Warum sind Vulkanaschewolken für Flugzeuge gefährlich?

In Kamtschatka sorgt der Ausbruch des Vulkans Schiwelutsch für Chaos
In Kamtschatka sorgt der Ausbruch des Vulkans Schiwelutsch für Chaos Copyright Alexander Ledyayev via AP
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Von Cornelia Trefflich
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Mehr als hundert Zwischenfälle mit Flugzeugen und Vulkanasche sind seit den 1950er Jahren dokumentiert worden. Doch warum ist Vulkanasche eigentlich so gefährlich für Flugzeuge? Und wie können Flugzeuge sie vermeiden?

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Am vergangenen Dienstag hat der Vulkan Schiwelutsch, auf der russischen Halbinsel Kamtschatka, für den größten Ascheregen seit 60 Jahren gesorgt. Die nur 47 Kilometer vom Vulkan entfernt gelegene Ortschaft Kljutschi wurde innerhalb weniger Stunden von einer 4,5 Zentimeter hohen Ascheschicht bedeckt. Die Aschewolke erreichte eine Höhe von bis zu 20 Kilometern.

Mike Burton, Professor für Vulkanologie an der Universität Manchester, erklärt, dass der Ausbruch des Schiwelutsch, global gesehen, kaum Auswirkungen haben werde: “Die größten Auswirkungen sind die Ascheablagerungen, die zwar störend und lästig sind, aber keine größeren Folgen haben. Es bleibt also bei regionalen Auswirkungen durch die Asche in der Atmosphäre.”

Ganz im Gegensatz zum Vulkanausbruch des Pinatubo 1991 auf den Philippinen, der dafür sorgte, dass sich die Atmosphäre wegen des Aerosols in der Stratosphäre, das die Sonneneinstrahlung reflektierte, um ein halbes Grad abkühlte.

Vulkanaschewolken: eine ernste Gefahr für den Flugverkehr

Zu den regionalen Auswirkungen gehört auch der Flugverkehr. Für ihn wurde die höchste Alarmstufe Rot ausgerufen. Vulkanaschewolken stellen eine ernste Gefahr für die Luftfahrt dar. Sie beeinträchtigen nicht nur die Sicht der Piloten, sie können auch ernsthafte Schäden an der Flugsteuerung hervorrufen und zum Ausfall von Triebwerken führen:

“Sie haben ein Problem, wenn Sie ein Düsentriebwerk fliegen, das sehr heiße Teile und kühlere Teile hat. Wenn ein Fugzeug durch eine Aschewolke fliegt, nimmt es die Asche auf und sie schmilzt. Die Aschepartikel werden so heiß, dass sie zu einer Flüssigkeit schmelzen und sich in den kühleren Teilen des Triebwerks wieder verfestigen. Und diese Ansammlung kann dazu führen, dass sie die Düsen verstopfen und sie blockieren. Und wenn die Triebwerke ausfallen, kann das Flugzeug abstürzen", sagt Burton.

Moises Castillo/Copyright 2021. The AP. All rights reserved
Ein Flugzeug bedeckt mit Vulkanasche in Guatemala Stadt, 23.03.2021Moises Castillo/Copyright 2021. The AP. All rights reserved

Mehrere Beinahunfälle durch Vulkanasche

So war bereits 1982 eine Boeing 747-200 der British Airways auf ihrer Reiseflughöhe in eine Aschewolke des Vulkans Galunggang über Indonesien gelangt. Alle Triebwerke versagten und das Flugzeug ging in einen steilen Sinkflug, bevor den Piloten in rund 4000 Metern Höhe gelang, die Motoren wieder zu starten und in Jakarta sicher notzulanden.

Sieben Jahre später kam es erneut zu einer dramatischen Notlandung einer KLM-Maschine in Alaska, deren Triebwerke nach dem Durchfliegen einer Aschewolke des Vulkans Mount Redoubt ausgefallen waren.

Das Problem dabei: für die Piloten unterscheiden sich die Aschewolken kaum von Wasserdampfwolken und der bordeigene Wetterradar erkennt sie nicht - denn auch Tage nach den Ausbrüchen bleiben Mikroteilchen mit etwa einem Hundertstelmillimeter Durchmesser in der Luft, die sich über riesige Flächen verteilen.

Nach Angaben der Behörde US Geological Survey sind zwischen 1983 und 2009 129 Zwischenfälle mit Flugzeugen und Vulkanasche dokumentiert worden.

Jack Smith/AP
Leslie Zumwalt säubert die Scheibe eines Sportflugzeugs in Vancouver, 1980Jack Smith/AP

Die Beinahfluzeugunfälle durch Vulkanasche in der Atmosphärenschicht brachten das Thema jedoch auf den Radar der Flugsicherheit:

“Diese Ereignisse in den achtziger Jahren waren wie ein Warnzeichen, dass die Dinge schrecklich schief gehen könnten, wenn wir nicht verhindern, dass wir die Flugzeuge nicht von der Aschewolke wegsteuern. (...) Bisher hat es keinen einzigen Todesfall durch einen Flugzeugabsturz gegeben, der auf Vulkanasche zurückzuführen ist. Und das liegt zum großen Teil daran, dass wir besser in der Lage sind, sie zu vermeiden. Dank der Satellitendaten können wir sehen, wo sie sind.”

Satellitenbilder als "richtige Revolution"

Auf Satellitenbildern sind die gefährlichen Partikel zu erkennen, eine “richtige Revolution”, nennt Professor Burton die neuen Möglichkeiten der Erdbeobachtung vom Weltraum aus, die sich in den vergangenen 20 Jahren entwickelt haben:

"Vor allem die Europäische Weltraumorganisation hat wirklich gute Arbeit geleistet, um diese (Satelliten) zu produzieren. Eine neue Gruppe, ein neues Team von Satelliten namens Sentinel. Und diese haben uns viel mehr Möglichkeiten eröffnet, wie wir die Überwachung vom Weltraum aus durchführen können.”

Auch die Schaffung von neun Vulkanasche-Warnzentren (Volcanic Ash Advisory Centers (VAAC)), die weltweit die Wetterdienste nach Vulkanausbrüchen informieren, tragen dazu bei, dass Flugzeuge und Vulkanasche in Zukunft möglichst wenig Überschneidungspunkte haben.

“Das sind die Leute, die die Beobachtungen in nützliche Kommando- und Kontrollfunktionen umsetzen, wenn der Luftraum gefährlich ist. (...) Und in gewisser Weise arbeitet die akademische Gemeinschaft an der Entwicklung neuer Instrumente zur Unterstützung der Warnzentren, damit sie die Fluggesellschaften in Zukunft besser darüber informieren können, wo sich die Asche und das Gas wahrscheinlich befinden werden”, schließt Professor Burton.

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