordsee ein wichtiges maritimes Drehkreuz. Der elftgrößte Hafen der Welt ist Europas zweitwichtigster Hafen für den Warenverkehr:

"Der Hafen von Antwerpen ist der Ort, an dem belgische Schokolade - wie so viele andere in Europa hergestellte Waren - ihr Heimatland verlassen, um weltweit exportiert zu werden. Würde es nicht europäischen Exporteuren helfen, wenn die einheitliche Währung eine größere Rolle spielen würde, anders ausgedrückt, gäbe es vielleicht mehr Wachstum in Europa?", so euronews-Reporterin Charlotte Kan.

Rolle des Euro

Die internationale Rolle des Euro wird nicht nur am Handel gemessen. Unternehmen und ausländische Regierungen verwenden den Euro für die Emission von Schuldtiteln: Ende 2017 waren mehr als 20 Prozent der auf internationalen Märkten ausgegebenen Schuldtitel in Euro. Bei den internationalen Reserven der ausländischen Zentralbanken macht der Euro rund 20 Prozent aus.

Interview mit dem EU-Kommissar Valdis Dombrovskis

Im lettischen Riga trafen wir den Euro-Verantwortlichen zum Interview. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds sinkt der Anteil des US-Dollars an den Währungsreserven, während der Anteil des Euros steigt.

Euronew-Reporterin Sasha Vakulina:**"**Bei mir im Rahmen von Real Economy auf euronews ist jetzt Valdis Dombrovskis, er ist einer der Vizepräsidenten der Europäischen Kommission und als Kommissar für den Euro und den sozialen Dilaog verantwortlich. Vielen Dank, dass Sie bei uns sind."

Valdis Dombrovskis:"Guten Tag."

Euronews:"Wie interpretieren Sie diese Daten des aktuellen Berichts des Internationalen Währungsfonds?"

Valdis Dombrovskis:"Da spielen eine Reihe von Faktoren eine Rolle. Meiner Meinung nach ist es auf jeden Fall ein Hinweis darauf, dass der Euro trotz seines jungen Alters - der Euro ist gerade mal 20 Jahre alt - bereits eine erfolgreiche Währung und eine starke Weltwährung ist. Ein weiterer Faktor ist auch, dass wir in den vergangenen Jahren viele einseitige Aktionen der US-Seite im Handel, bei Dollar-basierten Transaktionen, gesehen haben, das könnte die Umstellung auf den Euro erleichtern."

Euronews:Die Europäische Kommission stellt in ihrer jüngsten Mitteilung fest, dass die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie der Bankenunion zur Stärkung der internationalen Rolle des Euro beitragen würde."

Valdis Dombrovskis:"Das ist einer der Faktoren. Für uns ist das mehr eine Grundlage für mehr zielgerichtetes Handeln. Denn klar ist, dass der Euro, wenn er international stark sein soll, in erster Linie im Inland stark sein muss. Und genau an diesem Punkt setzt die Agenda zur Vollendung der Bankenunion, zur Vollendung der Kapitalmarktunion an. Außerdem gibt es Vorschläge, wie die Widerstandsfähigkeit der Eurozone und der Volkswirtschaften des Euroraums gestärkt werden können."

Euronews:"Die Kommission hat mehrere gezielte Konsultationen eingeleitet, um zu untersuchen, wie man die internationale Rolle des Euro in bestimmten Sektoren stärken kann. Wäre es sinnvoll, Vorschriften einzuführen und die Unternehmen in gewisser Weise zu zwingen, mehr den Euro zu verwenden?"

Valdis Dombrovskis:"Wenn wir die internationale Rolle des Euro stärken wollen, glaube ich nicht, dass wir Unternehmen außerhalb Europas zwingen können, den Euro zu wählen. Es ist Sache der Unternehmen, Entscheidungen zu treffen, und außerhalb Europas können sie auch den Dollar oder die entsprechende Landeswährung wählen, es ist ihre Entscheidung. Unser Ansatz ist nicht, die Dinge durch Verordnungen zu ändern, sondern wir wollen vielmehr die richtigen Anreize für die Marktteilnehmer und auch für die Unternehmen schaffen. Sie sollen sehen, dass sie sich auf den Euro verlassen und vor einem unilateralen Vorgehen geschützt werden können, wie die USA es derzeit in einer Reihe von Fällen machen und in gewissem Sinn sogar Dollartransaktionen als Waffe bzw. Einflussinstrument nutzen."

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