Krankmeldung online: Frankreichs Ärzterat will Webseite schließen lassen

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Von Alice TideyAlexandra Leistner
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Schon an dem ersten Tag brauchen kranke Arbeitnehmer in Frankreich eine Krankmeldung für ihren Arbeitgeber. Eine Internetseite machte dies nun per Mausklick möglich - doch Ärzterat und Krankenkassen schlagen Alarm.

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Die französischen Behörden haben rechtliche Schritte gegen eine Webseite eingeleitet, auf der Arbeitnehmer gültige Krankmeldungen bekommen können.

Arretmaladie.fr, was soviel heißt wie "Krankschreibung", wurde am Dienstag in Frankreich offiziell in Betrieb genommen. Das Online-Portal bietet Arbeitnehmern die Möglichkeit, ein Videogespräch mit einem Arzt zu führen und im Anschluss eine bis zu drei Tage dauernde Krankmeldung für häufige Krankheiten zu erhalten, darunter Erkältung, Kopfschmerzen, Stress, Blasenentzündung und Rückenschmerzen.

Die Patienten zahlen für diese Dienstleistung 25 € - das gleiche Geld, das ein Arzt in Frankreich für eine Konsultation verlangen würde. Das Geld wird dann vom Sozialversicherungssystem und von der privaten Krankenversicherung erstattet.

Die Krankmeldung wird dem Patienten per E-Mail zugeschickt, der sie dann an seinen Arbeitgeber weiterleiten kann, um seine Abwesenheit zu begründen.

Gegen dieses System haben der Nationale Ärzterat (CNOM) und die Krankenkasse (CNAM) gemeinsam rechtliche Schritte eingeleitet und die sofortige Schließung der Website gefordert.

Initiative des Arztes oder des Patienten?

"Die Ärztekammer setzt sich entschlossen für eine Dynamik der Unterstützung der neuen Wege der E-Gesundheit ein, aber sie verurteilt vorbehaltlos jeden Versuch, die Medizin zu überlasten", sagte der Chef der CNOM, Patrick Bouet, in einer Erklärung.

Die CNAM fügte hinzu, dass die Webseite "von der medizinischen Ethik abweicht".

"Krankmeldungen sind keine Konsumgüter, die auf Wunsch der Patienten verteilt werden können. Sie fallen unter eine ärztliche Verschreibung und müssen auf Initiative des Arztes ausgestellt werden", erklärte die gesetzliche Krankenkasse.

Der Dienst war in Deutschland bereits im Dezember 2018 gestartet und hat dort seither mehr als 30.000 Krankmeldungen ausgeliefert. Auf der Website des Unternehmens heißt es: "Obwohl die Telekonsultation in Deutschland nicht angeboten wird, ist kein Missbrauch oder eine Fehldiagnose gemeldet worden".

In der Rubrik "Häufig gestellte Fragen" (FAQ) weist das Unternehmen auch jegliche Gefahr von Missbrauch in Frankreich zurück und schreibt, dass französische Arbeitnehmer zu den "präsentesten" am Arbeitsplatz in Europa gehören. Dies geht aus einer Umfrage von 2019 hervor, die ergab, dass 62 % der Arbeitnehmer trotz Krankheit zur Arbeit erschienen.

Krank bei der Arbeit: Frankreich, Deutschland und Großbritannien

Der durchschnittliche französische Arbeitnehmer war im Jahr 2018 18,6 Tage krank, wie aus dem letzten Jahresbericht der Beratungsfirma Ayming hervorgeht. Dies bedeutet einen Anstieg um 8% gegenüber dem Vorjahr, wobei die Abwesenheitsrate bei 5,1% lag.

In Deutschland waren die Arbeitnehmer im Jahr 2018 nach Angaben der BKK durchschnittlich 18,5 Tage krankgeschrieben, der höchste Stand seit einem Jahrzehnt, wobei die Abwesenheitsrate 4,7% erreichte.

Britische Arbeitnehmer hingegen sind im Jahr 2018 durchschnittlich 4,4 Tage nicht zur Arbeit erschienen, weil sie krank waren, so das Statistische Amt. "Die Krankenquote war zwischen 2010 und 2018 relativ gering und lag im Jahr 2018 bei 2,0%".

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