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Ilja Jaschin: "Rettet die Ukraine vor Putin"

Ilja Jaschin in Berlin.
Ilja Jaschin in Berlin. Copyright Diana Resnik, Berlin 2024
Copyright Diana Resnik, Berlin 2024
Von Diana ResnikDonogh McCabe
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Erst eine Woche aus dem russischen Gefängnis heraus und schon versammelt der russische Oppositionelle Ilja Jaschin riesige Menschenmengen um sich. Zum Treffen mit seinen Anhängern kam er mit einer klaren Botschaft.

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Nur eine Woche nach seiner Freilassung im Rahmen eines Gefangenenaustauschs zwischen Russland und westlichen Ländern ist der russische Oppositionelle Ilja Jaschin vor seinen Anhängern in Berlin aufgetreten. Mehr als 2000 Menschen kamen zu dem Event im Mauerpark, um den russischen Oppositionellen persönlich zu treffen.

Mit einem warmen Lächeln betrat Jaschin die Bühne. So, als ob er nie im Gefängnis gewesen wäre. Im Jahr 2022 wurde er zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er sich gegen den Krieg in der Ukraine ausgesprochen hatte. Jetzt, wo er frei ist, will er seine Arbeit fortsetzen.

Wenn ihr die Ukraine rettet, werdet ihr einem freien Russland helfen.
Ilja Jaschin
Russischer Oppositioneller
Ilja Jaschin
Ilja JaschinDiana Resnik, Berlin 2024

"Ich kann nur eines sagen: Die russische Opposition sollte sich in der Antikriegsaufklärung engagieren", sagte er. "Wenn mich westliche Politiker fragen, wie sie die russische Opposition unterstützen können, sage ich: Rettet die Ukraine vor Putin und unterstützt die Ukraine weiterhin. Denn wenn ihr die Ukraine rettet, werdet ihr einem freien Russland helfen." Seine Miene wurde auf einmal sehr ernst. Den Krieg in der Ukraine zu beenden ist für ihn ein mindestens genauso großes Anliegen, wie Russland zu einem freien, demokratischen und glücklichen Land zu machen. "Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, dass die russische Flagge, die russische Trikolore von Blut und Schmutz befreit werden sollte."

Jaschin hat mit dem größten Widersacher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Alexej Nawalny, zusammengearbeitet und war eng mit ihm befreundet. Nawalny starb im Februar in einem sibirischen Gefängnis. Seine Witwe, Julija Nawalnaja, hatte Putin öffentlich für Nawalnys Tod verantwortlich gemacht. Beweise dafür gibt es bis jetzt aber nicht. Viele fragen sich nun, ob Jaschin der neue Anführer der russischen Opposition werden könnte.

Ilja hat definitiv Potential.
Eine Anhängerin von Ilja Jaschin

"Alexejs Persönlichkeit, seine Art und all seine Ausstrahlung sind einzigartig, denke ich", sagte eine von Jaschins Anhängerinnen bei der Veranstaltung. "Aber ich denke, Ilja hat definitiv Potential, Energie und eine politische Haltung, die es ihm erlauben wird, in Zukunft ein cooler, prominenter und sehr wichtiger russischer Politiker zu werden. Ich bin sehr gespannt auf Iljas Pläne", sagte sie. Jaschin hat ihr mit seiner positiven Art sichtlich ein großes Lächeln ins Gesicht gezaubert.

Der russische Oppositionelle hatte bereits in früheren Interviews gesagt, dass er noch nicht weiß, wie genau er seine politische Tätigkeit außerhalb Russlands organisieren könne. Er sei aber "bereit, mit allen Organisationen zusammenzuarbeiten, die sich in der Antikriegsarbeit engagieren."

Jaschin benutzt YouTube im Kampf gegen den Kreml

"Wann wird Russland rebellieren?"
"Wann wird Russland rebellieren?"Diana Resnik, Berlin 2024

Jaschin kommuniziert regelmäßig mit seinen Anhängern über seinen YouTube-Kanal. Mit über 1,6 Millionen Followern hat er in und außerhalb Russlands eine große Reichweite. Im Gefängnis hatte er auf diese Weise versucht, die russischen Bürger unter anderem über Kriegsverbrechen des Kreml aufzuklären. In der Gefängniszelle konnte er sich zwar nicht filmen. An seiner Stelle trat in den Videobotschaften deshalb eine Comicfigur auf, die vor dem Hintergrund einer Gefängniswand mit seinen Anhängern kommunizierte.

Ein Anhänger Jaschins erzählte, dass er seinen YouTube-Kanal regelmäßig verfolge und sich mit vielen seiner Ideen identifizieren könne.

Ich habe mir seine Videos angesehen, ich habe seinen Interviews zugehört.
Ein Anhänger von Ilja Jaschin

"Jaschin ist einer der Politiker, die ich mag. Ich meine, ich habe mir seine Videos angesehen, ich habe seinen Interviews zugehört, und den Ideen, die er vertritt, stimme ich zu. Natürlich gibt es auch Momente, wo ich anders denke."

Während seiner Haft erhielt Jaschin über 30 000 Briefe. Der 41-Jährige erzählte, dass sie ihm Mut gemacht und über die schweren Zeiten im Gefängnis hinweggeholfen hätten. Als er sie gelesen hat, hatte er das Gefühl, nicht wirklich im Gefängnis zu sein. In diesen Momenten war er frei. Er ermutigte seine Unterstützer, Aktivisten zu schreiben, die in Russland noch hinter Gittern sitzen.

Jaschins Anhänger
Jaschins Anhänger Diana Resnik, Berlin 2024

Der freigelassene Oppositionelle forderte jeden Einzelnen auf, etwas dazu beizutragen, die Ansichten in der russischen Gesellschaft zu verändern und den Krieg in der Ukraine zu beenden. "Brecht nicht den Kontakt zu euren Freunden und Verwandten in Russland ab. Redet mit ihnen, auch, wenn es schwer fällt", ermutigte Jaschin seine Anhänger. Nur so könnten ihre Ansichten gegenüber Putin und dem Krieg in der Ukraine wirklich verändert werden.

"Putin ist ein Bote der Apokalypse. Er hat die Finsternis und den Tod in die Ukraine gebracht." Diese Worte versetzten seine Anhänger regelrecht in Rage. Viele skandierten: "Putin ist ein Arschloch!"

Putin ist ein Bote der Apokalypse.
Ilja Jaschin
Russischer Oppositioneller

Der Krieg in der Ukraine sei lange nicht mehr nur ein Kampf zweier Staaten, so Jaschin. Es sei ein Kampf zwischen Gut und Böse, ein Kampf der Freiheit gegen die Tyrannei. "Unsere Stärke besteht in unseren Überzeugungen und unserer Moral", sagte Jaschin. "Unsere Kraft liegt in der Liebe. Die Nächstenliebe macht uns stark." Jaschin hat dazu aufgerufen, sich dem Hass zu widersetzen. Nur so könne man das russische Volk überzeugen und für seine humanistischen Ideen gewinnen. "So können wir ihre Gedanken befreien und den Kampf um ihre Seelen gewinnen", sagte Jaschin überzeugt.

Plakate mit russischen Oppositionellen
Plakate mit russischen OppositionellenDiana Resnik, Berlin 2024

Jaschin war einer von insgesamt 26 Gefangenen, die zwischen westlichen Ländern und Russland ausgetauscht wurden. Viele kritisierten, dass der Austausch ungleich war. Unschuldige Menschen, die ins Gefängnis gekommen waren, weil sie sich für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt hatten, wurden gegen Spione und echte Verbrecher ausgetauscht. Darunter auch der Tiergartenmörder Wadim Krassikow, der im Dezember 2021 wegen Mordes an dem tschetschenisch-stämmigen Georgier Selimchan Changoschwili, "Tornike", in Deutschland zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Changoschwili hatte in Tschetschenien gegen russische Truppen gekämpft. Das Berliner Gericht ging von einem Auftragsmord aus.

Ich verstehe das schwierige ethische Dilemma, in dem die Regierung von Bundeskanzler Scholz steckte.
Ilja Jaschin
Russischer Oppositioneller

"Ich verstehe das schwierige ethische Dilemma, in dem die Regierung von Bundeskanzler Scholz steckte. Ich weiß die Entscheidung, die sie getroffen haben, aufrichtig zu schätzen", bedankte sich Jaschin für seine Befreiung aus dem russischen Gefängnis.

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Das Menschenrechtszentrum Memorial zählt über 1 000 politische Gefangene in Russland. Es besteht die Angst, dass noch mehr Menschen verhaftet werden. Bundesjustizminister Marco Buschmann warnte deshalb dringend vor Reisen nach Russland.

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