Forscher:innen wollen herausfinden, wie schnell das Abschmelzen des grönländischen Eisschildes tatsächlich passiert, denn so könnten sie den künftigen Anstieg des Meeresspiegels besser vorhersagen.
Nach drei Jahren coronabedingter Pause haben Forscher:innen ihre Arbeit auf einer Basis hoch oben auf dem grönländischen Eisschild wieder aufgenommen. Sie wollen herausfinden, wie schnell das Abschmelzen dort tatsächlich passiert, denn so könnten sie den künftigen Anstieg des Meeresspiegels besser vorhersagen.
Die Forscher:innen vermuten, dass rund Hälfte der Masse abschmelzenden Eisschilds unter der gefrorenen Oberfläche verloren geht, und zwar durch schnell fließende Eisströme, die direkt in den Ozean münden.
Um dieser Frage im wahrsten Sinne auf den Grund zu gehen, entnehmen sie Eiskernproben - so tief wie möglich. Sie hoffen, dass sie irgendwann die gesamte 2.550 Meter dicke Eisdecke durchbohren und auf den Felsboden stoßen werden, vielleicht schon im kommenden Jahr.
"Es ist wirklich wichtig, dass wir mit dem Eisbohrer bis zum Grundgestein vordringen, um zu sehen, ob es dort Wasser gibt oder ob das Eis tatsächlich dort festgefroren ist. (...) Das ist etwas, was wir nicht wissen", erklärt Anders Svensson, Außerordentlicher Professor vom Niels-Bohr-Institut an der Universität Kopenhagen.
Aber die Arbeit um den Gefrierpunkt bringt noch andere Herausforderungen mit sich, so Svensson:
"Wenn das Eis an der Oberfläche schmilzt und wir all diese warme Luft hereinbekommen, ist es wirklich schwierig, die Eiskerne kalt genug zu halten (...) Das andere Problem ist die Logistik, damit die Flugzeuge auf dem Inlandeis landen können. Wenn das Eis kurz vor dem Schmelzen ist, wird es sehr klebrig, und die Skier bleiben hängen, und auch die Flugzeuge brechen die Piste auf, so dass Starts und Landungen schwierig sind."
Das Abschmelzen des riesigen grönländischen Eisschildes ist eines der sichtbarsten Anzeichen für die globale Erwärmung und die geht in der Arktis mehr als doppelt so schnell vonstatten als im Rest der Welt:
"Diese Eisplatte war wie eine gesunde Bankbilanz. Der Schnee, der darauf fiel, wurde durch die Schmelze und das Kalben der Eisberge an den Rändern ausgeglichen. Aber in den letzten zwei Jahrzehnten ist der Kontostand ernsthaft ins Minus gerutscht. Im Grunde bedeutet das, dass der Eisschild an Masse verliert und nun den größten Beitrag zum globalen Meeresspiegelanstieg leistet", schließt Alun Hubbard, Professor für Glaziologie von der Universität von Tromsö.