Die Kraft der Musik: Juan Diego Flórez gibt Perus Kindern Hoffnung

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Die Kraft der Musik: Juan Diego Flórez gibt Perus Kindern Hoffnung
Von Katharina Rabillon
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In sogenannten Núcleos, übers ganze Land verteilten Musikschulen, können benachteiligte Kinder ein Instrument lernen oder im Chor singen.

Es ist ein engagiertes Sozialprojekt: "Sinfonía por el Perú", gegründet vom peruanisch-österreichischen Tenor Juan Diego Flórez: "An Orten, an denen Kriminalität, Gewalt und Kinderarbeit in den am stärksten benachteiligten Gebieten Perus materielle und seelische Armut manifestieren, bringt die Musik Hoffnung auf Veränderung für kommende Generationen", beschreibt Flórez sein ehrgeiziges Ziel auf seiner Internetseite: "Ein Musikinstrument ersetzt eine zukünftige Waffe, Teamarbeit ersetzt die Gang, und der Stolz, den die Familien auf die Leistungen ihrer Kinder empfinden, ersetzt häusliche Gewalt und Kinderarbeit." Tausende benachteiligte Kinder lernen unentgeltlich ein Instrument oder singen im Chor. Musica hat sich in Lima die Fortschritte des Projekts angeschaut.

2009 besuchte Juan Diego Flórez "El Sistema" in Venezuela, das 1975 von José Antonio Abreu gegründete Musikprojekt. Dort reifte die Idee in ihm, dass Musik ein sehr mächtiges Instrument für den sozialen Wandel ist.

2011 gründete der Tenor "Sinfonía por el Perú", ein Projekt zur sozialen Integration mit dem Ziel, die künstlerische und persönliche Entwicklung gefährdeter Kinder und Jugendlicher in seinem Heimatland durch Musik zu fördern.

Aufwachsen mit Musik

Aktuell lernen rund 8000 Kinder in 26 Musikschulen, den "núcleos", die eigens für das Projekt gegründet wurden, ein Instrument oder singen im Chor. Wie der 15-jährige Matías Montalván, der seit drei Jahren Geige lernt. Der Junge sagt: "'Sinfonía por el Perú' ist meine Familie, meine Zukunft, der Ort, an dem ich gelernt habe, ein besserer Mensch und ein besserer Musiker zu sein."

Die 17-jährige Nicole Revoredo spielt seit sechs Kontrabass, sie meint: "Für mich ist es wie mein zweites Zuhause und eine Chance für eine bessere Zukunft."

Juan Diego Flórez begleitet sein Herzensprojekt trotz gut gefülltem Terminkalender intensiv und mit wachem Auge. Er ist sich bewusst, dass soziale Initiativen dieser Art höchsten Ansprüchen genügen müssen:"Das Ziel von Sinfonía por el Perú ist, die Gesellschaft mit der Kraft der Musik zu verbessern und zu verändern", sagt der 46-Jährige, der selbst zwei Kinder hat. _"Ich höre viele persönliche Geschichten. Manche Kinder erzählen mir von ihrem schwierigen Alltag. Einige wollen sogar bleiben und beim Orchester schlafen."

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Ein Vorbild zum Anfassen

Der Tenor will den Kindern den Weg für eine bessere Zukunft ebnen: "Die 'núcleos' sind Zufluchtsorte, Oasen des Friedens, Oasen des Glücks und der Hoffnung", meint Flórez. Dort werden die Kinder gefördert, aber auch gefordert. Seine Botschaft an die Kinder und Jugendlichen ist ein Aufruf, sich anzustrengen und Werte wie Disziplin und Fleiß zu verinnerlichen: "Macht weiter so, denn der einzige Weg, etwas in der Musik zu erreichen, ist üben, üben, üben", gibt der Maestro ihnen mit auf den Weg.   Dabei ist der Weltstar ein Vorbild zum Anfassen. Die Schüler wollen ihm nacheifern, ihm beweisen, was sie gelernt haben:

"Einer der Werte, den wir verinnerlicht haben und der sehr wichtig ist, ist Solidarität", erklärt Matías. Und Nicole ergänzt: "Pünktlichkeit, Respekt, Teamarbeit, wie Matías sagt."

Verbindung durch Musik

Ein Beispiel für das Streben nach musikalischer Exzellenz ist das Jugend-Sinfonieorchester. Es wird mit leidenschaftlicher Hingabe vom künstlerischen Direktor Hugo Carrio geleitet:

"Wenn wir uns in die Augen schauen und die Musik uns verbindet, manchmal weinen wir, manchmal lachen wir - das sind magische Momente - die Kinder sind das Wichtigste in meinem Leben."

Für die Jugendlichen ist viel in Bewegung gekommen: "Ich wurde in der Schule gemobbt. 'Sinfonía' hat mein Leben auf eine einzigartige Weise verändert", erzählt Matías, der heute fünf Stunden täglich übt. Er spielt seit einem Jahr im Jugend-Sinfonieorchester mit 120 Mitgliedern. Dort werden nur die Besten aufgenommen.

Nicole schaffte die Aufnahme bereits im ersten Jahr, als sie mit Kontrabass anfing. Sie erzählt: "Ich war ein sehr schüchternes Mädchen, das immer den Kopf gesenkt hielt. Mein Vater ist alt, er ist im Ruhestand, wir haben finanzielle Probleme. Musik zu spielen und sich auf ein Orchester zu konzentrieren, befreit einen von diesen Problemen. Musik ist so außergewöhnlich, alles ist möglich."

Ehrgeizige Zukunftspläne

Eine Studie zeigt die positiven Auswirkungen des Sozialprojekts auf die Kinder: In sehr kurzer Zeit und durch die Kraft der Musik entwickeln die Teilnehmer laut einer Studie der Entwicklungsanalysegruppe GRADE ein höheres Selbstwertgefühl, mehr Hartnäckigkeit bei der Zielerreichung, mehr Kreativität und ein besseres Zusammenleben in der Gesellschaft.

"Jetzt weiß ich, dass Musik das Leben der ärmsten und benachteiligten Kinder verändern kann", sagt Juan Diego Flórez. Ein Beispiel dafür: Das Sommerkonzert in Lima, wo fast 20.000 Menschen den jungen Musikern zujubelten. "Canto, toco, crezco" – "Ich singe, spiele, wachse" ist das Leitmotiv der 'Sinfonía por el Perú'.

Und auch die Zukunftspläne des Tenors sind ehrgeizig: "Mein Traum mit der 'Sinfonía' ist, dass sich das Projekt weiterentwickelt. Ich möchte auf eine Million Kindern kommen. Ich weiß, das klingt sehr ehrgeizig, aber die Million ist mein Ziel."

Das Jugend-Sinfonieorchester ist gut gebucht: 2020 spielen die jungen Musiker bei der Expo in Dubai und 2021 in der Carnegie Hall in New York.

Journalist • Sabine Sans

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