Vincenzo Nibali: "Ich habe es geschafft!"

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Von Euronews
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Nach seinem Sieg bei der Tour de France ist der Italiener Vincenzo Nibali nicht nur zu einem der gefragtesten Radprofis geworden, sondern natürlich auch zu einem der begehrtesten Gesprächspartner für Journalisten. Wir konnten den Team-Astana-Fahrer nach seinem Erfolg in Paris interviewen. Und auch dem Team-Manager Alexander Winokurow stellten wir einige Fragen.

Juan-Antonio Aldeondo, euronews
Sie sind aus Italien, einem Land mit großer Radsporttradition. Warum hat es 16 Jahre gedauert, bis wieder ein Italiener die Tour de France gewonnen hat?

Vincenzo Nibali
Die Tour ist ein wirklich wichtiges Rennen, die Teilnehmer kommen aus allen möglichen Ländern und es ist schwierig, zu gewinnen. Zwischen Pantanis Sieg vor 16 Jahren und dem italienischen Tour-Gewinn davor, dem von Gimondi, lagen 33 Jahre. Viele Jahre sind vergangen, bevor ein Italiener die Tour gewonnen hat. Es ist ein sehr anspruchsvolles Rennen, ein sehr wichtiges, und deshalb ist es auch so schwierig zu gewinnen.

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Sie hatten immer die Tour de France vor Augen und Sie sagten, eines Tages würden Sie sie gewinnen. Waren Sie regelrecht besessen?

Vincenzo Nibali
Nein, im Gegenteil, ich habe versucht, das ganz unbeschwert anzugehen, ich habe versucht, gelassen und entspannt zu fahren. Letztes Jahr habe ich an der Vuelta a Espana teilgenommen und ich habe sie in der letzten Sekunde verloren. Aber am Ende muss man eben auch Niederlagen hinnehmen, es akzeptieren, der Zweite oder Dritte zu sein. Darum geht es, so ist der Radsport eben.

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Was bedeutet es für Sie, einer der sechs Fahrer in der Geschichte zu sein, die alle drei großen Rennen gewonnen haben?

Vincenzo Nibali
Das ist etwas sehr Spezielles und Besonderes, denn es ist nur wenigen gelungen. Die Vuelta a Espana war 2010 mein erster großer Sieg, das hat mir viel Kraft gegeben. Dann begann ich, für den Giro d’Italia zu trainieren, denn das ist für einen Italiener ein besonders wichtiges Rennen. 2011 landete auf dem Siegertreppchen, aber nicht ganz oben. Immerhin konnte ich den Erfolg schon schmecken, ich habe ihn berührt und das hat mir gefallen. 2013 habe ich dann gewonnen, und das war ein riesiges Gefühl. Ich habe immer vom Giro geträumt, früher schaute ich ihn mir immer im Fernsehen an. Ich sah die großen Champions, Indurain, Pantani, sie waren immer da, beim Giro. Die Tour de France ist immer ein spektakuläres Rennen, und als ich 2012 auf dem dritten Platz landete, sagte ich mir, wer weiß, vielleicht kann ich eines Tages gewinnen. Ich wusste, es würde nicht leicht werden, aber ich habe hart gearbeitet, um diesen Erfolg zu erzielen. Es war nicht leicht, aber jetzt kann ich sagen, ich habe es geschafft!

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Was sagen Sie denen, die meinen, Sie hätten die Tour nur gewonnen, weil Froome und Contador nach Stürzen aufgeben mussten?

Vincenzo Nibali
Der Radsport ist leider so. Er besteht aus Stürzen, aus guten und schlechten Dingen. Das ist Teil des Spiels. Ich kann aber sagen, dass ich vom Anfang bis zum Ende eine starke Leistung gezeigt habe. Ich habe in England die Etappe Leeds-Sheffield gewonnen, ich habe die Planche des Belles Filles gewonnen, und auch in den Alpen und in den Pyrenäen. Ich hatte immer eine gute Kondition, war gut in Form. Ich habe sicher eine Tour auf hohem Niveau gemacht.

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Beim Blick auf die Ergebnisse fällt die Differenz zwischen Ihnen und dem Rest des Pelotons auf.

Vincenzo Nibali
Ich denke, diese Differenz kommt daher, dass ich mich vor allem auf einen Kampf gegen Alberto Contador und Chris Froome eingestellt hatte, mit denen ich schon beim Critérium du Dauphiné gewetteifert habe. Ich wusste, dass ich weiterarbeiten musste, um das höchste Niveau zu erreichen, und so bin ich gut vorbereitet zur Tour gekommen. Wenn Froome und Contador noch mitgefahren wären, wäre die Lücke vielleicht kleiner gewesen. Aber auch vergangenes Jahr, beim Giro d’Italia, war der Vorsprung groß.

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Die Erwartungen waren hoch. Das Team Astana hat auf Sie gesetzt, doch die Resultate blieben in der Saison aus. Das Team wurde ungeduldig, aber Sie wirkten beim Rennen sehr entspannt. Waren Sie sich Ihrer Vorbereitung so sicher?

Vincenzo Nibali

Das ist normal. Letztes Jahr hatte ich eine super Saison, von Anfang bis Ende. Ich hatte zwei sehr gute Plätze bei zwei großen Rennen, und das ist nicht leicht. Ich habe fast zwei große Rennen in einem Jahr gewonnen. Dann habe ich an der Weltmeisterschaft teilgenommen und natürlich habe ich mich im Winter etwas gehen lassen. Im Februar wurde meine Tochter geboren, daher habe ich mich dann meiner Familie gewidmet, ich habe etwas zugenommen, aber im Juli hatte ich wieder genug Energie. Es hat einfach etwas länger gedauert, sich vorzubreiten.

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Sie sind nun der meistgefragte Radprofi und Sie werden eine Menge Angebote bekommen. Werden wir Sie weiterhin in den Astana-Farben sehen, Ihr Vertrag läuft ja bis 2016.

Vincenzo Nibali
Der Vertrag läuft noch zwei Jahre und ich bin noch dabei. Astana hat das Team für mich aufgebaut, also bleibe ich bis 2016.

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Kommendes Jahr wollen Sie die Tour wieder gewinnen. Möchten Sie zeigen, dass Sie Froome, Contador, Quintana und die anderen noch mal schlagen können?

Vincenzo Nibali
Mein Ziel ist es, mich mit ihnen zu messen – immer. Natürlich müssen wir die Rennen gut vorbereiten, also die großen Rennen, die für mich die wichtigsten sind. Wir müssen in Bestform sein. Vergangenes Jahr bin ich mehrmals gegen Contador und Froome gefahren, und ich habe es geschafft, sie zu schlagen. Aber es gibt eben immer Jahre, in denen man gewinnt, und andere, in denen man verliert. Das ist ganz normal, denn so ist der Sport nun mal.

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WINOKUROW: “Das Schönste, was passieren konnte”

Chef des Teams Astana ist der Kasache Alexander Winokurow, selbst ein ehemaliger Radprofi und Tour-de-France-Fahrer. Den Sieg hat er in Paris nie geholt, umso stolzer ist er auf seinen Schützling.

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Nach dem Ausfall von Froome und Contador stieg der Druck, und Astana blieb weiter äußerst angespannt. Das Team ist auch bestimmte Risiken eingegangen, ohne Angst vor Stürzen.

Alexander Winokurow
Das gehört zum Rennen. Wir waren die ganze Zeit über konzentriert und behielten die Führung. Ein Unfall kann jedem mal passieren. Natürlich tun mir Froome und Contador leid, aber das ist nun mal Teil des Spiels. Ich denke nicht, dass das den Sieg Nibalis schmälert. Auch wenn Froome und Contador im Rennen geblieben wären, hätte er sie schlagen können. Vincenzo war voll da, vor allem in den Bergen. Er hat vier Etappen gewonnen, er hat eine gute Leistung gezeigt, das war ein tolles Bild für unser Land, für Kasachstan. Das Team war immer da, ganz vorne und bereit, das Trikot zu verteidigen.

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Was wäre Ihre Taktik gewesen, wenn Froome und Contador weiter im Rennen geblieben wären?

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Alexander Winokurow
Wir haben die ganze Zeit über versucht, einen harten Kampf zu liefern und den Abstand zu den anderen zu vergrößern. Wenn wir sahen, dass wir eine Etappe gewinnen konnten, haben wir nochmal draufgelegt. Wir wollten speziell auf der letzten Pyrenäen-Etappe zeigen, dass Vincenzo der Herr der Tour war und ein Zeichen setzen. Alle waren müde, aber sie haben ihr Bestes gegeben.

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Von außen betrachtet schien Nibali fast so zu fahren, wie Sie zu Ihrer aktiven Zeit. Spürt das Team da Ihren Einfluss?

Alexander Winokurow
Sicher spüren sie ihn, und Nibali, unsere Champion, ist sehr aufnahmebereit. Die Strategie des Teams ist Motivation. Wir können sagen, dass Nibali sicher ein wenig wie ich fährt. Aber er ist Nibali. Ich habe die Tour nie gewonnen, ich habe diese Erfahrung nie gemacht. Dass er es nun mit unserem Team geschafft hat, ist für mich die schönste Sache, die passieren konnte.

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