Der Tropensturm "Melissa" steuert weiter auf Jamaika zu. Der Inselstaat hat sich vorbereitet, doch Premierminister Andrew Holness berfürchtet eine Katastrophe.
Der Tropensturm "Hurricane Melissa" steuert weiter auf die Insel Jamaika zu. Es könnte sich um den stärksten Wirbelsturm seit 174 Jahren handeln. Laut mehreren Vorhersagen könnte der Hurrikan der Stärke 5 gegen acht Uhr Ortszeit (14 Uhr deutsche Zeit) im Westen Jamaikas auf Land treffen.
Stunden vor dem Sturm erklärte die Regierung, sie habe alles in ihrer Macht Stehende getan, um sich vorzubereiten, und warnte vor katastrophalen Schäden.
Der Premierminister des Landes, Andrew Holness, warnt: "Ich glaube nicht, dass es in dieser Region irgendeine Infrastruktur gibt, die einem Sturm der Stufe 5 standhalten könnte." In einem Interview mit dem Sender CNN am Montag befürchtete er weitreichende Zerstörung. "Die Frage ist nun, wie schnell die Wiederherstellung erfolgen kann. Das ist die Herausforderung."
Auch Evan Thompson, Direktor des meteorologischen Dienstes Jamaikas, warnt: "Es wird keinen Ort geben, der dem Zorn dieses Hurrikans entkommt."
Wirbelsturm "Melissa" steuert auf Jamaika zu
Aktuell befindet sich der Sturm noch südlich von Jamaika, doch er steuere auf den Inselstaat zu und werde vermutlich Auswirkungen "auf den westlichen Teil Jamaikas" haben, so Holness.
Wettervorhersagen zufolge wird der Strum vermutlich in der Nähe der Gemeinde St. Elizabeth auftreffen und sich diagonal über die Insel ziehen, bevor er über die Gemeinde St. Ann im Norden wieder abziehen könnte.
Das US-amerikanische National Hurricane Center in Miami schreibt dem Inneren des Sturms eine maximale Windgeschwindigkeit von 280 km/h zu. Der Sturm bewege sich mit einer Geschwindigkeit von 4 km/h in Richtung Nord-Nordost.
Auch das US-Hurrikanzentrum NHC warnte vor "katastrophalen und lebensbedrohlichen Winden, Überschwemmungen und Sturmfluten". Der Direktor des Zentrums, Michael Brennan, hat die Bewohner der Insel dazu aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen. Betroffen sind rund 2,8 Millionen Personen.
Der örtliche Zivilschutz hat bereits Vorbereitungen getroffen und 850 Notunterkünfte eingerichtet. Laut Premierminister Holness gäbe es hier Platz für 20.000 Menschen. Das Rote Kreuz sagte ebenso, dass der Inselstaat noch nie zuvor von einem Wirbelsturm solcher Stärke getroffen worden sei. Die Organisation warnt vor "möglicherweise beispiellosen Folgen" für Jamaika.
In mehreren Ortschaften wurden Evakuierungen angeordnet, der Flughafen der Hauptstadt Kingston hat geschlossen.
Stromausfall, Sturmfluten, Überschwemmungen
Das Ausmaß des Wirbelsturms ist noch schwer einzuschätzen. Bereits vor dem Wirbelsturm wurden in Jamaika Erdrutsche, umgestürzte Bäume und zahlreiche Stromausfälle gemeldet.
Zwischenzeitlich sollen mehr als 50.000 Anschlüsse ohne Elektrizität gewesen sein, so der Energieminister Daryl Vaz. Die Behörden meldeten bereits, dass die Aufräumarbeiten und Schadensbewertungen nur langsam vorankommen würden.
Im Süden des Inselstaats wird eine lebensbedrohliche Sturmflut von bis zu vier Metern Höhe erwartet. Die Auswirkungen auf einige Krankenhäuser entlang der Küste sind unklar. Gesundheitsminister Christopher Tufton sagte, einige Patienten seien vom Erdgeschoss in den zweiten Stock verlegt worden, "und (wir) hoffen, dass dies für jede Flutwelle, die kommen wird, ausreichen wird".
Matthew Samuda, Jamaikas Minister für Wasser und Umwelt, sagte, er habe mehr als 50 Generatoren zur Verfügung, die nach dem Sturm eingesetzt werden könnten, warnte die Menschen jedoch, sauberes Wasser zu reservieren und sparsam damit umzugehen. "Jeder Tropfen zählt", sagte er.
Kuba und die Bahamas nächstes Ziel des Wirbelsturms Melissa?
Am Dienstagabend könnte der Hurrikan Melissa auf den Osten Kubas treffen. Für einige Provinzen, darunter Granma, Santiago de Cuba, Guantánamo und Holguin, gilt bereits eine Hurrikanwarnung. Für Las Tunas wurde eine Tropensturmwarnung ausgegeben.
Auch an Kubas Küste werden Sturmfluten und starke Regenfälle erwartet. Kubanische Behörden gaben am Montag bekannt, dass sie mehr als 600.000 Menschen aus der Region evakuierten, darunter auch aus Santiago, der zweitgrößten Stadt der Insel.
Es wurde vorhergesagt, dass der Hurrikan nach Kuba nach Nordosten abbiegen und am Mittwochabend den Südosten der Bahamas treffen würde.
Für den Südosten und die Mitte der Bahamas galt eine Hurrikanwarnung, und für die Turks- und Caicosinseln wurde eine Tropensturmwarnung herausgegeben.
Der Sturm hat bereits sieben Todesopfer in der Karibik gefordert, darunter drei in Jamaika, drei in Haiti und eines in der Dominikanischen Republik, wo eine weitere Person noch vermisst wird.