"Dicke Frauen werden diskriminiert": Spanien streitet über ästhetische Gewalt am Strand

"Der Sommer gehört auch uns" - die Kampagne hat die Regierung insgesamt 84.500 Euro gekostet.
"Der Sommer gehört auch uns" - die Kampagne hat die Regierung insgesamt 84.500 Euro gekostet. Copyright Instituto de las Mujeres (Fraueninstitut), Spanische Regierung
Von Laura Llach
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Fettphobie, Hass und Infragestellen nicht-normativer Körper: Spanien will Body-Shaming beenden und lanciert eine Kampagne - die eine heftige Debatte ausgelöst hat.

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Die spanische Regierung hat mit einer Kampagne gegen Stereotypen eine Debatte angestoßen. Auf einem Plakat des Ministeriums für Gleichstellung sind Frauen unterschiedlichen Alters, Statur und Hautfarbe an einem Strand abgebildet, eine Frau ist oben ohne, sie scheint nach einer Mastektomie nur noch eine Brust zu haben. 

Über der Szene steht in geschwungener Schrift: "Der Sommer gehört auch uns" (El verano tambien es nuestro). Viele Frauen hätten Angst, im Sommer an den Strand zu gehen, erklärt Antonia Morillas, Direktorin des Instituto de las Mujeres, dem Fraueninstitut am spanischen Ministerium für Gleichstellung, gegenüber Euronews.

"Wir sind an Werbekampagnen gewöhnt, die Models zeigen, die Geschlechterstereotypen nachbilden. Daher braucht es diese Kampagne, die von der Erkenntnis ausgeht, dass es ein tiefes Problem der Fettphobie, des Hasses und der Infragestellung nicht-normativer Körper gibt", so Morillas.

"Alle Körper sind Strandkörper (Beach-Bodies) und Mountain-Bodies. Um unsere Körper muss man sich kümmern, sie respektieren und sie genießen", schreibt Spaniens Sozialministerin Ione Belarra auf Twitter.

Viele Frauen würde durch diese gesellschaftliche Abgrenzung krank, sei es durch Essstörungen oder Auswirkungen auf die psychische Gesundheit."Sie schränkt unsere Erwartungen und unsere Lebensprojekte ein. Die Kampagne ist eine gute Möglichkeit, die ästhetische Gewalt, der Frauen ausgesetzt sind, sichtbar zu machen", so Morillas, die hofft, mit der Initiative eine Debatte anzustoßen und ästhetischer Gewalt ein Ende zu setzen.

In sozialen Netzwerken reagierten zahlreiche Menschen mit Unverständnis: Es sei bereits der Fall, dass alle Körpertypen am Strand akzeptiert würden.

"Unnötig und lächerlich"

Dass Kritiker:innen sich jetzt zu Wort melden und die Kampagne überflüssig oder gar lächerlich finden, zeige nur, wie wichtig die öffentliche Debatte tatsächlich ist, so die Gleichstellungsbeauftragte. Der linke Politiker Cayo Lara etwa sagte, die Kampagne mache Probleme, wo keine seien.

Die junge Gleichstellungsministerin Ángela Rodríguez Pam richtete sich in sozialen Medien an Männer, die glauben, dass Frauen keine Erlaubnis des Ministeriums brauchen, um an den Strand zu gehen: "Natürlich gehen wir trotzdem, aber wir gehen davon aus, dass wir Hass auf uns ziehen werden, weil unser Körper nicht der Norm entspricht."

Es gehe nun darum, Vielfältigkeit zu fördern: "Dicke Frauen werden bei der Arbeitssuche und in Beziehungen diskriminiert, zensiert und stigmatisiert. Sie haben ein geringes Selbstwertgefühl, fühlen sich schuldig und schämen sich."

Während die Kosten der Kampagne (rund 84.500 Euro) auf der einen Seite für Kritik sorgten, hätten hunderte Frauen sich bei dem Ministerium mit positivem Feedback gemeldet, weil sie sich von der Initiative angesprochen und anerkannt fühlten, erzählt Morillas.

Zwar würden auch Männer diskriminiert, besonders schlimm treffe es aber Frauen, weil die Diskriminierung hier von Geschlechterstereotypen durchzogen sei, so Morillas. Auch an Transfrauen richte sich die Kampagne, so Morillas, für sie habe man noch weitere Aktionen geplant.

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