Neue Dimension des Terrors in der Türkei

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Die Anschläge im Herzen Istanbuls vergangenen Dienstag sind ein weiterer Weckruf für die türkische Regierung, die mit zwei verschiedenen Bedrohungen

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Die Anschläge im Herzen Istanbuls vergangenen Dienstag sind ein weiterer Weckruf für die türkische Regierung, die mit zwei verschiedenen Bedrohungen konfrontiert wird, aber dabei versagt hat, einen Terroranschlag zu verhindern.

Viele in und außerhalb der Türkei haben angedeutet, dass Ankara im Geheimen die IS-Terrormiliz toleriert hat, weil diese ein Gegengewicht zu der kurdischen Bewegung im Norden Syriens und den PKK-Ambitionen darstellte.

Der Grund dafür ist, dass alle Anschläge von ISIL in der Türkei bisher auf Gruppen abzielte, mit denen der Erdogan-Block politisch nichts am Hut hatte.

Der Anschlag im vergangenen Juni in
Diyarbakir zielte auf die pro-kurdische Partei HDP ab. Vier Menschen wurden getötet, mehr als 100 Menschen wurden verletzt.

Beim Anschlag in Suruç nahe der syrischen Grenze verübten Islamisten im Juli vergangenen Jahres einen Anschlag auf türkische Studenten. Mehr als 30 Menschen starben, mehr als 100 Menschen wurden verletzt.

Vergangenen Oktober demonstrierten Gewerkschafter und Aktivisten gegen den Krieg und forderten eine Lösung in der Kurdenfrage. Sie wurden zur Zielscheibe eines Doppelanschlags mit mehr als 100 Toten.

Die Anschläge hatten einen Kurswechsel der türkischen Regierung zur Folge. Im vergangenen Sommer gewährte die Türkei der USA die Stationierung von Kampfflugzeugen auf ihrem Luftwaffenstützpunkt im Süden des Landes.

Aber während die türkischen Behörden betonen, sie seien bereit für einen Kampf gegen alle Feinde des Landes, glauben zahlreiche Beobachter, dass das Land besonders an einem Feind interessiert ist: an der PKK.

Seit ein zweijähriger Waffenstillstand im vergangenen Juli gebrochen wurde, kommt es im Südosten der Türkei immer wieder zu Kämpfen zwischen der Armee und der PKK. Allein am vergangenen Wochenende wurden 32 militante Kurden getötet.

Die PKK schlug dann am Mittwoch zurück. Bei der Explosion einer Autobombe vor einer Polizeiwache im Südosten des Landes wurden sechs Menschen getötet. 39 Menschen wurden verletzt.

Aufgrund der Kämpfe nahe der syrischen und irakischen Grenze mussten Hunderte Bewohner flüchten. Vor dem Hintergrund der Bedrohungen durch ISIL und die PKK muss die Türkei mehr denn je ihre nationale Einheit wieder herstellen. Doch laut Beobachtern scheinen die autoritären Maßnahmen der türkischen Regierung die Gesellschaft nur weiter zu polarisieren.

Über diesen Kampf der Türkei gegen die IS-Miliz und gegen kurdische Extremisten haben wir mit Atilla Sandikli gesprochen, einem türkischen Politikforscher und ehemaligen Armeeoffizier.

Euronews: Wie kam es zu diesem Kampf an zwei Fronten?

Sandikli: Der wachsende Einfluss der Türkei hat einige Welt- und regionale Mächte verärgert. Manche Länder haben deshalb versucht, Probleme im Inneren zu schüren: Das sollte die türkischen Pläne vereiteln und den türkischen Einfluss in der Gegend schwächen. Wir sprechen dabei vom Krieg der vierten Generation oder auch von einem Stellvertreterkrieg.

Euronews: Welche rechtlichen Schritte hat die Türkei vor dem Militäreinsatz unternommen? Gibt es dafür eine völkerrechtliche Grundlage?

Sandikli: Unter allen Mächten in diesem Konflikt hat nur die Türkei eine Grenze mit Syrien und ist daher am stärksten betroffen. In Syrien gibt es keine staatlichen und internationalen Normen mehr; trotzdem versucht die Türkei, sich an Völkerrecht zu halten.

Deshalb hat die Türkei bisher auch keine Bodentruppen eingesetzt. Die Türkei könnte das tun und damit die meisten Probleme lösen; sie hat es aber nicht getan, weil es dafür keine rechtliche Grundlage gibt. Zumindest lässt sich sagen, dass sich die Türkei mindestens ebenso an Völkerrecht hält wie die anderen.

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