Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten ist der Friedensplan zu 90 Prozent ausgearbeitet. Können sich die beiden Staatsoberhäupter bei ihrem Treffen am Sonntag in Florida auf die letzten und heikelsten Fragen einigen?
Nach wochenlangen Gesprächen zwischen Kyjiw und Washington will US-Präsident Donald Trump am Sonntagnachmittag (US-Zeit) den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Florida treffen. Zuvor hatten beide signalisiert, dass in den letzten Wochen des Jahres 2025 ein diplomatischer Durchbruch möglich sein könnte, um eine Friedensregelung zu vereinbaren.
"Noch vor dem Jahreswechsel kann eine Menge entschieden werden", sagte Selenskyj. Trump erklärte seinerseits, er sehe "gute Chancen" für einen Frieden zwischen Russland und der Ukraine während des bevorstehenden Besuchs Selenskyjs auf seinem Anwesen Mar-a-Lago.
Das Treffen gilt als Höhepunkt wochenlanger hochrangiger Diplomatie zwischen beiden Delegationen. Unmittelbar vor den Gesprächen hatte Russland einen weiteren massiven Raketen- und Drohnenangriff auf die ukrainische Hauptstadt durchgeführt.
Während seines Aufenthalts im kanadischen Halifax, wo er mit Premierminister Mark Carney zusammentraf, führte Selenskyj zudem Gespräche mit führenden europäischen Politikern. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, erklärte, Ziel sei es, einen "gerechten und dauerhaften Frieden zu sichern, der die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine bewahrt".
Nach dem Telefonat betonte von der Leyen zudem, die Stärkung der ukrainischen Verteidigungsfähigkeiten sei "ein integraler Bestandteil der Sicherheit unseres Kontinents".
Was soll bei dem Treffen am Sonntag in Florida besprochen werden?
Der ukrainische Präsident erklärte, die Verhandlungsteams hätten "erste Entwürfe mehrerer Dokumente" vorbereitet, die bei dem Treffen erörtert werden sollen.
"Es gibt bestimmte Themen, die wir nur auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs besprechen können", sagte Selenskyj. Dazu zählten insbesondere Sicherheitsgarantien, wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie Fragen der ukrainischen Territorien.
Zu den Sicherheitsgarantien sagte Selenskyj: "Es gibt mehrere Dokumente, und es wäre wünschenswert, eine Gelegenheit zu finden, sie alle zu erörtern." Beim Wirtschaftsabkommen gebe es „in diesem Stadium nur grundlegende Entwürfe“. Gleichwohl werde es mehrere Abkommen geben, bei denen die grundsätzliche Richtung festgelegt werden müsse.
Bei beiden Punkten hoffe Kyjiw, die Details direkt mit Trump klären zu können, da es sich um bilaterale ukrainisch-amerikanische Vereinbarungen handele, die keine Zustimmung Moskaus erforderten.
Selenskyj erklärte zudem, das Abkommen über Sicherheitsgarantien zwischen der Ukraine und den USA sei "fast fertig". "Die Frage, ob es unterzeichnet wird oder nicht, ist meiner Meinung nach bereits zweitrangig und hängt vom Format unseres Treffens ab. Ich glaube daher, dass dieses Dokument bereits auf dem Tisch liegt."
Ohne Einzelheiten zu nennen, wie eine Unterzeichnung am Sonntag in Mar-a-Lago erfolgen könnte, erklärte Selenskyj, er sei bereit, das Abkommen zu unterzeichnen.
Fortschritte bei den Sicherheitsgarantien zwischen Kyjiw und Washington könnten nach Einschätzung Selenskyjs den Weg für substanziellere Gespräche über die von Russland besetzten Gebiete der Ukraine ebnen.
Die Territorien der Ukraine sind das komplizierteste Thema
Am 26. Dezember erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der 20-Punkte-Plan sei zu 90 Prozent ausgearbeitet. Das Treffen mit US-Präsident Donald Trump am Sonntag sehe er als Gelegenheit, die verbleibenden Punkte zu klären und den Plan vollständig abzuschließen.
Die schwierigsten Fragen betreffen weiterhin die territoriale Kontrolle in den östlichen Regionen der Ukraine sowie die künftige Verwaltung des Kernkraftwerks Saporischschja.
Russland hält nach wie vor an maximalistischen Forderungen fest und verlangt, dass die Ukraine auch jene Teile des Donbas aufgibt, die bislang nicht erobert wurden. Diese Forderung weist Kyjiw zurück.
Um einen möglichen Kompromiss zu erleichtern, hat Washington vorgeschlagen, die umstrittenen Gebiete in freie Wirtschaftszonen umzuwandeln. Die Ukraine fordert hingegen eine Entmilitarisierung der Region sowie die Stationierung einer internationalen Truppe zur Sicherung der Stabilität, sagte Selenskyj bei einem Briefing mit Journalisten.
Ein weiterer zentraler Streitpunkt ist die künftige Verwaltung des Kernkraftwerks Saporischschja, der größten Atomanlage Europas, die weiterhin unter russischer Besatzung steht. Die USA schlagen ein Konsortium unter Beteiligung der Ukraine und Russlands vor, an dem beide Seiten zu gleichen Teilen beteiligt wären. Selenskyj brachte dagegen ein Joint Venture zwischen den USA und der Ukraine ins Spiel. Washington könne anschließend selbst über die Verwendung seines Anteils entscheiden – in der Annahme, dass dieser an Moskau weitergereicht würde.
"Rechtlich werden wir unter keinen Umständen irgendetwas anerkennen", sagte Selenskyj den Reportern am Samstag und erklärte, dass auch ohne die Anerkennung "diese Angelegenheit mit der Gesellschaft diskutiert werden sollte".
"Offene Frage: entweder ein Referendum oder bestimmte Gesetzesänderungen", fügte er hinzu.
Und dafür, so erklärte er, müsse zunächst die Frage der Sicherheitsgarantien für die Ukraine geklärt werden.
"Wenn von amerikanischer Seite die Frage nach einem Referendum oder nach Wahlen aufgeworfen wird, so ist dies unter den heutigen Bedingungen sicher nicht zu machen. Nämlich im Hinblick auf die Anschläge."
Seine Äußerungen erfolgten unmittelbar nach einem weiteren massiven Angriff, den Russland am Morgen des 27. Dezember gegen die Ukraine führte.
Der zehnstündige Angriff richtete sich vor allem gegen Kyjiw, wobei Dutzende von Menschen verletzt und mindestens eine Person in der Hauptstadt getötet wurden.
"Heute hat Russland gezeigt, wie es auf die friedlichen Verhandlungen zwischen der Ukraine und den Vereinigten Staaten über die Beendigung des russischen Krieges gegen die Ukraine reagiert", erklärte Selenskyj am Samstag.
"Heute ist unsere wichtigste Überlegung - wenn wir bestimmte Schritte unternehmen -, dass die Sicherheitsgarantien stark sind und dass wir geschützt sind."
Am Samstag sagte Donald Trump gegenüber der New York Post, er glaube, dass es "gute Chancen" für einen Frieden gebe, und er glaube, dass Russland eine Einigung anstrebe.
"Ich glaube, dass sie es jetzt tun wollen, und ich glaube, dass Russland es tun will. Aber jedes Mal, wenn einer es will, will der andere es nicht", sagte Trump.