"Strategie 2020": Kahlschlag bei der Deutschen Bank

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Bei der Deutschen Bank soll die Belegschaft unter ihrem neuen Chef John Cryan um fast ein Drittel schrumpfen. Die neue “Strategie 2020” werde rund

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Bei der Deutschen Bank soll die Belegschaft unter ihrem neuen Chef John Cryan um fast ein Drittel schrumpfen.

Die neue “Strategie 2020” werde rund 9.000 der gut 100.000 Vollzeit-Arbeitsplätze bei Deutschlands größtem Geldhaus selbst kosten, 4.000 davon in Deutschland, so Cryan. Bei externen Dienstleistern soll darüber jede fünfte von gegenwärtig 30.000 Stellen wegfallen.

John Cryan, Co-Vorstandschef der Deutschen Bank:

“Wir werden einige unserer Filialen in Deutschland und im Ausland schließen müssen. Aus einigen Ländern werden uns vollständig zurückziehen.”

Nämlich zehn: Argentinien, Chile, Mexiko, Peru, Uruguay, Dänemark, Finnland, Norwegen, Malta und Neuseeland.

Statement by #JohnCryan on 3Q2015 results and the complete Interim Report: https://t.co/clnaE07sWV

— Deutsche Bank (@DeutscheBank) 29. Oktober 2015

Zudem will sich die Bank über die nächsten zwei Jahre von Beteiligungen mit etwa 20.000 Mitarbeitern trennen. Dazu zählt auch die Tochter Postbank, die 2016 an die Börse gebracht werden soll. Der Stellenabbau solle “auf faire Art und Weise” vonstatten gehen, sagte Cryan. “Wir gehen diesen Schritt nicht leichten Herzens.”

Der Sparkurs soll die Kosten um brutto rund 3,8 Milliarden Euro drücken. Die Kosten für den Umbau inklusive Abfindungen bezifferte das Geldhaus auf rund 3,0 Milliarden bis 3,5 Milliarden Euro. John Cryan:

“Wir gehen nicht davon aus, dass 2016 und 2017 starke Jahre sein werden. Die Kosten für notwendige Investitionen, die Beilegung vieler Rechtsstreitigkeiten und regulatorische Angelegenheiten werden unser Ergebnis belasten.”

Beim ersten öffentlichen Auftritt seit seinem Amtsantritt ging Cryan mit seinen Vorgängern hart ins Gericht. “Die Deutsche Bank hat kein Strategieproblem. Wir wissen sehr genau, wohin wir wollen”,
sagte er. “Jedoch hat die Deutsche Bank seit vielen Jahren ein gravierendes Problem, diese Strategie auch umzusetzen. In den vergangenen zwei Jahrzehnten sind zahlreiche Strategien und Ziele verkündet worden, aber selten wurden sie konsequent realisiert.”

Die Deutsche Bank müsse “einfacher und effizienter werden”, sagte Cryan. Im Investmentbanking etwa wolle sie sich von der Hälfte der Kunden trennen. Den Rückzug aus dem Investmentbanking in Russland hatte er nach einem mutmaßlichen Geldwäsche-Skandal schon vorgezogen. Die Deutsche Bank mache in der Sparte ohnehin 80 Prozent der Erträge mit knapp einem Drittel der Kunden. “Das Zurückfahren des Geschäfts wird Erträge kosten”, so Cryan. Gleichzeitig sollen damit aber die Risiken in der Bilanz um ein Viertel zurückgehen, die die Bank mit teurem Eigenkapital unterlegen muss.

Cryan will damit eine erneute Kapitalerhöhung vermeiden und das Kapitalpolster trotzdem auf 12,5 Prozent schrauben – “damit wir nicht mehr den Erwartungen von Regulatoren und den Märkten hinterherlaufen”. Bisher liegt die harte Kernkapitalquote bei 11,5 Prozent, Vorgänger Anshu Jain hatte mittelfristig elf Prozent für ausreichend gehalten. Die Aktionäre der Deutschen Bank müssen dazu für dieses und das nächste Jahr auf eine Dividende verzichten. Das spart allein zwei Milliarden Euro. Zuletzt hatte das Institut 1934 die Ausschüttung gestrichen.

An Jains Ziel einer Eigenkapitalrendite von mindestens zehn Prozent nach Steuern hält Cryan fest – 2018 soll es erreicht sein.
“Ziel ist, dass sich die Deutsche Bank auf ihre Tugenden besinnt und nachhaltig Gewinne erzielt.”

Im dritten Quartal 2015 hatten alte und neue Skandale die Bank noch weiter auf Trab gehalten. Für die Aufarbeitung der juristischen Altlasten hat sie inzwischen 4,8 Milliarden Euro zur Seite gelegt, seit Juli mussten neue Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten über 1,2 Milliarden Euro gebildet werden. Das trug zum Rekordverlust von sechs Milliarden Euro bei. “Ein absolut enttäuschendes Ergebnis” für Cryan.

su mit dpa, Reuters

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