Pfandhäuser in Spanien: Weinende Kunden

Pfandhäuser in Spanien: Weinende Kunden
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Von Jaime Velázquez
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Sie brauchen dringend Geld. Viele Spanier trennen sich im Pfandhaus von ihrem Familienschmuck.

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Cristian Perez führt ein Familienunternehmen in Madrid, das eigentlich Komponenten für Aufzüge herstellt. Während der Coronakrise gingen die Bestellungen zurück, doch Perez wollte niemanden entlassen.

Er veränderte sein Produkt: "Wir haben einfach aus unserem Aluminium Halterungen für Beatmungsgeräte hergestellt - für Krankenhäuser - und nur wenig verlangt. Wir haben die Halterungen fast zum Selbstkostenpreis an die Krankenhäuser geliefert."

Sein Produkt umzustellen genügte nicht, damit er niemanden entlassen muss. Außerdem hat er Familienschmuck ins Pfandhaus getragen, mit schlechtem Gewissen...

Der Unternehmer erzählt: "Ich muss meinen Verpflichtungen nachkommen: Steuern, Löhne für meine Angestellten. Wenn man etwas ins Pfandhaus trägt, hat man schon ein wenig das Gefühl, seine Mutter oder Großmutter zu verraten. Sie haben das aufbewahrt - für mich, damit es im Familienbesitz bleibt, nicht damit ich es ins Pfandhaus trage, aber ich habe versucht, es ihnen zu erklären, und ich hoffe, sie haben es verstanden."

Verzweifelte Kunden

Für die Pfandhäuser in Madrid laufen die Geschäfte gut. Viele Spanier suchen in ihren Schubladen nach Schätzen, die sie zu Geld machen können.

Dem Pfandhaus 4Dreams in Madrid zufolge hat die Coronakrise 70 Prozent mehr Umsatz gebracht. Geschäftsführerin Cristina Julian Palacios meint, sie habe es oft mit verzweifelten Menschen zu tun:

"Wir erhalten Anrufe von Leuten, die sogar weinen und um Hilfe bitten, weil sie dringend Geld brauchen. Sie sagen, wir sollen zu ihnen nach Hause kommen und uns umschauen, was sie verpfänden können. Egal was. Sie brauchen einfach Geld. Dann haben wir auch Leute, die eben den Schmuck, der ihnen seit Jahren nicht gefällt, zu uns bringen."

Spanien wird rund 140 Milliarden Euro aus dem Europäischen Fonds erhalten. Aber im Moment sind an die 30% der Spanier auf finanzielle Unterstützung angewiesen, um über die Runden zu kommen. Neue Coronavirus-Hotspots im ganzen Land beweisen, dass der Sturm noch lange nicht vorbei ist.

Die spanische Wirtschaft ist im zweiten Quartal um 18% nach unten gegangen, und Ministerpräsident Pedro Sanchez hat bereits gewarnt, dass noch schwierige Monate bevorstehen. Eine wirkliche Erholung der spanischen Wirtschaft wird es vor 2023 nicht geben.

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