Durchbruch nach 19 Stunden: Union und SPD einigen sich auf Klimapaket

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Von Euronews mit dpa
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Im Kanzleramt haben sich die Koalitionspartner nach einem regelrechten Verhandlungsmarathon auf Klimaschutzmaßnahmen geeinigt.

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Im Kanzleramt haben sich die Koalitionspartner nach einem regelrechten Verhandlungsmarathon auf Klimaschutzmaßnahmen geeinigt. Die Regierung will einen CO2-Preis für Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas einführen. Die Bepreisung soll über Zertifikate und nicht wie von der SPD gefordert, über eine Steuer erfolgen. Die Verschmutzungsauflage ist eine der Maßnahmen, die dafür sorgen sollen, dass die Bundesregierung ihr Klimaziel von 55 Prozent weniger Treibhausgasen bis 2030 erreicht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU: "Warum setzen wir auf dieses Signal des Preises? Weil wir glauben, dass Innovation so gefördert wird. Wir als Politiker können nicht in allen Bereichen genau wissen, wo neue Dinge entstehen, wo es kreative Ideen gibt, wie sich Technologien verändern."

Sie kam zudem auf die "Fridays-for-Future"-Proteste zu sprechen. Als Wissenschaftlerin wisse sie das Engagement von Greta Thunberg zu schätzen. Es gebe Fakten, die niemand ignorieren könne, alles andere sei nicht zukunftsgerecht.

Scholz: "Mit dem Klimaschutzpaket machen wir jetzt Ernst"

Finanzminister und Vizekanzler Olaf Schulz räumte ein, die Klimaproteste der "Fridays for Future"-Bewegung hätten die Koalition aufgerüttelt. "Mit dem Klimaschutzpaket machen wir jetzt Ernst", so der SPD-Politiker. "Und dabei wird ein neuer Weg beschritten, der viele viele Aspekte umfasst. Insbesondere massive Investitionen in den Klimaschutz. Es geht allein bis 2023 um mehr als 54 Milliarden Euro. Das ist eine große Menge.

Das Paket beinhaltet zudem Fördermaßnahmen wie den Anstieg der Pendlerpauschale, eine Prämien für Elektroautos oder Heizungssanierungen. Zudem soll die Mehrwertsteuer für Bahntickets sinken.

Deutschland hatte die ursprünglich für das Jahr 2020 gesetzten Klimaziele verfehlt. Neues Ziel ist, den Treibhausgas-Ausstoß Deutschlands bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken - von aktuell rund 866 Millionen auf 563 Millionen Tonnen jährlich.

Umweltverbände reagierten enttäuscht. Auch nach monatelangen Verhandlungen gebe es nur ein Bündel Eckpunkte und Maßnahmen, das meilenweit hinter den Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens zurück bleibe, kritisierte Greenpeace. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) betonte, damit es Planungssicherheit für Investitionen gebe, sei noch viel Detailarbeit nötig. Die Linke-Fraktionschefs Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch sprachen von einem "weitgehend ineffektiven Flickenteppich an Maßnahmen".

Die Maßnahmen im Detail:

CO2-PREIS: Ein CO2-Preis im Verkehr und bei der Wärmeerzeugung soll einen Schub für klimafreundliche Antriebe und Heizungen auslösen. Starten soll die Bepreisung von Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas 2021 mit einem Festpreis für Verschmutzungsrechte von 10 Euro pro Tonne CO2. Bis 2025 soll der Preis schrittweise auf 35 Euro steigen.

Erst danach soll sich der Preis der Verschmutzungsrechte über einen Handel bilden und innerhalb eines Korridors von Angebot und Nachfrage bestimmt werden. Mit Verschmutzungsrechten handeln müssen nicht die Endkunden, sondern Unternehmen, die fossile Heiz- und Kraftstoffe anbieten. Folge ist aber, dass es beim Tanken und Heizen teurer wird. Der CO2-Preis soll künftig ein Bestandteil des Endpreises werden. Experten gehen davon aus, dass ein CO2-Preis von 35 Euro pro Tonne zum Beispiel Diesel beim Tanken um mehr als 9 Cent verteuert.

VERKEHR: Im Gegenzug für den CO2-Preis soll unter anderem die Pendlerpauschale steigen. Pro Kilometer sollen 35 statt 30 Cent von der Steuer abzusetzen sein - ab dem 21. Kilometer und befristet bis Ende 2026. Um die schwache Nachfrage nach Elektro-Autos zu erhöhen, soll die von Bund und Herstellern getragene Kaufprämie erhöht werden - für Autos mit einem Preis von unter 40 000 Euro. Die Kfz-Steuer soll für neue Wagen stärker an den CO2-Emissionen ausgerichtet werden.

Die Koalition will zudem Bahnfahren billiger und Flüge teurer machen. So soll die Mehrwertsteuer auf Fernzugtickets von 19 auf 7 Prozent herunter. Die Deutsche Bahn kündigte umgehend an, dass die Preise für ICE und Intercitys mit Inkrafttreten um zehn Prozent sinken sollen. Die sonst zum Jahresende oft übliche Preiserhöhung soll es nicht geben. Im Gegenzug zu dieser Steuersenkung soll die Luftverkehrsteuer für Starts von deutschen Flughäfen zum 1. Januar 2020 steigen.

HEIZEN: Der Wechsel von alten Ölheizungen zu klimafreundlicheren neuen Modellen soll mit einer "Austauschprämie" von bis zu 40 Prozent der Kosten gefördert werden. Der Einbau neuer Ölheizungen soll ab 2026 verboten sein - "in Gebäuden, in denen eine klimafreundlichere Wärmeerzeugung möglich ist". Für die energiesparende Gebäudesanierung ist eine steuerliche Förderung geplant.

ÖKO-STROM: Im Gegenzug zu einem CO2-Preis im Verkehr und bei Gebäuden soll auch die EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms ab 2021 gesenkt werden. Der Ausbau des Ökostroms soll beschleunigt werden. Um die Akzeptanz für neue Windräder zu erhöhen, sollen Kommunen künftig eine finanzielle Beteiligung am Betrieb von Anlagen erhalten.

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