In Afghanistan haben Sturzfluten nahe der Hauptstadt Kabul mehr als 100 Menschen in den Tod gerissen
In Afghanistan haben Sturzfluten nahe der Hauptstadt Kabul mehr als 100 Menschen in den Tod gerissen. Die nationale Katastrophenschutzbehörde meldete mehr als 250 Verletzten in der Provinz Parwan. Die Opferzahlen könnten im Laufe der Woche noch steigen, hieß es.
Mitten in der Nacht wurden die Bewohner in der Region Parwan von plötzlichen Überschwemmungen überrascht. Gleich an mehreren Orten waren die Fluten durch Wohnviertel der Provinzhauptstadt Tscharikar gerauscht. Die gewaltigen Fluten spülten mehr als 500 Häuser weg und zerstörten Wege und Straßen.
Viele Kinder, die unter den Schlammlawinen begraben wurden, konnten nur leblos geborgen werden.
Khalil Fasli, ein Provinzrat in Parwan, beschrieb Szenen des Horrors in der Nacht. "Überall war Dunkelheit und Angst. Die Menschen haben sich völlig verirrt, um zu einigen rettenden Plätzen zu gelangen, und drifteten so im Wasser ab. Wenn eine Mutter versuchte, eines ihrer Kinder zu retten, hat ihr die Flut bereits ein weiteres Kind genommen."
Tscharikar liegt von Bergen umgeben nördlich von Kabul.
Fernsehbilder des TV-Senders "Tolonews" zeigten Bagger und Helfer, die am Morgen in eingestürzten Häusern und unter Erdmassen nach Opfern suchten. Dutzende Angehörige warteten vor Krankenhäusern und suchten nach ihren Familien. Doch die Behörden sahen wenig Überlebenschancen und rechnen mit steigenden Opferzahlen. Die Katastrophe übersteige die Hilfsmöglichkeiten vor Ort. Den Familien wurde schnelle finanzielle Hilfe versprochen.
Taliban, Corona, Katastrophen - Afghanistan kommt nicht zur Ruhe
Die Katastrophe trifft Afghanistan zur Unzeit. Die Wirtschaft wurde durch die Corona-Pandemie stark getroffen, viele Menschen leiden unter den gestiegenen Lebensmittelpreisen. Mehr als 14 Millionen Menschen sind laut UN auf humanitäre Hilfe angewiesen. Trotz geplanter Friedensgespräche zwischen der Regierung und den islamistischen Taliban geht der Konflikt im Land brutal weiter. Im Nordosten flohen in den letzten zehn Tagen alleine mehr als 50.000 Menschen vor Kämpfen aus ihren Dörfern und Städten.
Das Unglück in Parwan erinnert an die schweren Sturzfluten in Afghanistan im Frühjahr 2019. Mehr als 10.000 Häuser wurden damals laut dem UN-Nothilfebüro Ocha zerstört, rund 180.000 Menschen waren von den Fluten betroffen. In Parwan befürchten die Behörden, dass die Opferzahlen stark steigen werden. Die Bergungsarbeiten könnten noch viele Tage dauern.